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Breuninger: Architektur als Enabler für Wachstum

Zu Gast: Dr. Frank Postel, CTO, Breuninger und Dr. Michael Wegener, Gründer/CEO, TalentFormation

Wie schafft es ein Traditionsunternehmen wie Breuninger, sich im digitalen Zeitalter neu zu erfinden? Tammo van Lessen spricht mit Dr. Frank Postel, CTO bei Breuninger, und Dr. Michael Wegener, Gründer und CEO von TalentFormation, über Innovationsgeist, strategische Entscheidungen und den Umbau der IT-Archtitektur bei Breuninger. Die Diskussion beleuchtet entscheidende Meilensteine, darunter die Vertikalisierung im E-Commerce, den Ausbau der Logistik und die Implementierung mittels Self-contained Systems. Durch mutige Entscheidungen und den Einsatz moderner Architekturansätze sichert Breuninger nicht nur seine Wettbewerbsfähigkeit, sondern geht auch in Sachen Kundenbindung neue Wege.

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Tammo van Lessen: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Episode des Podcasts CTO need to know. In dem Podcast sprechen wir mit Entscheidern über ausgewählte Themen, um ihre Sicht auf die Herausforderungen, die Fragestellung und die gemachten Erfahrungen aufzugreifen, die wir mit anderen Entscheidern teilen wollen. Mein Name ist Tammo van Lessen, ich bin Principal Consultant bei INNOQ und seit etwa 20 Jahren in der IT unterwegs, meistens mit Architekturthemen. Ich freue mich sehr über meine beiden Gesprächspartner heute. Das sind Dr. Frank Postel, der CTO bei Breuninger und Dr. Michael Wegener, CEO bei talentformation. Herzlich willkommen. Mögt ihr euch kurz vorstellen, Frank? Vielleicht magst du anfangen.

Dr. Frank Postel: Ja, herzlichen Dank. Frank Postel, CTO bei Breuninger. Hattest du erwähnt, ich verantworte dort in der Unternehmensleitung die Technologie, also das digitale Produktmanagement und Software-Engineering und Operations. Das umfasst die Technologie und als zweiten Standbein die Logistik.

Tammo van Lessen: Und du, Michael?

Dr. Michael Wegener: Ja, vielen Dank. Tammo. Mein Name, Michael Wegener. Ich bin Gründer und Geschäftsführer von talentformation. Wir sind eine digitale Transformationsberatung mit Fokus auf Produktmanagement. Das heißt, wir bauen Produkte und etablieren bei unseren Kunden Produktorganisation.

Tammo van Lessen: Danke schön. Wir sind heute zusammengekommen, um ein bisschen über Breuninger zu reden. Auch, weil wir alle dort ein bisschen mitgemengt haben. Und mich würde total interessieren, wie ist es denn eigentlich dazu gekommen? Also Breuninger wird immer wieder auch in anderen Podcasts, als der Vorzeigekandidat im Onlinehandel genannt. Irgendwas habt ihr wohl richtig gemacht. Und wie kam es denn dazu? Mit welchen Herausforderungen wart ihr denn konfrontiert?

Dr. Frank Postel: Ja gut, also, wenn wir uns Gedanken machen über die Entwicklung von Breuninger und wesentliche Meilensteine, die dazu geführt haben, uns dorthin zu bringen, wo wir heute stehen, dann würde ich mal folgende aufzählen: ist zum einen die Entscheidung, und zwar von oben massiv auch unterstützt und der Glaube an den E-Commerce Handel für Breuninger als hochrelevant. Das wurde 2008 entsprechend entschieden und auch mit entsprechenden Investitionen untermauert. Dass eben dieser Kanal oder dieses Geschäft im Onlinehandel für uns eine extrem hohe Relevanz bekommen wird. Das war sicherlich eine strategische Entscheidung, 2010 und mal auch Aspekte zu nennen, die eben nicht nur was mit Technologie zu tun haben, war es sicherlich auch eine Entscheidung, unser Sortiment. Wir waren damals quasi im Prinzip sehr ähnlich oder gleich positioniert wie ein Peek & Cloppenburg oder auch ein Kaufhof. Und wir haben halt gemerkt, dass wir uns in den Sortimenten stärker differenzieren müssen und sind in den Luxus oder Upper-Premiumbereich vorgestoßen. Jetzt muss man sich vorstellen, dass das nicht eine Entscheidung ist, die ich heute treffe und morgen bin ich dort. Sondern das ist einhergehend mit einer unglaublichen Investition auch, Überzeugung der entsprechenden Marken sozusagen. Sich dann bei Breuninger zu positionieren und das hat Jahre gedauert, Jahre gedauert, unser Sortiment in diese Richtung zu entwickeln, wo wir heute mit unseren Markenpartnern stehen, war aber maßgeblich dafür verantwortlich, dort auch eine und ich würde sagen auch bis heute noch auch sehr spürbare Differenzierung zu den anderen Wettbewerbern in Deutschland zu bekommen. Dann sind wir 2013 expandiert. Wir haben das Multi-Channel-Geschäft, Multichannel entstand immer mehr als Begriff und auch für uns immer relevanter, um eben diese Customer Experience weiter zu optimieren, zu verbessern. E-Commerce 2013, also fünf Jahre, nachdem wir entschieden haben, wir gehen dort rein, schon eine ganz andere Bedeutung gehabt und haben dann angefangen, auch weiter zu expandieren in Deutschland. Düsseldorf als zweiter großer Flagship-Store ins Leben gerufen. Das war eigentlich das erste Mal, dass Breuninger so ein Stück weit mehr aus. Also mit diesem Flagship-Ansatz und Ambitionen quasi weit außerhalb des Stuttgarter Umfeldes investiert hat in eine, ich sag mal, Umgebung, wo eigentlich keiner vielleicht mit Breuninger gerechnet hätte und auch vielleicht nicht darauf gewartet hat, dass Breuninger dort kommt. Und es ist heute einer unserer erfolgreichsten Stores, die wir dort haben. Und ja, 2017, da werden wir heute sicherlich noch ein bisschen stärker drüber reden. Dann auch die Entscheidung E-Commerce, bis dahin ein stark wachsendes Geschäft bei uns. Wir kamen auch technologisch stark an die Grenzen. Wir hatten inzwischen immer mehr Multi-Channel-Services auf Basis einer damals Hybris-Architektur entwickelt. Damit sind wir sehr, sehr weit weg von eigentlich der Standardausprägung von Hybris gekommen. Es war also in anderen Worten ein Stück weit immer verbauter geworden, die Time to Market extrem schlecht geworden und das passte nicht mehr zu dieser Relevanz, die damals schon E-Commerce für uns bekommen hatte. Tatsächlich, und haben ja dann mit Partnern wie eben talentformation federführend uns entschieden, in die eigenen Entwicklung einzusteigen. Das war ein großer Change, nicht nur technologisch, das hat auch einiges im Unternehmen. Kann man ja später vielleicht noch mal drüber erzählen, bewirkt und sicherlich noch mal eine Entscheidung. Auch 2020. Wir hatten damals schon die Entscheidung auch wieder getroffen, dass auch Logistik für den E-Commerce eine hoch relevante Kompetenz darstellt für einen Einzelhändler wie uns und dann auch sozusagen eine sehr, sehr große, für unsere Verhältnisse sehr große Investition in eines der modernsten Waren-Verteilzentren für Fashion-Logistik, sicherlich heute noch in Europa in Bezug auf den Grad der Automatisierung zu investieren, also auch die Logistik als quasi ein Teil der Kernkompetenz zu betrachten, die eben diese Transformation maßgeblich unterstützt. Und das war rechtzeitig. 2020 war ja während der Coronazeit. Im Juni 2020 sind wir live gegangen. Wir hätten den damaligen Ansturm auf unser E-Commerce-Geschäft und wir hatten schon seither eigentlich relativ ambitionierte Pläne, der aber in der Zeit eben massiv übertroffen worden ist, noch mal und das hätten wir in der Logistik gar nicht geschafft, mit unserer alten Logistik. Und ich will mir nicht ausmalen, wenn wir in der Phase eine Abhängigkeit zu einem Serviceprovider gehabt hätten, was das für uns kostenseitig oder auch möglicherweise in Bezug auf Limitierung der Skalierung, was das bedeutet, hätte für uns und das war sicherlich auch noch mal eine wegweisende Entscheidung. Ja und da stehen wir heute und glauben weiter dran. Und das zeigt sich ja auch in der Entwicklung, dass diese Investitionen zum einen in diese Kernkompetenzen, zum anderen auch in das E-Commerce-Business für uns weiterhin die erfolgstreibenden Faktoren sind, für die Expansion, die wir ja im Onlinegeschäft international inzwischen betreiben und was unser Multi-Channel-Geschäft angeht, ja primär in Deutschland weiter vorantreiben.

Dr. Michael Wegener: Darf ich da noch mal ergänzen oder unterstreichen? Wir kommen ja 2011 an Bord, da war die Entscheidung ja schon ein paar Jahre alt. Wie du gesagt hast. 2008 ist sie gefallen, da reinzugehen. Und was mir damals schon auffiel, ist, dass die Bereitschaft eben da war, wirklich auch massiv und konsequent zu investieren. Im klassischen Retail haben wir eine Investitionsquote von 2 bis 5 %. Normalerweise. So wird immer wieder investiert in Ladengestaltung, Schilder, Branding, was auch immer. Auch neue Technologien wie neue Kassensysteme. Und seit dem E-Commerce haben wir vielleicht 5 bis 10 % oder teilweise mehr Investitionsquote bei den Marktführern. Und das wurde früh erkannt und dementsprechend auch insofern konsequent angegangen, als das in den ersten Jahren, als die Entscheidung gefallen war, E-Commerce erst mal aufzubauen. Das war ja nicht gleich da, das dauert ja das ja viel Basisarbeit, das erst mal konsequent zu entkoppeln. Das war die erste Phase. Und diesen Bereich E-Commerce auch viele Freiheitsgrade zu geben bei der Frage, wie machen Sie es vom Vorgehen, von den Prozessen, aber auch bei der Technologiewahl? Und ich glaube, diese Freiheitsgrade haben am Ende auch viel Geschwindigkeit gebracht, viel Wissen, viel Erfahrung, bevor man dann eben in die integrierte Multichannel-Phase dann eingetaucht ist und ich glaube, das war ein wichtiger Punkt, mit diesem Rückenwind und auch den Erfolgen dann in die nächste Phase zu gehen.

Tammo van Lessen: Das wollte ich aber gerne noch mal fragen, weil du auch Multichannel so einfach, so verwendet hast. Das fällt ja auch nicht vom Himmel und ich kenne das bei anderen Kunden oft so, dass das E-Commerce einfach eher mal so nebendran aus dem Boden gestampft worden ist und dann da so ein Eigenleben entwickelt hat und plötzlich immer erfolgreicher und erfolgreicher wird und dann irgendwie wieder eingegliedert werden muss. Wie hat das bei euch geklappt und kann das mit der Omnichannel-Strategie?

