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Bootcamp Softwarearchitektur

Die iSAQB-Advanced-Prüfung

Möglichkeiten, Softwarearchitekt:in zu werden, gibt es viele. Wer sich jedoch offiziell zertifizieren lassen möchte, stößt schnell auf das Angebot des iSAQB – genauer gesagt auf die Advanced-Level-Prüfung "Certified Professional for Software Architecture". In dieser Folge des INNOQ Podcasts teilt Gerrit Beine seine Erfahrungen als langjähriger iSAQB-Prüfer und -Trainer: Was beinhaltet die Prüfung und wie läuft sie ab? Welche Voraussetzungen müssen Teilnehmende mitbringen? Was sind typische Fallstricke? Außerdem verrät Gerrit, warum er kein Fan von Musterlösungen ist und warum Nachbesserungen für ihn ein echtes Feature sind.
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Transkript

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Anja Hallo und herzlich willkommen beim INNOQ Podcast. Heute spreche ich mit Gerrit Beine über die Zertifizierung zur Softwarearchitektin und Softwarearchitekt über den iSAQB. Hallo Gerrit. Gerrit, stell dich doch mal ein wenig vor. Was ist dein Background?

Gerrit Ja, was ist mein Background? Ich habe vor gefühlt 100 Jahren mal Informatik studiert, eine Weile her. Ich habe mich dann in die Richtung Software Product Engineering vertieft und viele Jahre auch als Softwarearchitekt in verschiedensten Projekten gearbeitet. Seit 2011 bin ich jetzt beim ISAQB Mitglied und im Verein unter anderem verantwortlich für die Infrastruktur. Ich bin aber auch als Trainer aktiv und habe beispielsweise am Update des Domain Driven Design Lehrplans mitgearbeitet.

Anja Und du bist vor allem auch ein geschätzer Kollege, ein geschätzer INNOQ Kollege von mir. Du bist auch Prüfer für die Zertifizierung als Softwarearchitektin über den iSAQB und du bietest auch ein Training an für die Prüfungsvorbereitung, habe ich gesehen.

Gerrit Genau, die Trainings halte ich alle im Namen von INNOQ. Ich bin seit 2016 akkreditiert als Prüfer von den Advanced Level und habe da mittlerweile um die 250 Prüfungen begleitet als Prüfer. Vor dem Hintergrund habe ich mir dann gedacht, Leuten das ein bisschen leichter zu machen, Leute dabei zu unterstützen, wie kann man da rangehen, was eine gute Strategie ist. Da habe ich viele Jahre lang ein Meetup gemacht, einmal im Quartal. Das Feedback war so, dass ich gesagt habe, wenn das Leuten tatsächlich so hilft, dann mache ich da ein Training draus mit ein bisschen mehr Aufwand, ein bisschen durchstrukturierter als so ein Meetup da online läuft und dann schaue ich mal, ob Leute das interessiert und ob ich Leuten damit helfen kann.

Anja Ja, bei diesen Meetups war ich auch dabei oder zumindest bei einem Meetup war ich auch dabei. Das fand ich wirklich sehr interessant und hat mir auch geholfen, mir mehr vorzustellen, was so auf eine Advanced-Level-Prüfung so auf mich zukommt. Ich habe mir auch mal die Voraussetzungen angeschaut. Also, was muss man mitbringen, um so eine Prüfung anzutreten? Und wichtig ist, dass man die Foundation-Level-Prüfung bestanden hat. Das ist, glaube ich, klar.

Dann gibt es die Advanced-Level-Schulungen, die man besuchen muss. Man muss 70 Credit Points sammeln. Mit welchen Schulungen man diese 70 Credit Points allerdings sammelt, ist eigentlich egal, nicht wahr? Das heißt, ich kann mir sozusagen genau diese Schulungen raussuchen, die mich genau interessieren. Also ich bin ja eine Backend-Entwicklerin, die auch in der Cloud unterwegs ist. Das heißt, ich könnte im Grunde mir genau das zusammensuchen, was mich interessiert und die Frontend-Technologien rauslassen. Das wäre alles valide, oder?

Gerrit Ja, im Prinzip ist das so. Allerdings achten wir darauf, dass bei den Trainings nicht ganz alles rausgelassen werden kann. Es gibt drei Blöcke, in die diese Trainings einsortiert sind. Technologien, Kommunikation und Methodik.

Und man muss aus jedem dieser Blöcke mindestens zehn Credit Points sammeln. Und ein Training gibt für maximal zwei dieser Blöcke Credit Points. Beispielsweise mit Domain Driven Design. Das Training, was ich jetzt anbiete, kann jemand, der sich für die Prüfung interessiert und sagt, ich möchte diese Credit Points vor allem sammeln, im Bereich Kommunikation und Methodik Credit Points sammeln. Technologie ist bei Domain Driven Design außen vor. Da gibt es dann andere Trainings dafür. Und das ist im Prinzip das, wo wir so ein bisschen drauf achten, dass tatsächlich auch die Leute genügend in die Breite gegangen sind, wenn sie sich halt auf diesem Advanced Level als Architekten und Architektinnen zertifizieren lassen wollen.

Anja Und ich habe auch gesehen, eine der weiteren Voraussetzungen ist drei Jahre Vollzeitberufserfahrung in der IT-Branche. Da bezieht man sich auf die Mitarbeit am Entwurf und der Entwicklung von mindestens zwei unterschiedlichen IT-Systemen, aber Open-Source-Software soll wohl auch gelten.

Gerrit Also das ist tatsächlich kein hartes Kriterium, das ist eine Empfehlung, die in der Prüfungsordnung steht, das sollte man erfüllen, wenn man sich dieser Aufgabe stellen will. Das hat einfach den Hintergrund, dass ein großer Teil dessen, was man als Architektin und Architektin leisten muss, auf Erfahrung beruht, die tatsächlich sich aus unterschiedlichen Systemen extrem gut ergänzt.