Dr. Frank Postel: Ja, sicherlich schon auch am Ende evolutionär ein Stück. Also die Bedeutung von Omnichannel ist immer größer geworden, um eben wie gesagt eine einheitliche Customer Experience zu gewährleisten. Und so wurden halt sukzessive. Das war jetzt nicht aus einer Strategie abgeleitet oder wir haben zuerst eine Architektur überlegt und haben dann die Omnichannel-Services aufgebaut, sondern es wurde ja quasi dann auf der bestehenden E-Commerce-Plattform damals halt Hybris mit einem großen Kraftakt versucht zu integrieren und da stößt man dann natürlich häufig, wie Michael gerade ausführte, war das ja eben in der Verantwortung des damaligen Fachbereichs. Auch diese technologischen Aspekte. Aber Multichannel braucht halt auch eine sehr starke Integration. Häufig dann in die anderen IT-Systeme und Bereiche, die halt in einer anderen Organisationseinheit halt waren. Also das war schon ein Kraftakt damals, das zu entwickeln und es führt halt eben auf Basis von Hybris auch zu einer ja immer stärkeren Komplexität auch natürlich sozusagen auch weg vom Standard, immer mehr auch in Teilen individuell und drumherum entwickelt und mit dem Ansatz und der kam jetzt nicht daher primär, sondern wir waren halt gefordert, sozusagen aufgrund des Wachstums einfach an der Stelle in ein neues E-Commerce-System zu investieren. Und einhergehend damit konnten wir natürlich, haben wir natürlich einiges gelernt bis dorthin und dann sind einige Aspekte tatsächlich bei dem Neubau auch architektonisch eingeflossen in dieses, in diesen Aspekt des Omnichannels. Das hat uns bis heute getragen. Also wir haben in Teilen wichtige architektonische Entscheidungen getroffen, die dann teilweise auch erst später tatsächlich, das ist ja das Schöne an Architektur, wenn man das Glück hat, das sozusagen an der Stelle vielleicht richtigzumachen, dann auch nutzen konnten. Also, da würde ich sagen, war ein Stück weit natürlich auch Erfahrung dabei aus dem Business. Was ist denn relevant und wie gestaltet sich das in der Implementierung der Technologie? Und zum Zweiten Haben wir natürlich heute auch eine Architektur, die deutlich adaptiver geworden ist, als wir es damals hatten. Wir sind ja heute in der Lage, wirklich im Prinzip die komplette Software selbst zu beherrschen, den Durchstich quasi auch zu tun. Und das natürlich schon auch eine Eigenschaft der Architektur, auf die wir uns damals ja eingelassen haben, auf dessen Basis die Multichannel-Architektur heute entstanden ist.

Tammo van Lessen: Michael, du hast eben etwas vom Entkoppeln gesagt. Was genau wolltest du entkoppeln?

Dr. Michael Wegener: Also dieser E-Commerce Bereich war, war klein. Als wir 2011 kamen, waren, glaube ich, zehn Leute da. In Summe. Was auch die Räume hier im Haus relativ entkoppelt. Und wie gesagt, diese Freiheitsgrade wurden diesem Bereich lange gelassen, bis wir, glaube ich, in dem Bereich bei 50, 60 Mitarbeitern waren. Und dann begann eine starke Diskussion, wie aufgrund von Kohärenz-Fragen aus einer Kundenperspektive, dass immer mehr Kunden sagen, jetzt habe ich Onlineeinkauf, was ist stationär, wie passt das zusammen? Wie koppelt man diese Bereiche möglichst lose, also auch erst mal fachlich, organisatorisch und dann irgendwann systemisch. Und wir sind, das muss man auch sagen, über die Jahre, sagen wir des Veränderns, Verbiegens, Ausbauens, es von Hybris der monolithischen Software sind wir erst mal vorweg gelaufen, mit einer fachlichen Strukturierung entlang der Customer Journey, organisatorisch, fachlich. Und dann versucht, darüber sozusagen die den Vertrieb nach vorn zu bringen und haben dann Systeme nachgezogen, als uns sicher waren, dass es so funktioniert. Und das war schon ein Prozess über mehrere Jahre, über den dann auch deutlich wurde, dass das man mit der Software nicht weiterkommt. Zum einen aber, dass man auch, das war ja dann ein Anschlussprojekt, dass wir dann auch Multichannel denken müssen, dass wir diese, diese Organisation eben nicht nur auf Distanz-Kanal ausrichtet, sondern wirklich den Kunden entlang der kompletten Customer Journey bedienen muss. Und deswegen haben wir dann auch ein Reorg-Projekt gemacht, wo wir dann wirklich diese fachlichen Strukturen Multichannel aufgesetzt haben. Und ich glaube, bis heute wird daran gearbeitet, dass eben umzusetzen und durchzusetzen.

Tammo van Lessen: Das heißt, das war noch zu der Hybris-Zeit. Das heißt ja erst Vertikalisierung entlang der Customer Journey gedacht und die Fachlichkeit oder die Organisationsstrukturen dafür angepasst.

Dr. Michael Wegener: Einzelne Systeme herausgelöst, als Erstes um die Suche herausgelöst, entkoppelt, sozusagen hochintegriert. Haben versucht, weitere Komponenten herauszulösen, ist teilweise gelungen. Und dann haben auch alle gemerkt, nicht nur wir Externen, sondern auch die Internen. Das geht so nicht. Und das war auch notwendig, dass intern diese Erkenntnis da war, um dann auch den Rückenwind zu haben oder auch den Pull das jetzt auch durchzuziehen, weil so ein Vertikalisierungsprojekte macht man ja auch nicht alle Tage.

Dr. Frank Postel: Und ja, aber da stehen wir bis heute. Also wir haben das ja bis heute konsequent durchgezogen, jetzt entstehen weitere Geschäftsfelder. Ich hatte eben angedeutet, wir expandieren jetzt also online ins internationale Geschäft, haben Marktplatzgeschäft eröffnet, wir haben Retail Media. Das heißt, natürlich entstehen da immer wieder neue Geschäftsfelder, neue Organisationseinheiten. Es lohnt sich, immer mal wieder nach einem bestimmten Zeitabschnitt noch mal draufzugucken und Optimierung dann vorzunehmen. Aber das Grundprinzip der Vertikalisierung sind wir eigentlich sehr konsequent gefolgt. Bis heute.

Tammo van Lessen: Und war der Sinn der Treiber auch, oder? Also ich höre jetzt ein bisschen raus. Sie hatte Skalierbarkeitsprobleme im ECom und musste deswegen was tun. Man hätte ja auch die Hybris erweitern können oder eine neue Hybris-Version nehmen können. Aber ihr habt euch dafür entschieden, die Vertikalisierung anzugehen. Wart ihr sozusagen, war das ein Glücksfall, dass ihr schon so weit wart in diesem, in diesem Organisations- und Gedankenmodell? Oder war das schon damit getrieben, dass das ihr wusstet, es wird irgendwann eng in dem Karton und man muss das anders denken.

Dr. Frank Postel: Wir haben uns damals ja schon mit zwei für uns damals am besten geeignete Modelle, nämlich einmal wir migrieren tatsächlich wieder in eine Hybris, aber dann halt verbunden mit dem neuesten Versionsstand damals. Oder eben wir gehen tatsächlich in die eigene Entwicklung und jetzt nicht nur per se eigene Entwicklung, sondern dahinterstand ja auch ein konkretes architektonisches Modell, was man dort verfolgte, nämlich mit dieser Vertikalisierung, aber noch tiefer gehend auch. Es kam übrigens daher damals dann auch einhergehend kam ja auch die großen sozusagen Cloud-Plattformen ins Spiel. Und dann haben wir uns mit dieser Entscheidung auch und das war auch sicherlich ja auch eine Entscheidung, der wir auch erst mal vertrauen mussten, dann für eine für den Cloud-Anbieter, was ja so ein Team enorm schnell macht, und auch befreit von vielen Dingen. Das war sicherlich noch mal ein größerer Change in Einklang zu bringen. Aber zurück zu dieser Welt und damit haben wir uns schon sehr systematisch beschäftigt. Ja, auch mithilfe von INNOQ und wieder talentformation und da spielen schon mehrere Faktoren eine Rolle. Und auch da wieder der Glaube an eben eine deutliche Skalierung des E-Commerce-Geschäfts und eben einhergehend eine Notwendigkeit, eine Capability aufzubauen, die halt eben Time to Market als einer der großen Treiber nach vorne stellt. Und tu ich das jetzt mit jeder Organisation? Oder welche Voraussetzung muss ich als Organisation eigentlich haben, damit ich mich in diese Richtung bewege? Und auch das haben wir in der Tat damals diskutiert und wir waren noch nicht so weit, dass wir über ausreichend. Wir hatten eigentlich wenig Software-Engineering-Skills, es waren mehr Plattform-Engineering-Skills, die wir damals hatten, aber eigentlich so gut wie keine eigenen Software-Engineering-Skills. Also das ist schon enorme Transformation oder auch Change gewesen damals. Dennoch hatten wir, wie Michael gerade ausführte, schon auch bestimmte Erfahrungen gesammelt und auch Skills aufgesetzt, wo uns die Partner auch bescheinigt hatten, dass wir eigentlich eine ganz gute Voraussetzung mitbringen, das auch tun zu können, also diesen Weg auch erfolgreich gehen zu können. Wir sind nicht bei null. Wir sind allerdings vielleicht auch noch weit weg vom Ziel und das war Teil dieser Entscheidung. Auch in eben diese eigenen Capabilities und unsere Skills und Menschen zu investieren.

Dr. Michael Wegener: Vielleicht noch mal zwei Ergänzungen noch dazu, weil das eben so ein bisschen polarisierend vielleicht ankam. Hybris, neue Version, Standardsoftware versus Du hast auch gesagt Eigenentwicklung. Das war eben genau nicht der Vergleich, sondern in dem Self-Contained System Ansatz, der Vertikalisierung, wurde dann, als wir damals im Vergleich gemacht haben, deutlich, dass es eben eine Mischform ist oder sein kann. Ganz konkret haben wir dann in einzelnen vertikalen Standardsoftware eingesetzt, beispielsweise im Bereich Suchen. Fredhopper, weil sehr starkes Backoffice, haben wir da gesagt, das lassen wir stehen, das bauen wir jetzt nicht selber. Das macht gar keinen Sinn für uns an der Stelle. Die sind extrem weit dort und haben das eben sehr hochintegriert und waren damit lange Zeit und ich glaube bis heute noch recht happy und an anderer Stelle haben wir ganz viel selber gebaut. Weil wir da gesagt haben, da müssen wir eigentlich rund um die Sortimentsdarstellung Kauf-Entscheidungsprozesse als Premium-Luxusanbieter einfach besser sein als andere. Und da bauen wir die Dinge eben selbst. Und vielleicht noch zweiter Punkt, wir hatten schon, ich glaube vier oder fünf Jahre „agile Entwicklung lernen“ hinter uns zu der Zeit. Also das war auch kein einfacher Prozess, da umzuschalten und das Ganze eben an einer Standardsoftware zu machen, mit den ganzen Constraints, die man da hat. Proprietären Frameworks, Schnittstellenproblemen, verschiedenen Dienstleistungen noch dranhängen und da da gab es eine große Lernkurve, sodass man dann sozusagen mal in agilen Entwicklung noch schneller und besser werden konnte und auch sozusagen Träume hatte. Wie das dann funktionieren kann, danach, wie viel schneller also Begeisterung da war. Und wir waren auch fachlich schon ziemlich weit in den verschiedenen vertikalen Domänen-Teams, wenn es um das Was geht. Also jetzt schnell entwickeln zu können, ist das eine. Also Shit in, Shit out. Aber auch ich muss ja wissen, was ich baue und wir hatten lange Road Map, wussten, was wir alles bauen wollen und gesagt okay, wenn wir jetzt, wenn wir das jetzt, wenn wir jetzt so weitermachen, dann brauchen wir noch fünf Jahre bis das umgesetzt haben und dann haben wir hochgerechnet, wie viel schneller werden wir beim Time to Market, wenn wir die neue Architektur haben. Und dann war die Entscheidung relativ schnell klar wir müssen es umbauen, damit wir einfach die Geschwindigkeit hinkriegen und nicht hinter dem Markt zurückfallen.

Tammo van Lessen: Also ich bin immer noch so ein bisschen hinterher. Also technisch bin ich ja sofort überzeugt, dass man Self-Contained Systems System so kleine Systeme baut, die genau ein Ding, eine Sache gut können. Und wenn sie das nicht mehr tut, kann man sie auch wegschmeißen und ersetzen durch irgendwas. Entweder was neues oder Commodity Software. Trotzdem hänge ich noch dieser einen Frage nach. Wenn man, wenn man von dem System kommt, von dem ihr kommt, von einem Monolith, der wahrscheinlich abteilungsübergreifend irgendwie gepflegt worden ist und man deswegen wahrscheinlich auch die Wachstumsschwierigkeiten hatte, weil man sich ein bisschen auf dem Fuß gestanden hat und Veränderungen da einbringen wollte. Was war denn jetzt zuerst? dieser also ihr habt es schon ein bisschen angedeutet, aber diese. Wo kam denn dieses Wissen für das, was und wie man es dann machen will, her? Und waren dann sozusagen, nachdem diese Entscheidung gefallen war, man geht jetzt in diese Vertikalisierungsentwicklung alle hellauf begeistert, dass man das direkt so sofort los entwickeln konnte und wollte, oder musste man da auch noch sozusagen Wege bereiten?

Dr. Michael Wegener: Schon mal eine gewisse Steilvorlage jetzt für uns. Also was mir schon früh auffiel hier bei Breuniniger war im Gespräch mit Willy Oergel, dass schon die Einstellung da war, das Rad nicht selber neu erfinden zu wollen und sich einfach den Rat von Experten zu holen, die Dinge schon mal gemacht haben. Und so kamen wir dann auch ins Spiel. Und das ist ja auch konsequent unser Ansatz, dass wir Leute an Bord bringen, die das schon mal gemacht haben, das Risiko zu reduzieren, schneller zu sein, aber dann eben die internen Kollegen auch zu enabeln und die Eigenständigkeit zu bringen. Und das war im Prinzip so ein Beschleuniger, glaube ich, für die Organisation für sehr schnell. Dadurch ein internes Produktmanagement aufbauen konnten in wenigen Jahren, was an anderer Stelle nach meiner Erfahrung dann eher 5 bis 10 Jahre gedauert hat. Das war auf jeden Fall, glaube ich, ein wichtiger Punkt. Und dann gab es einfach auch viel Rückenwind durch den Markt, dass man auch sagen ich weiß, ich jetzt, es gab damals zehn Häuser, glaube ich, und man denkt, in Häusern online war dann ein Haus und das Haus ist dann relativ schnell nach vorne gewandert und die Sprünge gab es dann auch. Entsprechend viel Fantasie und auch Bestrebungen sozusagen, da auch mehr rauszuholen. Also sehr konstruktive, nach vorne gerichtete Denkweise und auch Bereitschaft noch mehr zu investieren, was dann ja geholfen hat.

Tammo van Lessen: Das heißt, Erfolg gibt Recht.

Dr. Frank Postel: Aber es war schon für uns, in der Tat. Also möchte, kann ich unterstreichen. Wir haben uns schon auf die Meinung und die Empfehlung der Experten eingelassen. Das war schon auch ein mutiger Schritt und auch da wieder gepaart mit dem schon auch Einlassen auf ein Risiko und der Unsicherheit, aber schon auch einen starken Belief, dass eben diese Investition in dieses Geschäftsmodell, was nun mal anders tickt, auf der Businessseite anders gesteuert wird, komplett, fast in Teilen anders gesteuert wird, wie ein klassischer stationärer Handel und auch technologisch anders unterstützt wird und man dort andere Capabilities braucht. Das war schon ein eher Glaube daran und man gibt ja auch einiges an, ich sage mal, vielleicht alten Denkmustern auf. Also ja, man hat ja häufig die Diskussion in der IT mit Standardisierung und und Synergien und dieser Architekturansatz ist ja das ganze Gegenteil davon. Man baut sehr stark Redundanzen auf, versucht eben Autarkie herzustellen zwischen den Produkten und den Bereichen und das ist schon sozusagen ein Belief gewesen, der uns da getrieben hat. Und ja, ich würde auch sagen bis heute wirklich absolut die richtige Entscheidung gewesen. Wir hätten viele dieser Dinge, die dann auf dem Weg sichtbar geworden sind, die wir damals ja auch nicht wirklich konkret vorhergesehen haben, hätten wir in dieser Form niemals unterstützen können. Wir wären in eine Abhängigkeit reingekommen eines vielleicht wieder monolithischen Systems, wir wären in Abhängigkeit von Dienstleistern gekommen, die uns dieses System quasi auf oder erweitern. Und wir haben uns aus dieser Abhängigkeit lösen können über diese Entscheidung und sind in einer Art und Weise deutlich adaptiver, agiler und selbstständiger geworden. Dass für uns unser Business an diesen entscheidenden Dingen, wo ja viele Prozesse auch quasi wettbewerbsentscheidend sind, also der ganze Zugang zum Kunden, die Customer Experience ist ja einer unserer wesentlichen Differenzierungsfaktoren und so haben wir ja, auch wenn man nachher vielleicht noch mal über die Organisation zu sprechen kommt, dann auch die Organisation entsprechend aufgebaut und fahren ja heute eine sehr heterogene Architektur, machen ja nicht überall selber und investieren das ja sozusagen sehr stark in den sogenannten Consumer Services, da wo wir direkte oder indirekte Kundenkommunikation machen, System gestützt und in anderen Bereichen fahren wir ja eine andere Philosophie, nämlich stärker im Warenwirtschaftsumfeld, zum Beispiel mit Microsoft Dynamics AX. In der Logistik haben wir uns auf eine Asset Software von Dr. Thomas + Partner eingelassen, die dann angepasst worden ist an unser Warenverteilzentrum. Also das ist ja schon eine sehr heterogene IT-Landschaft, wenn man da heute drauf guckt und ich glaube, das ist aber, sagen wir das auch ein Stück weit meine Grundüberzeugung, diesen Ansatz zu fahren, was auf der anderen Seite dann wiederum auch Fähigkeiten braucht, die eben sage ich mal, diese Architektur auch in Gänze instand hält. Und ich meine, das war ja auch immer auch hier stark mit den Partnern wie Talent Formation, wie aber auch INNOQ mit Stefan immer noch sehr, sehr intensive Erinnerungen an Diskussionen über Architektur und Architektur-Prinzipien und das war schon eine Kompetenz, die wir uns früh aufgebaut haben, hier auch bei Breuninger und die uns bis heute trägt.

Dr. Michael Wegener: Und gute Leute angezogen haben, muss man sagen. Vielleicht noch eine Ergänzung zu dieser Entscheidungsphase. Damals noch in der Zeit wurde ja Hybris gekauft von SAP und da war auch nicht richtig klar, was passiert denn jetzt? Wie das so ist, wenn ein Großer, wenn er einen Kleineren kauft.

Tammo van Lessen: Sieht man ja aktuell auch, zu was für Problemen das führen kann.

Dr. Michael Wegener: Also das war glaube ich auch noch mal eine Komponente, da eine gewisse Unsicherheit zu haben, wie läuft denn der Support, wie geht’s mit der Weiterentwicklung weiter usw.

Tammo van Lessen: Okay, das heißt, das war auch noch mal, hat vielleicht die Entscheidung begünstigt, war ein günstiger Zeitpunkt dafür. Verstehe. Was mich noch interessieren würde, wenn man dann sagt, wir bauen den Shop jetzt neu, sagt man dann, wir bauen erst mal den Alten nach, dann haben wir so unsere Baseline und dann und dann fangen wir dann an, die neuen Sachen reinzudenken. Oder geht man dann radikaler vor und sagt, das muss von Anfang an Dinge richtiger oder so, die der oft die Dinge am falschen Ort oder irgendwelche Features, erst wenn man sie konzipiert und durchdenkt, findet man dann sozusagen in der Architektur den richtigen Platz dafür. Habt ihr das schon vorausgedacht?

Dr. Frank Postel: Und das war ja auch massiv, sozusagen. Michael von dir damals reingetrieben in unsere Köpfe, muss ich schon fast sagen. Die Versuchung ist ja unglaublich groß. Wenn man dann sozusagen von dieser Wenn wir die Entscheidung getroffen hat und man steht quasi von der grünen Wiese, sich da jetzt all das zu wünschen, was man über viele Jahre schon immer haben wollte, aber entweder aus Prioritäts- oder auch vielleicht sogar auch Machbarkeitsgründen eben nicht umgesetzt werden konnte. Und dieser Versuchung sind wir, sind wir dann sozusagen nicht gefolgt, aber eben massiv auch getrieben über Michael damals, der uns da konsequent an die Hand genommen hat und gesagt hat, wir bauen den Shop quasi eins zu eins nach. In Bezug auf die Funktionalitäten und all das, was euch bei euch auf der Agenda oder in den Backlogs drinsteht, das werden wir bauen. Aber das werden wir erst dann bauen, wenn wir sozusagen den Shop in einer sehr kurzen, ambitionierten Zeit erfolgreich gelauncht haben. Und so sind wir auch vorgegangen. Es gab sicherlich an einigen Stellen dieser Vorphase ein paar grundlegende architektonische Fragestellungen. Stammdatenmodell, Schnitt der Systeme und Fachlichkeiten.

Dr. Michael Wegener: Internationalisierung.

Dr. Frank Postel: Internationalisierung war angedacht, aber wie gesagt, das ist bei weitem nicht in diese neuen Dinge umgesetzt. Wir haben nicht so gut wie keine neue, werden eher sogar manche Dinge weggelassen, die der damalige Shop konnte, weil sie nicht zwingend notwendig gewesen sind. Nicht so erfolgreich gewesen sind. Vielleicht insofern war das schon, finde ich, ein Erfolgsfaktor dieses Projektes. Und dann sind wir dann danach ja natürlich der Druck groß. Wir haben quasi anderthalb Jahre quasi eigentlich das Geschäft in Bezug auf neue Funktionalitäten angehalten, aber natürlich der Druck enorm groß. Das muss man schon auch durchhalten an der Stelle. Aber danach war ja immer die Zuversicht am Ende, dass wir dann über eine bessere Time to market und auch, wie gesagt, ein deutlich flexibleres System entsprechend dann auch in die Umsetzung kommen.

Tammo van Lessen: Und die Architektur konnte das Versprechen dann ja auch einlösen. Dr. Frank Postel: Ja. Dr. Michael Wegener: Zwei Ergänzungen dazu vielleicht. Ich musste eben zucken bei eins zu eins nachgebaut. Also was wir anders gemacht haben, wir haben zum einen ja Features weggelassen, weil wir in der initialen Phase erst mal geschaut haben, verhaltensbasiert, was wird denn eigentlich genutzt? Und da gab es durchaus ein großes Gap zwischen dem, was man dachte, was genutzt wird und was faktisch durch Kunden genutzt wurde. Ich nehme mal das Beispiel Öffnungszeiten von Läden oder überhaupt Content-Seiten der Shops, also der stationären Shops haben wir gesagt, das können wir am Anfang getrost weglassen, weil wir verlieren da erst mal nichts. Was wir aber schon anders gemacht haben, waren, dass wir im Bereich der nicht funktionalen Anforderungen, dass eine fachlich, die Usability, diese relativ schon deutlich verbessert haben, schon zum Einstieg, weil wir genau wussten, wo es hapert und natürlich auch was Skalierbarkeit, Verfügbarkeit usw angeht, also vom ersten Moment natürlich besser waren. Und wir sind ja auch nicht mit einem Big Bang Live gegangen, sondern relativ früh sind wir online gegangen und haben dann auch in den operativen Modus gekommen und haben die Dinge getestet. Damals in dem Fall haben wir das bei Breuninger ja so gemacht, das wirklich mit der Marke Breuninger, ja wir live gegangen sind mittlerweile bei anderen Kunden gehen wir mit einer Fake Marke live, weil da das Risiko noch geringer ist sozusagen, wenn man schnell live geht, vielleicht irgendwas kaputt zu machen.

Dr. Frank Postel: Und uns kam natürlich damals entgegen, wir wollten internationalisieren, wollten insbesondere den deutschsprachigen Raum und da hatten wir ja auch nicht, da haben wir auch diese Multichannel-Komplexität nicht, wir in Österreich uns dann entschieden, mit dem mit diesem Produkt, das da entstanden ist, erstmalig live zu gehen und konnten das in Österreich tun. Da war die Marke noch nicht so bekannt, gesetzt. Es gab wie gesagt die Komplexität mit dem Multichannel-Business nicht. Das war ein ganz guter Move, da erst mal die rein Onlineaspekte dort tatsächlich dann zu testen, live zu bringen, zu stabilisieren und dann sind wir sozusagen mit noch Nacharbeiten eben dann in Deutschland live gegangen und auch das konnten wir eigentlich relativ gut ja auch hochfahren von der Last des Shops, sodass wir das ganz gut auspegeln konnten, um das wirklich abzusichern.

Tammo van Lessen: Ich würde gerne mal so ein bisschen in Richtung Technologie oder Technik abbiegen, wenn wir es schon oft über Self-Contained Systems gesprochen. Und was wir auch immer empfehlen und propagieren, ist Integration zwischen den Domänen so spät wie möglich zu machen, nämlich im Frontend. Da habe ich immer viele Diskussionen mit neuen Kunden, die sich das überhaupt nicht vorstellen können, dass man das man so was halt machen kann, dass man lieber so einen Angular-Monolithen also wieder oben drüberlegt. Aus meiner Sicht vergibt man sich ja dann alle Chancen, die man sich durch die Vertikalisierung eigentlich gewonnen hat, dass man unabhängige Geschwindigkeiten in den Vertikalen, in den System hat. Wie macht ihr das denn?

Dr. Frank Postel: Ja, wir haben auch den SSI-Ansatz, dem sind wir massiv gefolgt. Und somit also jedes der Self-Contained Systems repräsentiert. Ja, sich selber und das geht herunter bis im Prinzip auf Datenbankebene und dann über die Server-Side Includes halt integrieren sie sich dann in ein einheitliches Look and Feel, was natürlich dann schon auch Teil der Makroarchitektur gewesen ist, wo sie sich dann in diesen Frontend Proxy integrieren und natürlich auch von der Usability über ein einheitliches Framework, Frontend Framework eben sozusagen dann einheitlich auch repräsentieren im Shop dann zum Kunden hin. Das verfolgen wir bis heute sehr konsequent. Was wir hinzugenommen haben in Teilen ist eine API-driven quasi Ansatz, weil das Thema andere Kanäle jetzt mal unter anderem vor allem bei uns die Breuninger-App immer relevanter geworden ist und die Breuninger-App sich an einigen gezielten Punkten differenziert und differenzieren soll. Auch strategisch und insofern dort dann eine API tatsächlich für uns die richtige Antwort ist und der Rest aber eben auch da quasi dann über Web UI und die Server seit den Clouds der wesentliche Anteil der App heute eigentlich aus diesen Shopvertikalen kommt. Das heißt, es findet schon noch eine Erweiterung der Architektur statt. Damals hatten wir, wie gesagt, keinen API-driven Architekturansatz gewählt, sondern diesen SSI-Ansatz und der erweitert sich. Aber jetzt und das machen wir eher punktuell, da, wo Produkte eben in Bezug auf die App eine andere Differenzierung benötigen.

Tammo van Lessen: Genau. Ich glaube ich dafür, die Self-Contained Systems sagen, dass das man genau das darf, dass die Idee ja eigentlich jetzt möglichst viel im Frontend zu machen, aber man dann die anderen Punkte dann, wenn man sie braucht, doch hat. Du hast die mobile App angesprochen. Das finde ich ein total spannendes Thema, weil das ist nämlich ja auch wieder so ein Deckel, den man auf die Vertikalen obendrauf legt, weil man ja nicht eine Suchapp und Kaufapp oder Entdecken App hat oder haben will. Hat das dann gut funktioniert oder ist das jetzt genau das, was du eben gesagt hast, man macht einen Teil vielleicht über Webviews, dass man Teile der Responsive Web-App sozusagen in der App benutzt und dann punktuell native Komponenten über die API eingliedert. Muss mir das so vorstellen?

Dr. Frank Postel: Ja, das ist richtig und ich würde sagen, es hat die ersten Jahre gut funktioniert, wo die App noch bei uns deutlich geringeres Gewicht hatte. Es war auch so, die App war damals auch an einen Dienstleister outgesourct. Wir haben dann auch da die Entscheidung getroffen, die App also erst wollten wir sie insourcen und dann quasi auf der Basis weiterentwickeln. Am Ende haben wir sie komplett neu entwickelt. Das hat dann also im Prinzip ja auch dazu geholfen, dass wir sehr schnell, mit einer ja sehr mächtigen App eigentlich am Markt sein konnten, weil ja, ich sage mal, der Gutteil 90 %, vielleicht 95 % kam ja aus den Vertikalen. War ja eigentlich im Wesentlichen eher der App Container, der dann vom Release Team das Management, was dazugehört, gebaut worden ist und natürlich auch die Kompetenzen App sage ich mal auch auf Worte Businessseite zu steuern. Was aber heute durch die wachsende Bedeutung immer stärker ins Spiel kommt, ist halt eben die Differenzierungschancen einer App. Schon einige Jahre, jetzt inzwischen bei uns. Und dann stößt dieses Modell, wie wir es bisher heute aufgebaut haben, schon auch an Grenzen, weil wir jetzt angefangen hatten in diesem App-Team die Dinge, die proprietär aus einer App Sicht gebaut wurden, auch dort aufzubauen. Und das widerspricht ja ein Stück schon auch dem Vertikalisierungsgedanke, weil die Ownership für die Fachlichkeit, die eigentlich im Team steckt. Also wenn ich jetzt zum Beispiel mit dem Homescreen eine App anschaue, dann könnte das ja eigentlich die Fachlichkeit von Entdecken sein. Und jetzt ist aber dieser Homescreen quasi Teil des Produktteams der App, damit entsteht schon ein Mismatch in der Organisation, der jetzt immer größer wird, je mehr wir uns in der App, wie gesagt an bestimmten Stellen auch differenzieren. Und daher diskutieren wir gerade, ob es nicht einen eine Veränderung des organisatorischen Setups braucht, sodass wir wieder in dieser vertikalen Struktur bleiben. Also sprich die Teams, die heute ja sowohl auf Desktop als auch eben für die in Smartphone oder Smartphone ihre Produkte optimieren, neue Produkte bekommen wie ein Homescreen, den es so in der Desktopvariante nicht gibt, sondern der in der App sich ganz anders darstellt und auch darstellen sollte aus meiner Sicht nicht auch owned in der Domäne zumindest wir in dieser Domain Struktur bleiben, wo ich das fachliche Know-how steckt, aber eben eine ganz andere Ownership und auch weitere, möglicherweise App-spezifische Produkte owned. Und für die App und damit würde natürlich die App selber von dem kleinen Team eher in Richtung eines eigentlich ja Containers und eben ein paar ich sage mal infrastrukturelle Verantwortlichkeiten Themen geht. Damit wäre es eigentlich nicht mehr in dem klassischen Sinne ein Produkt, sondern eher vielleicht so ein technisches Produkt, ein eher als ein fachliches Produkt. Und das ist eine Diskussion, die wir, die wir führen aktuell und ich denke mal auch nicht mehr lange zu brauchen und gewisse Entscheidungen dafür von uns zu treffen.

Tammo van Lessen: Also so eine Art Aggregator. Ja, und für Web kann ich mir das total gut vorstellen, aber für native Elemente stelle ich mir das schwierig vor. Wäre das dann so, dass jedes fachliche Team auch noch ein Android oder ein iOS-Entwickler hat, der vielleicht irgendwie so bestimmte Elemente contributed?

Dr. Frank Postel: Zweifel, wenn man sich entschieden hat quasi auf iOS oder Android zu entwickeln, dann wäre das so. Wir haben den Weg, wir sind den Weg schon vor eineinhalb Jahren gegangen, in Flutter zu migrieren oder auf Flutter zu migrieren, was im Prinzip eigentlich den Zugang oder die Möglichkeit für Teams aus den Vertikalen, das deutlich vereinfacht. Also wir glauben inzwischen daran, dass durch diese technologische Entscheidung auf Flutter zu gehen, sozusagen die, ja, die diese die Möglichkeit, von der ich gerade beschrieben habe, diese organisatorische Veränderung, die Ownership in den Teams zu verankern, da eine Hürde deutlich geringer geworden ist.

Tammo van Lessen: Und dann hätte man am Ende so ein CI/CD-System, was das zusammenleimt und gar nicht so große Aufwände oder Bedarf für ein eigenes App-Team. Verstehe. Spannend.

Dr. Michael Wegener: Ich würde noch eine Sache ergänzen wollen, aus einer organisatorisch fachlichen Sicht ist es aus meiner Sicht so, dass Produktmanager, wenn sie auch gerade mehrere Kanäle bedienen müssen, irgendwann auch an ihre Grenzen kommen. Wirklich genau zu verstehen, wie ist jetzt der fachliche Kontext in einem Kaufprozess-Abschnitt bei einem Kunden, der vielleicht jetzt eher neu ist, relativ neu ist versus ein Kunde Breuninger-App, da geht es ja sehr stark um das Loyalty-Programm. Auch wir versuchen die Kunden ja zu binden. Sehr stark. Wie verhält sich der Kunde denn nach fünf Jahren? Wenn er ständig kauft, dann hat er andere Erwartungen, dass alles in einem Produktmanager Kopf zu beherrschen und abbilden zu können, ist nicht so leicht. Und dann brauche ich halt einen zweiten Mann und die Frage: Wie arbeiten die jetzt sinnvoll zusammen? Und das sind Diskussionen, die gehen verschiedene Richtung, was ich jetzt draußen so erlebe, da gibt es noch nicht die Lösung. Aber es gibt auf jeden Fall diesen Constraint, das ein Produktmanager nicht alles beherrschen kann. Die Frage, wie ich mich am besten organisiere und worauf ich mich spezialisiere. Also das ist noch mal ein weiterer Aspekt.

Dr. Frank Postel: Unterstütze ich total und deswegen war auch der Gedanke bei uns, dass wir im Prinzip wirklich eigene vertikal, also eigene Teams aufbauen, die aber in derselben Domäne stecken. Ja, das wird ein eigener Product Owner sein, der heute ja schon im Prinzip owned das Team bei uns ja heute schon eine größere Fachlichkeit über eben zum Beispiel in Homescreen kriegt. Das ist halt einer der Elemente, die am schwergewichtigsten proprietär für die App entwickelt worden sind und wird und da wird eine Investition auch in ein weiteres Team. Wir können nicht im heutigen Entdecken-Team bei uns quasi im Prinzip dieses Produkt noch an die Hand geben und sagen macht das auch mal nebenbei. Da bin ich total bei dir, Michael, sondern das wird schon ein weiteres Team geben müssen. Wir wollen es nur verorten in der gleichen Domäne.

Dr. Michael Wegener: Und da steckt ja auch noch mal das abschließend noch weitere neue zusätzliche Fachlichkeit drin. Also bei Breuninger-App u, das kurz zu erwähnen, geht es auch sehr stark um Loyalty, die Intensivierung. Das sind Aspekte, die dort sehr stark im Mittelpunkt auch stehen. Was sage ich mal in der ursprünglichen Webvariante weniger Mittelpunkt stand. Da ging es sehr stark auch die ersten Jahre darum, Neukunden zu gewinnen und die Kunden in der frühen Phase zu begleiten. Und jetzt geht es sehr stark darum. Wir kommen ja nachher noch mal zum Ausblick, die Kunden besser auszuschöpfen, mehr rauszuholen, sie individueller zu bedienen, zu personalisieren und ihnen dann auch Dinge zukommen zu lassen. Incentives als Belohnung für ihr Kaufverhalten. Und das ist noch mal eine andere Fachlichkeit, die jetzt stärker und wichtiger wird. Und die muss irgendwo auch stattfinden, fachlich, funktional. Und deswegen braucht es doch einen auch ein Ort dafür, den es bisher so explizit noch nicht gibt.

Tammo van Lessen: Ja, wenn ich mir vorstelle, wie oft mein Handy klingelt und mich zu irgendwas animieren will, verstehe ich total, dass das ein Werkzeug ist, mit dem man die Leute zum Kaufen anreizen möchte. Ich würde gern noch mal einen Schritt weiter. Du hast vorhin gesagt, Technologie war ein Thema, Logistik war ein anderes, was ausgebaut werden musste, als sich ECom so verstärkt hat. Da weiß ich zufällig, weil sozusagen, als ich euch sozusagen kennengelernt habe und und euch als Kunden übernommen habe, ging es auch darum, ein Team mit aufzubauen, was dieses Distributed Order Management bei euch mit aufgebaut hat. Und da ich mal so ein bisschen gehört habe, wie spannend und wie schön da die Entwicklung läuft, deswegen wollte ich da gerne noch mal so ein bisschen rein. Distributed Order Management. Warum macht man denn so was und machen das überhaupt alle oder ist das ein Alleinstellungsmerkmal?

Dr. Frank Postel: Das kommt stark aus dieser quasi Omnichannel sozusagen Anspruch und eben halt die Transparenz, den Zugang zum Sortiment über die verschiedenen Kanäle. Und wir haben halt ein quasi in physische Bestandstrennung im E-Commerce Umfeld zum Stationär. Und wir haben natürlich konzeptionell im Prinzip auch schon Erfahrung gesammelt mit Stuttgart im Haus Stuttgart. Dort aus dem Bestand des Hauses für Online quasi uns bedienen zu können. Und wenn man das noch weiterspinnt und damals war ja schon Marktplätze auch hochgekommen und auch wir spielten mit dem Gedanken uns also wir diskutierten alle Facetten, ob wir uns auf Marktplätzen sozusagen bewegen sollen oder eben eigenen Marktplatz aufbauen auf Breuninger.com. Und auch da, wenn man das weiterspinnt, kriegt man ganz, ganz viele Läger, nämlich die der Lieferanten, noch hinzu. Also sprich, dieses Ich kriegt ein Kundenauftrag und der Kundenauftrag soll jetzt fulfilled werden mit Produkten aus verschiedenen Lägern, mit verschiedenen Produkten und die aus verschiedenen Lägern, wollte ich sagen. Das ist im Prinzip die Kernkompetenz, eigentlich eines, das will oder Managements mit entsprechendem Anspruch an Transparenz schaffen und Lieferzeit, Ermittlungen usw. Und da gibt es Produkte am Markt, sehr, sehr komplexe Produkte, wo man vielleicht geneigt ist, bevor ich mir so was selber baue, beschäftigen wir uns doch lieber mit so einer Standardsoftware und wir haben uns dagegen entschieden, so ein bisschen aus einer eigenen Erfahrung heraus, auch damals, dass solche Produkte einmal unfassbar viel Scope mitbringen, die wir gar nicht brauchten. Wir haben es ja wirklich reduziert auf die Themen, die ich gerade genannt habe. Und häufig bieten diese Systeme aber noch weitergehende, viel weitergehende Aspekte, die wir eigentlich schon längst im Shop irgendwo integriert hatten und verortet hatten. Und zum Zweiten, es ist immer so ein bisschen das Versprechen, ich kaufe mir hier eine Standardsoftware und kriegt diese Funktionalitäten, aber die Integrationskomplexität, die wird immer unterschätzt. Und das war so ein Stück, die Erfahrung, die ich da persönlich auch ein bisschen mitbringen konnte und haben uns dann entgegen auch einiger Beratungen, namhaften Beratungsgesellschaften, die uns da eigentlich eine andere Richtung ein Stück empfehlen wollten, entschieden, das Teil selber zu bauen und sind da auch ein Teil, also wirklich von klein auf das, was wir erst mal nur benötigt haben zu bauen und sind und Marktplatz hatten wir halt damals noch nicht an einen Marktplatz hinzugekommen, aber die Architektur war so skalierbar in Bezug auf Fachlichkeiten, dass da wirklich ein sehr schönes Produkt draus geworden ist, was das Versprechen auch eingehalten hat und wir das dann auch sehr, sehr schnell einsetzen konnten. Notgedrungen, nämlich zur Corona Zeit, wo dann die Häuser geschlossen waren. Das E-Commerce-Geschäft, ein bei uns ein rasantes Wachstum hingelegt hat, obwohl es eh schon ambitioniert geplant war. Aber damit hatte keiner gerechnet bei uns, wir den Bestand dafür gar nicht eingekauft hatten. Der lag auch nicht bei uns, in WDZ aber er lag, wir hatten halt Bestand, natürlich in den Häusern, die früher geschlossen worden waren. Genau. Und wir konnten halt diese Learnings aus dem wir haben das ja, wie gesagt, früher schon mit Stuttgart gemacht. Diese Learnings konnten wir halt schon in die Architektur mit einbringen und haben ein System gebaut, was quasi dann in der Lage war, jedes Haus, was wir hatten, anzubinden. Dann mussten wir eigentlich nur noch das Business schulen, die dann ja auch im Haus den Auftrag picken müssen. Und dann wurde das auch noch ins WDZ transportiert und dort dann zum Endkunden ausgerichtet. Das heißt, wir hatten von innerhalb kürzester Zeit in dieser Corona-Zeit damals, in kürzester Zeit hatten wir eine Antwort darauf, wie wir den kompletten Häuserbestand zugreifbar machen und ihn nutzen können. Zur Unterstützung des Onlinewachstums. Und das hat uns am Ende muss man fast sagen wir hatten ein besseres Endlager, als es zu normalen Zeiten waren. Wir haben wirklich Glück gehabt, dass wir diese Fähigkeit gebaut hatten, so angedacht hatten und dann auch sehr, sehr schnell nutzbar machen konnten.

Tammo van Lessen: Ja, das war ja dann super. Also ich hoffe ja, dass so was wie Corona nicht noch mal eintritt.

Dr. Frank Postel: Und dann kam Marktplatz und wir konnten es auch da gut nutzen. Also natürlich nicht immer nur in Krisenzeiten, sondern wir konnten benutzen es bis heute zur Erweiterung unseres Geschäftsmodells. Und dieses Team ist es, einer unserer Teams, die die mit am meisten Daten getrieben heute arbeiten, weil diese Teams natürlich auch immer mehr Fachlichkeit dann bekommen haben. Es wächst halt quasi evolutionär mit den Anforderungen. Also das ganze Thema Liefertreue, Lieferzeitprognose ist eine Capability, die wir dort jetzt dort verortet haben und das macht schon Spaß. Also was das Team da in den letzten Jahren geleistet hat, aufgebaut hat. Ja, ist schön.

Dr. Michael Wegener: Vielleicht auch eine Ergänzung. Wir lösen nicht nur Standardsoftware ab, wir führen sie auch teilweise ein. Man mag’s kaum glauben. Und wo ich dann immer hellhörig werde, wenn Softwareanbieter so die Liste der Features ausrollen, das ist ein bisschen süße Gift, wo du sagt oh, das kaufe ich auch alles noch mit ein und da gibt es so schöne Prinzipien wie You ain’t gonna need it, wo du checken kannst. Also wenn du nicht wirklich sicher bist, dass du es brauchst, kauf es erst mal nicht. Und wo wir stark darauf achten, wenn wir Standardsoftware einführen, ist die Architektur und wie weit es möglich ist, entkoppelt bestimmte Funktionalitäten einzuführen oder eben ob alles, ob ich gleich am Fliegenfänger hänge, mit einem Monolithen und wenn das möglich ist und moderne Architekturen von neueren Anbietern, SaaS-Anbieten machen das möglich, dann sind wir auch sehr viel eher dazu bereit, eine Standardsoftware einzuführen. Das ist aber bei klassischer Software oft eben nicht so, und dann versinke ich in der Komplexität, weil ich mir all das mit einkaufe an Funktionalitäten, was die Software so bietet. Und das macht mich dann langsam.

Tammo van Lessen: Ich meine so Standardsoftware-Hersteller sind ja incentiviert, die Weltherrschaft an sich zu reißen und sich immer wie so ein Krake im Unternehmen zu verankern. Deswegen verstehe ich das total, dass die solche Entscheidungen treffen. Aber dem will man natürlich entgegenwirken. Das heißt, das könnte man jetzt Shout Out für alle Standardsoftware-Hersteller da draußen machen, die dann lieber kleine, wohlgeschnittene Produkte bauen, ja?

Dr. Michael Wegener: Die entkoppelt sind, sozusagen ruhig viel anbieten. Aber das ja durch Leistung zu überzeugen, als durch so einen künstlichen Lock-in, der dann da drinsteckt, letztendlich.

Dr. Frank Postel: Ich würde noch ergänzen, das Versprechen der großen Standardsoftwarehersteller ist halt dann, dass sie den Kunden auch entlasten von eben. Was ich vorhin eingangs meinte mit Architektur, also eben fachlicher und auch Integrationsarchitektur, sich beschäftigen zu müssen. Denn das ist ja ein Stück weit einhergehend mit der Architektur-Ansatz, den wir gewählt haben, dass nicht jede Software passt, sondern wir bestimmte Anforderungen an diese Software stellen. Wir wollen zum Beispiel immer die Datenhoheit bei uns haben und diese klassischen Standards dafür, dass es dieser Krake, glaube ich, Michael, von der du gesprochen hast, die vertreten eben eine andere Philosophie. Aber die Integrationskomplexität, die richtigen Schnitte, die verbleibt ja dann bei uns. Also da braucht man natürlich schon, wenn man diesen Ansatz wählt, ihm eigene Kompetenzen, die das sicherstellen können und die das auch beherrschen können. Und das ist natürlich sozusagen so ein bisschen die andere Seite, die man, die man bereit sein muss zu investieren.

Tammo van Lessen: Ja, genau diese Kompetenzen muss man auf. Also mein Verständnis von Standardsoftware ist ja, wenn man die einsetzt, dann ist das Versprechen, dass man mindestens so gut ist wie der Branchenstandard oder Durchschnitt. Nun wollen die meisten aber besser sein als der Branchenstandard oder Durchschnitt. Und dann muss man eben eigene Kompetenzen erwerben und also das vielleicht am Rande. Ich erlebe das ganz oft, wenn wir Eventstorming oder so was machen, um so Bounded Contexts oder Domänengrenzen so grob zu identifizieren. Und dann macht man den Reality Check auf die existierenden Systeme, dann ist immer irgendwo eine Standardsoftware im Weg, die Dinge übernommen hat, wo man eigentlich quer reinschneiden müsste, und Dinge herauslösen müsste.

Dr. Michael Wegener: Und wenn ich das noch ergänzen darf. Jeder Standard-Softwareanbieter hat ja seinen Ursprung, der kommt ja irgendwo her. Und dann, der Krake breitet sich aus. Und ich finde es wichtig zu gucken, wo kommt jemand her, was ist eigentlich die Kernkompetenz und wo hat er sich dann hinentwickelt? Es gibt viele CM-Anbieter, die kommen aus dem E-Mail-Kanal und machen heute alle Kanäle. Aber so richtig gut funktioniert das E-Mail-Marketing und alles hängt auch irgendwie da dran, so dass einmal im Kurs verstehen, wo kommen die eigentlich her, was ist wirklich die Kernkompetenz? Kann man es architektonisch entkoppeln? Das machen halt viele nicht und das sind, glaube ich, sehr erfolgsentscheidend.

Tammo van Lessen: Sehr schön, wir sind voll in so einer Make or Buy-Diskussion. Und ich will mal ein bisschen noch darauf hinaus, wie ist denn die Entwicklung von so einem vertikalen System? Also man hat das am Anfang alles mal irgendwie die Vertikalen geschnitten, man hat da bestimmte Standardkomponenten drin, bestimmte SCSs' selber aufgebaut. Jetzt dreht sich die Welt ja weiter. Und bleiben die Domänenschnitte denn stabil bei euch? Ich glaube, die sind so, die Domänen sind so groß. Aber vielleicht gucken wir mal nach den SCS-Schnitten oder gibt es da Punkte, wo man sagt, da wollen wir was konsolidieren, da wollen wir Dinge vielleicht zusammenlegen oder da gibt es jetzt plötzlich neue Produkte am Markt, die das vielleicht genauso gut oder besser können, als wir das jetzt selber gemacht haben. Und wir können Ressourcen freisetzen, indem wir sagen, dann kaufen wir da was zu und die Kollegen, die das vorher gemacht haben, können wieder an die innovativen Komponenten gehen.

Dr. Frank Postel: Ja, definitiv. Das ist schon ein ständiger Prozess. Also einmal sagte ich ja vorhin beispielsweise allein durch die wie bei uns, wenn wir jetzt neue Geschäftsfelder eröffnen, es entstehen, entsteht natürlich auch mit zunehmendem Wachstum mit, sage ich mal, neue Reifegrade in der Organisation, die man anders unterstützen muss. Also wir haben früher zum Beispiel kein Content-Management-System gehabt, das haben wir ganz stark in Fredhopper ausgelagert. Große Teile, andere haben wir sehr, sehr pragmatisch unterstützt, andere Formate. Und dann war der Zeitpunkt gekommen, da in ein Content-Management-System zu investieren. Und da ist ein eigenes Team und ein eigenes Produkt halt entstanden. Also sprich, das ist ja auch am Ende ja auch der agile Ansatz, ja, dass man noch nicht am Anfang sozusagen jede Komponente vorher sieht, sondern das wirklich sehr stark aus dem Bedarf ableitet. Und dadurch sind wir aber mit dem Wachstum, was wir hatten uns den zunehmenden Anforderungen aus diesen verschiedenen neuen Geschäftsmodellen, dann kommt man kontinuierlich in diese Diskussion. Oder auch Data heute das ganze Thema Zugriff auf Daten und das ja für zum Beispiel Personalisierung, Retail Media. Das hat ja noch mal eine ganz andere Konsequenz und Impact auf die Architektur, auf die Teams. Und auch da entstehen, auch da entstehen teilweise neue Fähigkeiten, Capabilities, die dann Teams ownen müssen. Und dann kommt man zu dem Schluss, dass das irgendwann nicht mehr in das bestehende Team, die da vielleicht mal mit begonnen haben oder als erstes eine Berührung bekommen haben, nicht mehr passt, dass der Overload dort viel zu hoch wäre und dass es sich lohnt, ein eigenes Team aufzumachen. Wir haben auch umgekehrt schon Teams konsolidiert, wieder. Auch das kann passieren, dass man. Am Anfang war natürlich die Dynamik gerade eines neuen Produktes am Anfang sehr hoch ist, dass es sich lohnt, sozusagen da ein eigenes Team draufzusetzen. Wenn man, wenn einem eben auch die Geschwindigkeit da wichtig ist und aber ab einer gewissen Weise dann auch natürlich die Dynamik nachlässt und so ein Produkt manche Produkte ja dann relativ schnell in so einen gesättigten Lebenszyklus reinkommen und dann kann es sich auch lohnen, wieder sozusagen zusammenzuführen. Das ist dann eher eine starke, auch kosten getriebene Diskussion, weil jedes Team natürlich auch einen gewissen Overhead mitbringt, sage ich mal, oder Strukturkosten nennen wir sie wie ein Product Owner in der Regel ja auch Agile Coach Unterstützung, wir haben hier UX, das ist ja alles auch an der an dem Teil immer auch ein paar Strukturkosten, die man damit sich also wir führen das in beide Richtungen und es ist allerdings nicht immer das ist jetzt nicht so schnell gemacht. Also so ein neues Team dort aufgleisen ist vielleicht sogar noch schneller gemacht, als wenn ich ein bestehendes Produkt zerschneide, weil ich merke, die Komplexität wird so groß und muss dann sozusagen aus einem Produkt technisch zwei Produkte machen und dann zwei verschiedene Teams draufsetzen. Den Fall hatten wir auch und das sind natürlich schon Investitionen, die gehen dann erst aus, diese organisatorische Setup, wenn man eben vorher auch noch mal technologisch, architektonisch die Grundlagen dafür gelegt hat. Also da gibt es alle Facetten, das ist ein kontinuierlicher Prozess, wie sich diese Organisation verändert und eben natürlich entlang der Architektur.

Dr. Michael Wegener: Da gibt es ein schönes Buch, The Build Trap, wo ich dann irgendwann einmal im Hamsterrad nicht mehr merke, dass ich vielleicht gar nicht so gut vorankomme. Die Kosten laufen aber einfach durch konstant von so einem Team. Und das Entscheidende, dass ich eben hier KPI-Datengetrieben arbeite und dann auch merke in jedem Sprint passiert, immer weniger an Uplift in meinem KPIs, in Mikro-Conversions und das muss dann da muss dann eigentlich Alarmglocke angehen bei einem PM zu sagen, was müssen wir anders machen, wieder Team runterfahren, mehr Betrieb oder ich gucke wird ich noch mal dediziert. Wie hat sich der Markt rum eigentlich entwickelt und gibt es nicht ein System, was jetzt gerade schon vorbeigezogen ist und das Ganze wirtschaftlich günstiger eigentlich machen kann? Und ich glaube, an der Stelle hat dann geholfen. Ich glaube ungefähr 2018, 17/18 sich mit Team Topologies zu beschäftigen, Complicated Sub Systems entkoppelt zu betrachten von den Value Streams, die ich selber entwickele. Und so sagen ganz neue Systeme die Dinge wirklich besser kommen, die, die lasse ich jetzt mal durch so ein Teilteam sozusagen bewältigen, das wir dann Complicated Sub System Team nennen und die anderen arbeiten an dem, was dann wirklich differenzierend ist für das Unternehmen und das immer wieder zu tun und diesen Change auch hinzukriegen. Auch die Bereitschaft und wieder loszulassen, sagen jetzt löse ich das System ab, nehmen das nächste System. Das erfordert eine gewisse kognitive und emotionale Flexibilität im Team. Das muss man, glaube ich, trainieren. Und dass dann die hohe Kunst schon, würde ich sagen.

Dr. Frank Postel: Das ist ein kulturelles Thema, was man in der Organisation verankert, weil in der Tat Widerstände schon da sind, das ist schon nicht ohne. Muss man die Teams mitnehmen und und sie sicherlich auch dann durch den Prozess führen und so, also egal, was man diskutiert, Team-Trennung oder wir haben festgestellt, Content Production in dem Kontext das dort, das ist auch das Beispiel, was du meintest, Tammo, dass bestimmte Prozesse inzwischen über eine Standardsoftware am Markt deutlich besser abgebildet worden sind. Das hatten wir damals in weiten Teilen auch entwickelt gehabt und jetzt haben wir die Software eingeführt. Jetzt hat man erst mal vermeintlich das Team Sorge gehabt, dass sie quasi es für zu tun haben. Aber die Welt drumherum wird ja immer komplexer. Auch da wieder die Beispiele mit Retail Media, mit Marktplatz. Das Team hat genug zu tun, weil einfach die Prozesse drumherum noch komplexer geworden sind. Also insofern, als es in der Tat auch wirklich immer wieder auch in Arbeiten mit den, mit den Menschen, mit den Kollegen, sie da auch ja, also sie da auch zu fordern, so einen Blickwinkel einzunehmen, dann Ende wollen wir ja, dass das Team eigentlich idealerweise ja aus einer Eigenverantwortung oder aus einer Selbsterkenntnis dazu kommt. Aber das ist auch menschlich, dass es dann natürlich am Ende so ein Stück weit so und so ein Verharren am eigenen Produkt, ja, wenn man das auch neu aufgebaut hat. Solche Verhaltensweisen sehen wir halt auch.

Tammo van Lessen: Ja, das ist auch meine Erfahrung, gerade bei diesen Self-Contained Systems, wo man ja viel Verantwortung übernimmt und im Idealfall ja nur über so High Level KPIs gesteuert wird und selber die Lösung datengetrieben rausbekommt. Erinnere mich an diese No Find Geschichte sozusagen, der auch bei dem DOM, wo man dann datengetrieben rausgefunden hat. Aber wenn wir einfach ein bisschen kürzer warten, ob was da ist oder nicht, länger warten und um zu gucken, ob was da ist oder nicht, dann können wir plötzlich mehr fulfillen, weil wir die Retouren besser mit reinkriegen. Ich verstehe, wenn man so viel Herzblut sozusagen in die Optimierung von so einem Werkzeug investiert hat, dann hängt man da halt auch dran. Und das verstehe ich total, dass man da, die menschliche Komponente nicht außer Acht lassen darf. Ja, das hört sich für mich total toll und spannend an nach auch so eine wachsender oder lebender Architektur, die auch auf verschiedenen Dimensionen sowohl den eine nicht nur den Kunden, sondern so wie das jetzt ja auch klingt, diese den Menschen an erste Stelle setzt, sozusagen bei allen Entscheidungen. Michael, mich würde mal interessieren, scheinbar tun sich ja andere schwer, dieses Modell zu kopieren. Also ich kenne so ein paar Fälle, wo man, wo man das durchaus versucht hat. Woran liegt denn das eigentlich? Also was ist denn da? Wir haben vorhin ja schon mal so ein paar Erfolgsfaktoren identifiziert, oder? Oder besprochen. Welche Rädchen müssen denn da ineinandergreifen, damit das gelingen kann? Oder muss man einfach vorher die Weichen schon gestellt haben, bevor es eng wird?

Dr. Michael Wegener: Ja, es sind schon verschiedene Dinge. Wir haben ja vorhin angefangen, gestartet mit der Strategie. Das ist in der Tat einer der wichtigsten Punkte, die erlebe draußen bei vielen Unternehmen, nicht nur Retailern, Vertikalisten, auch Herstellern, die stärker digitalisieren, dass sie eben keine klare Strategie haben. Bzw. die Strategie besteht dann eher aus einer, ich sage mal Wäscheliste von Opportunitäten. Das macht der eine. Was macht der andere. Und dann sage ich ja alles Opportunitäten, die packe ich dann zusammen, mache eine Schleife drum und das nenne ich eine Strategie, ist aber keine Strategie, sondern teilweise sich widersprechende Anforderungen, die es extrem schwer machen für eine Organisation und auch für jemand, der Architektur verantwortet, da einen roten Faden reinzubringen. Also mit der Strategie beginnt es, so einfach das klingt, da eine Klarheit zu haben und die auch gut zu kommunizieren, sodass sie auch jeder Entwickler sofort versteht. Und das Zweite ist relativ banal wirklich erst mal mit den Basics anzufangen. Also viele machen den vierten Schritt vor dem ersten. Ich muss mal schmunzeln beim Thema Personalisierung. Na, viele wollen direkt personalisieren, aber was ich tun muss, um dahin zu kommen, ist ein langer Weg. Nur mal als Beispiel: Als wir die Vertikalen aufgebaut haben, ging es sehr stark darum auch sozusagen, was sind denn die KPIs? Das hier machen wir eben schon. Und sich wirklich intensiv damit zu beschäftigen, Service Level Objectives zu definieren, die die Wirtschaftlichkeit auch abbilden, dessen, was ich da tue und rechtfertigen, wie viele Leute ich da mal meinem Team habe. Das ist ein relativ schmerzhafter Prozess, braucht relativ lange und ist wirklich teilweise Kleinklein und dazu haben viele nicht die Demut. Also ich habe jetzt gerade wieder einen Podcast gehört von glaube ich Exciting Commerce. Die hatten über Bergfreunde berichtet, die sehr erfolgreich sind und da haben alle gerätselt, warum sind die eigentlich so erfolgreich? Ja und Conclusio war am Ende die machen die Basics einfach richtig gut. Basics in der Softwareentwicklung und im Betrieb, in der Logistik, im Marketing. Und das hat hier auch stattgefunden. Und bei vielen Händlern, klassischen Händlern, da trifft das Klischee zu sehr hemdsärmelig unterwegs, 80, 20 vielleicht auch. Und ich glaube, das wurde hier sehr gewissenhaft gemacht über die Jahre und ein Schritt nach dem anderen mit auch den entsprechenden Learnings und Rückschlägen. Allein die agile Entwicklung wirklich durchzusetzen. Konsequent hat bestimmt drei, vier Jahre gedauert. Das würde ich sagen, ist so der zweite große Faktor und der vielleicht der dritte klingt jetzt fast schon pathetisch. Ist so die Menschen-Orientierung einmal am Kunden sich zu orientieren, das beginnt schon bei den KPIs. Wirklich durchzumessen, Feedback vom Kunden zu kriegen, eigentlich ein in jedem Sprint von Kunden zu haben und merken finde es gut oder nicht so gut. Nicht nur bei KPIs, sondern ich würde auch tun, eigentlich nie im Sprint die Sichtbarkeit zu haben, oder? Zweite sich auch mit den Mitarbeitern zu beschäftigen, weil nicht jede Software geht ja direkt zum Kunden durch Customer Facing, sondern ich habe ja auch Software, die indirekt wirkt. Wenn ich jetzt Daten produziere, zum Beispiel bei einem PIM. Ja, das sind vorgelagerte Prozesse. Und wie schaffe ich es jetzt einerseits den Mitarbeitern ein gutes Interface zu geben, damit er usable etwas bedienen kann, gleichzeitig aber eine hohe Qualität hinkriegt Richtung Endkunde. Da muss ich mir schon auch Gedanken machen, mit zum Beispiel Impact Maps. Wie wirkt das jetzt und wo optimiere ich? Und das wurde hier auch, glaube ich, relativ konsequent gemacht. Das wären so die drei, drei Dinge, die mir zu spontan dazu einfallen.

Tammo van Lessen: Und das heißt, wenn man die drei Dinge jetzt vorher gewusst hätte, dann wäre alles ganz einfach?

Dr. Michael Wegener: Der Weg ist trotzdem anstrengend, natürlich, weil aus meiner Sicht Technologie ist ja das, was sich am schnellsten verändert und immer schneller verändert und die Menschen verändert sich am langsamsten im Verhalten. Also die Kunden, ist meine Erfahrung. Ich habe früher mich auch viel mit Innovation beschäftigt, war mal so fünf Jahre voraus. Der Kunde braucht extrem lange, bis er sein Verhalten verändert. Und ich bin eigentlich als IT-Organisation oder Produktmanagement meist zu schnell. Also ich überfordere den Kunden eigentlich. Und bei Mitarbeitern ist es eigentlich ähnlich, wenn ich Mitarbeiter, die in der Kernwertschöpfung arbeiten, an neue Systeme setzen, sie zwingen, sie zu bedienen. Das dauert einfach, bis dieses Verhalten adaptiert wird. Und das wird halt zu wenig berücksichtigt. Aus meiner Sicht in der Produktentwicklung. Wie schnell ist der Kunde bereit, Verhalten zu verändern? Wie kann ich vielleicht auch helfen, den ich gehe mal intensiviere, die neue App ausprobieren, damit er die ersten Erfahrungen macht, aber vielleicht ein paar Schmerzen hat. Aber dann sagt er, eigentlich war es eine gute Erfahrung. Ich mache das jetzt wieder.

Tammo van Lessen: Das ist ja spannend, weil Frank eben noch über Time to Market gesprochen hat. Und du sagst jetzt zu schnell. Das heißt, man muss die to market auch wohl dosiert einsetzen. Das eine ist die Fähigkeit, schnell auf Marktveränderungen reagieren zu können. Aber, und was du sagst, den Kunden damit nicht überfordern, weil auch das merke ich mit meinen Apps immer die, die ich selten benutze, die sehen jedes Mal komplett anders aus und ich kann sie nicht mehr bedienen und so, da bin ich dann überfordert. Vielleicht ist das so ein bisschen ähnlich. Ist das dann vielleicht das Erfolgsrezept, da die den Gradmesser in die richtige Stelle zu drehen?

Dr. Michael Wegener: Ich sage ja eben, die Strategie ist wichtig, dass ja das was, was baue ich, im Fokus.

Tammo van Lessen: Aber die Strategie muss ich ja befüttern mit irgendwie. Also die dann brauchen wir doch Feedbackzyklen.

Dr. Michael Wegener: Ja, das sagte ich eben, dass ich dieses Kundenfeedback einbinde, kontinuierlich meine Entwicklungsprozesse und jetzt nicht nur jetzt in einem Onlineshop oder Marketing, sondern anderen Bereichen. Wir haben relativ früh auch diesem Vertikalisierung-Projekt, den Connect gehabt zu Customer Care und haben dort die Feedbacks und abgeglichen, was kommt da an, was kommt im Online-Channel an, wie passt das zusammen? Was kommt auf der Fläche an, um dann rauszufinden, was sind die wirklich wichtigen Themen, an die wir uns jetzt ran machen? Und was ist eher nice to have an unseren Optimierungen und das sauber zu priorisieren?

Tammo van Lessen: Dann würde ich es mal direkt mitnehmen. Ich habe hier nämlich noch einen Punkt stehen, dass wir immer über die aktuellen Herausforderungen und so ein bisschen den Ausblick in die Branche allgemein gucken. Und da kann man vielleicht mal sagen, das Feedback aktuell ist, der Kunde kauft nicht mehr so gerne wie früher oder kann man das? Kann man das so sehen?

Dr. Michael Wegener: Weiß ich nicht. Also überlegt vielleicht etwas länger und die Herausforderung als Anbieter ist es, den Kunden eben zu binden. Und das ist viel wichtiger als früher. Ist auch günstiger, als die Kunden neu zu gewinnen. Und das erfordert eben, Stichwort CRM, genau zu verstehen. Wo hakt es jetzt gerade um das dann beim nächsten Besuch, wenn der Kunde wiederkommt, dann eben anders besser zu machen. Stichwort Personalisierung, aber auch Incentivierung des Kunden. Also ihn belohnen, wenn er auch mitmacht in der Wertschöpfung. Nur wenn er Produkte bewertet, wenn er nicht retourniert, solche Dinge eben gutzuheißen und den Kunden dann mehr zukommen zu lassen als andere, die vielleicht nicht wirklich 100% reinpassen. Also da ist aus meiner Sicht viel, viel Potenzial.

Tammo van Lessen: Das heißt weniger Werbung, weniger Neukundengewinnung, sondern eher die Kunden, die man eh schon hat, dazu anreizen, mehr öfter zu kommen.

Dr. Michael Wegener Das auf jeden Fall ein großes Potenzial, aber auch bei der Neukundengewinnung eben die richtigen Kunden anzusprechen mit den Erfahrungen, die man hat im Targeting. Also wie integriere ich mich in die Marketingplattform draußen, wie spreche ich da schon die richtigen Kunden an, von denen ich dann weiß, dass sie auch weniger retournieren, dass sie mehr kaufen, sodass ich die Marketingkosten auch deutlich besser rechnen.

Dr. Frank Postel: Ja, ich kann das nur bestätigen, ist es für uns schon ein Stück weit ja Teil der DNA von Breuninger gewesen. Also das Thema Kundenbindung haben ja schon eine sehr erfolgreiche Breuninger Card Loyalitätsprogramm, das wir derzeit quasi digitalisieren, also onlinefähig machen und das kommt sehr stark stationär getrieben. Und wenn wir einhergehend mit der internationalen Expansion, mit unserem Wachstum im Onlinekanal auch in Deutschland besteht, halt von uns natürlich der Bedarf, dass diese Card, dieses neue Programm auch eine hohe Attraktivität für Menschen, Kunden, Kundinnen hat, die eben außerhalb einer Region sind, wo wir einen Laden haben. Denn das muss man schon feststellen, also so ein Laden, wie wir ihn betreiben, das ist eigentlich der Punkt, wo am meisten Inspiration, Emotionalisierung und Markenbindung entsteht. Da haben die Läden für uns eine enorm und behalten auch eine enorm wichtige Bedeutung. Wir haben ja aus gutem Grunde mit München und Hamburg weitere Expansionshäuser. Aber ich sage mal rein international, ist unsere Strategie ja erst mal nur auf Online zu gehen und da brauchen wir eine Antwort drauf, wie man Kunden bindet. Und das tut man eben nicht nur über transaktionale Vorteile, sondern das da ist Emotion und Treu, Serviceversprechen und Qualität und Vertrauen eben ein ganz, ganz wichtiger Faktor. Und das ist das, was wir verbinden mit unserem neuen Loyalty-Programm Beyond, wie wir es genannt haben. Und da muss es uns gelingen, was mit der Karte über Jahrzehnte gelungen ist, eben auch online zu transportieren. Das ist die große Herausforderung für uns. Und die Zweite ist eben, weiter in unsere Marke zu investieren. Also die Marke Breuninger zu investieren. Die Menschen haben einen gewissen Anspruch, wenn sie bei uns einkaufen. Ob das online ist, mit der Logistik, mit dem Paket, mit den Produkten. Und sie haben einen Anspruch an die Beratung, an die Kuratierung, an das Sortiment, an die Erlebnisse, wenn sie in unsere Läden kommen und dem permanent gerecht zu werden und das auch noch auszubauen, das ist halt eine unserer wesentlichen Aufgaben nach vorne hin. Und da glauben wir auch dran, dass diese Bindung zur Marke ein wesentlicher Erfolgsfaktor ist. Am Ende kann 80 % unseres Sortiments kann man überall einkaufen und gerade die Premium Luxury Sortiment gucken da jetzt ja auch nicht auf den Preis, wo sie den günstigsten Artikel kriegen, sondern da ist. Für die ist der Bezug zur Marke, der Bezug zum Verkaufsmitarbeiter stationär und das Vertrauen auch in die Experience, die sie im Shop machen. Im Prinzip der wesentliche Treiber, warum Sie zu Breuninger gehen und bei uns einkaufen. Und das ist das, was wir, was uns gelingen muss daran weiter festzuhalten, das auszubauen, das, wie gesagt, auch ins rein Digitale zu übertragen.

Tammo van Lessen: Ja super. Und ich nehme mal eine architektonische Herausforderung gibt es dann keine, weil das Gerüst, was ihr habt, gibt das her.

Dr. Frank Postel: Nee, das wäre schön. Nein, wir kommen ja durch die Erweiterung in unserem Geschäftsmodell, durch die Größenordnung, wenn, wir weiter so wachsen, stellen sich hat sich ja vorhin schon ausgeführt, stellen sich ja permanent immer wieder Diskussionen. Wir kommen auch und ich betrachte Architektur jetzt ja nicht nur aus einer Online-Brille, sondern hatte ja erwähnt wir verantworten oder bei mir im Bereich, wir haben ja dann entschieden, Michael hat es ganz am Anfang mal ausgeführt, am Anfang hatte man, dass den Onlinebereich auch mit der Verantwortung für den Aufbau des Online vertraut. Wir haben dann irgendwann zum bestimmten Zeitpunkt auch einhergehend mit der Vertikalisierung die Entscheidung getroffen, dass wir quasi die IT mit sozusagen den damals entstandenen Onlinetechnologiekompetenzen zusammenführen. Also aus einer Technologiebrille heraus verantwortet mein Bereich ja alle Bereich, alle Belange. Und da kommen wir und da kommen wir auch in dem Kontext immer wieder an ganz spannende Architekturfragen und Diskussionen dran. Also auch, wie gesagt, in Bezug auf Warenwirtschaft, Planungssoftware. Der Einkauf hat da große Ansprüche und Herausforderungen. Also insofern betrachte ich es in meiner Rolle ganzheitlich und da bleibt Architektur ein unglaublich spannendes Feld.

Tammo van Lessen: Willst du noch was ergänzen?

Dr. Michael Wegener: Architektonisch ist, insofern glaube ich, eine Herausforderung als das, was ich Kunden an Leistungen zukommen lasse. Es ist ja ein Invest den ich dem Kunden gebe, dass ich das auch gut kontrollieren kann und auch entscheide up-front: W er kriegt denn jetzt welche Leistungen dafür? Muss ich diese Incentives, die ich anbiete, aus meiner Sicht auch erfassen, explizit als eigene Entität, die ich dann an den Kunden ran spiele? Und das ist nämlich genau der zweite Punkt, dass ich so einen 360 Grad Blick auf den Kunden brauche. Das unter Constraints wie Datenschutz, was nicht leichter wird und das hinzukriegen bei gleichzeitig einem dezentralen Ansatz einem vertikalisierten Ansatz, das ist schon Herausforderung, dem sich gerade versuchen viele zu stellen, da draußen. Aber der erste Schritt überhaupt erst mal zu sagen, was biete ich dem Kunden eigentlich an? An Leistung? Warum? In welcher Kaufprozessphase und auch welcher Lebenszyklusphase? Weil er genau das dort braucht. Das ist so, dass aus meiner Sicht gerade die meisten großen Online-Retailer so Herausforderungen sehen, weil die alle versuchen, gerade mehr auszuschöpfen. Aus den Kunden rauszuholen und da dieses am Ende ist es Controlling eine riesen Rolle spielt, aber ich die Daten dafür nicht habe, wenn ich Incentives zum Beispiel nur als Content Plane irgendwo reinhänge, dann ist es schwierig das im Nachhinein zu kontrollieren. Deswegen ist das aus meiner Sicht gerade in der Branche ein großes Thema.

Tammo van Lessen: Ich dachte schon, wir kommen nicht mehr an dem Data Mesh Thema vorbei.

Dr. Frank Postel: Und AI haben wir auch noch nicht erwähnt. Das empfinde ich als letzter Podcast.

Tammo van Lessen: Wir haben, wir haben es gesagt. Ja, das Schöne an dem Data Mesh ist ja, dass es ganz gut zur Vertikalisierung und die Abgrenzung dezentral/zentral auszutarieren. Das ist ja immer dann die Herausforderung. Vielleicht steigen wir da jetzt nicht mehr so tief ein, sondern kommen zum Schluss. Genau eine letzte Frage habe ich noch an euch. Also wenn ihr noch mal in einer ähnlichen Situation wärt oder euer früheres Ich hier zuhört, was sollte man denn unbedingt tun? Oder wirklich auf gar keinen Fall?

Dr. Frank Postel: Ja, also. Ich würde es wieder so tun, wie wir es damals gemacht. Wir haben starken Partnern vertraut, wir sind Risiken eingegangen und wir haben gewusst, dass wir so wenig Wissen darüber, wie das Bild danach aussieht. Ich meine, Michael, du hast, du hast damals uns ganz häufig darauf hingewiesen, dass es ein großer Change wird. Ich konnte das damals nur technologisch ein Stück weit greifen, ehrlich gesagt. Und auch mein Kollege, mit dem wir das ja damals zusammen gemacht haben, hatte, glaube ich, nicht immer wirklich verstanden, wie tief dieser Change ist. Und darauf muss man sich einlassen. Das war auch gar nicht schlimm am Ende. Es hat uns jetzt nicht, wir haben es ja irgendwie ganz gut hingekriegt bis heute. Aber wir haben auf dem Weg halt wahnsinnig viel gelernt und uns wurde auf dem Weg immer bewusster, was Michael damals immer meinte, wie groß dieser Change ist, weil das, was wir am Ende gemacht haben, wie gesagt, einen Einfluss hatte auf, ich kann sagen wirklich auf das gesamte Unternehmen, also auch kulturell. Und es hat nicht nur eine spannende Architektur- oder Technologiediskussion, sondern es hat ja auch Einfluss auf das Unternehmen gehabt. Wir haben mussten uns ganz anders am Arbeitsmarkt positionieren. Wir sind auf Konferenzen gefahren, haben darüber geredet, haben wir früher ja nie gemacht, sind da rausgegangen, damit wir überhaupt in die Lage gekommen sind, solche Leute zu finden, die in der Lage waren, diese Architektur zu entwickeln. Ein großer Auftrag an Michael war ja auch und unser eigener Anspruch, uns in eine Situation zu bringen, dass wir das selber weiter entwickeln können. Und das hat also allein und da mal ein Beispiel zu nennen komplett verändert, wie wir über Breuninger draußen am Markt gesprochen haben, wie wir uns quasi präsentiert haben, um eben Talente zu finden. Und da kamen wir immer wieder kam große Überraschung dann hoch am Anfang gedacht, dass die technologisch in der Form so unterwegs sind und das gilt ja bis heute an der Stelle und so und ich glaube, diesen Mut und diese, ja ich sag schon fast manchmal, ein bisschen Gelassenheit zu haben, dass es schon irgendwie funktionieren wird, wenn man den Willen dazu hat und die Entscheidung konsequent für sich getroffen hat. Das finde ich eigentlich, würde ich immer wieder so machen und so geht es mir auch. Ehrlich gesagt häufig. Das ist ja nicht einmalig, sondern man steht ja immer wieder vor dieser Situation, dass man Entscheidungen treffen muss und sich auch anvertrauen muss in bestimmten Dingen, die man halt selber noch nicht kann und noch nicht durchdrungen hat. Und das finde ich eigentlich etwas, das würde ich immer wieder so machen.

Tammo van Lessen: Toll, es wäre auch total überraschend, wenn du jetzt alles anders machen wolltest.

Dr. Michael Wegener: Genau. Ich habe zwei Antworten. Einmal so auf einer philosophischen Ebene und dann auf einer handwerklichen Ebene. Philosophisch kam mir nämlich die Tage entgegengeflogen. Wie das so ist, wenn man sich gedanklich irgendwas vorbereitet. Einen Spruch von Nietzsche, der nämlich gesagt hat, wer ein „Wer sein warum kennt, kann fast jedes wie ertragen“. Und digitale Transformation ist extrem anstrengend. Es hat ja schon sehr gut geklappt, aber es war trotzdem ziemlich anstrengend. Und wenn man weiß, warum man das tut, nicht nur, was man tut, wie man es tut, sondern warum er das eigentlich tut. Und zwar ganz konkret und nicht nur High Level Strategie, sondern es muss ja jeder Mitarbeiter sofort verstehen. Dann, glaube ich, kann es schneller gehen und tut auch weniger weh. Also dass man so auf der Ebene und ich glaube, das ist dann konkrete Kommunikation greifbar machen, wo wollen wir hin? Klarer sein, das hätte, glaube ich, einiges noch beschleunigen können. Weniger Drama und auf der handwerklichen Ebene, Frank, wir haben der letzten zwei Jahren öfter darüber gesprochen. Es lief ja nicht alles rund. Wir haben zum Beispiel ein Projekt, wo es darum ging, wie man diese Stationärkompetenz Kunden draußen auf der Fläche gut zu beraten, auch auf Digital zu übertragen. Und das lief am Ende wirtschaftlich zumindest nicht so richtig gut. Und das lag auf meiner Sicht auch daran, dass wir das falsche Werkzeug damals benutzt haben. Wir haben mit der gleichen Organisation, die die Shopfläche gebaut hat, haben wir versucht, auch dieses Projekt umzusetzen. Und das hätte eigentlich in einem anderen Stream passieren müssen. Wir nutzen heute so jetzt das Horizonte-Modell, was 3 Horizonte unterscheidet, das operative Geschäft eher im Horizont eins zu betrachten und das zu optimieren und wirklich neue Themen in einem Horizont zwei oder drei Modus anzugehen. Das heißt mit anderen Methoden, mit anderen Mindsets auch teilweise. Und das wäre, glaube ich, besser gewesen. Und es gibt immer wieder diese neuen Themen und da neigt man, glaube ich dazu, die mit den Leuten zu machen, die da sind. Und man muss genau hingucken, wie dicht ist in dem, was wir heute machen und ist es weiter weg und weiter weg ist, dann muss ich in ganz anderen Modus gehen und viel stärkeren Testmodus und auch die Fähigkeiten haben Idee, die ich sehr lieb gewonnen habe, auch schnell wieder fallen zu lassen, weil sonst kann es ja teuer werden.

Tammo van Lessen: Also flexibel bleiben. Frank und Michael. Vielen Dank für eure Zeit und für die Einblicke, die wir uns geben konntet. Vielen Dank auch an die Zuhörerinnen und Zuhörer. Macht’s gut und bis zum nächsten Mal.

Dr. Frank Postel: Vielen Dank, Tammo!

Dr. Michael Wegener: Vielen Dank!