Also wenn ich mehr als ein Software-System gesehen habe in meinem Leben, dann kann ich auch mit dem neuen und mit dem zehnten und elften, dem ich begegne, ganz anders umgehen und habe ganz andere Ideen. Ich kann aus einem ganz anderen Fundus schöpfen, als wenn ich vielleicht als Architekt oder Architektin nur für einen sehr, sehr schmalen Bereich verantwortlich bin.

Und von Berufswegen her in meiner Alltagspraxis gar nicht die Chance habe, so nach links und rechts zu gucken. Also da ist die Annahme, die wir jetzt im iSAQB da rein formuliert haben, dass es mir dann schwerer fällt, die Prüfung gut zu absolvieren, einfach weil ich nie die Chance hatte, bestimmte Erfahrungen zu sammeln. Das ist aber wie gesagt kein hartes Kriterium.

Es ist nur eins, das bestätigt sich so in der Empirie als Prüfer immer mal wieder, dass es Leuten, die halt sehr eng unterwegs sind, tatsächlich schwerer fällt.

Anja Okay, das ist also eher für die Prüflinge, um selbst zu entscheiden, lohnt es sich jetzt wirklich, diese Prüfung zu machen, wenn ich noch nicht diese Erfahrung habe?

Gerrit Genau.

Anja Und wozu mache ich denn jetzt eigentlich diese Prüfung als Software-Architektin überhaupt? Was bringt mir das am Ende?

Gerrit Ja, da gibt es sehr unterschiedliche Gründe. Einmal den Leute wollen formales Zertifikat haben. Was ich aber sehr sehr oft als Feedback bekomme, ist gerade aus diesem Prüfungsverfahren heraus, dass Leute sagen, ich habe da noch mal extrem viel gelernt. Ich habe noch mal die Chance gehabt, mich wirklich an einem Entwurf von einem kompletten Softwaresystem selbst zu versuchen, was ich vielleicht im Alltag nie habe, weil ich da im Kontext unterwegs bin, wo Software halt fertig ist, die einfach weiterentwickelt wird.

Und ich hatte halt die Gelegenheit, das mal komplett zu machen. Und was dann halt auch häufig als Feedback kommt, ist, dass die Aufgabenstellung halt einfach spannend ist und man sich da auch ausprobieren kann. Das ist mal was, da kann man sich auch mal in Technologien reindenken, reinwühlen.

Ja, viele probieren das dann tatsächlich auch mal prototypisch aus, was sie da an der Aufgabenstellung haben, implementieren Teile davon und sagen halt, ja, das ist eine Chance, Dinge zu lernen, für die ansonsten im Alltag kaum Zeit besteht. Und ja, also ich persönlich finde diesen Lernteil an dieser Prüfung eigentlich das Wichtigste und das Interessanteste und ja, dass es am Ende ein Zertifikat gibt, ist für manche Leute hilfreich und andere, die hängen sich einfach nur an die Wand und freuen sich drüber.

Anja Ja, es ist aber auch die Möglichkeit, genau wie du gesagt hast, sich darüber zu freuen, dass man auch das erreicht hat. Also man hat sich selber getestet, auf die selbst, auf die Probe gestellt und kann dann mit Stolz behaupten, ja, anscheinend bin ich tatsächlich eine gute Softwarearchitektin, weil ich habe diese Prüfung gemacht und die bestätigt mir das.

Gerrit Genau, es ist eine Leistung, die man dafür gebracht hat und die ist auch anerkennenswert. Von daher sehe ich auch einen Wert in diesem Zertifikat.

Anja Und wie läuft so eine Prüfung denn genauer ab? Also ich weiß, man bekommt zwei Aufgaben. Ich kann mir aussuchen, welche Aufgabe ich davon machen möchte und was passiert dann.

Gerrit Ja, dann muss ich eine tatsächlich erfüllen von diesen Aufgaben. Also prinzipiell ist es so, wenn man halt seine ganzen Credit Points gesammelt hat und die ganzen formalen Sachen erledigt hat, kann man sich bei einem Zertifizierungsinstitut für diese Prüfung anmelden. Dann kann man sagen, in welchem inhaltlichen Bereich man so gehen möchte. Informationssysteme, Websysteme, Embedded Systems sind so die drei Bereiche, die da angeboten werden.

Und dann bekommt man von diesem Zertifizierungsinstitut, wie du es gesagt hast, die beiden Aufgaben zur Verfügung gestellt, kann sich für eine entscheiden. Und für die man sich entschieden hat, für die hat man dann drei Monate Zeit, eine Lösung zu erarbeiten.

Da ist man nicht ganz auf sich allein gestellt. Man kann jederzeit Fragen an die bis zu dem Zeit noch unbekannten Prüfer stellen. Die werden zugelost von den Zertifizierungsinstituten und die Kommunikation läuft auch immer über die Zertifizierungsinstitute, sodass das Prüfungsverfahren anonym ist. Also als Prüfer weiß ich nicht, wen ich prüfe bis zum Schluss, dann erfahre ich es. Und ja, also da hat man dann, wie gesagt, diese drei Monate Zeit. Da sollte man sich sinnvoll und gut einteilen. Das ist nicht ganz ohne.

Anja Ich habe von einer Daumenregel gehört bei uns bei INNOQ, also wer die Advanced Level Prüfung machen möchte, da sagt man immer so, ja, Pima Daumen, so zwei Wochen solltest du die Zeit nehmen und das ist dann schon eine Vollzeitarbeit für diese zwei Wochen. Ist das so korrekt?

Gerrit Ja, kann man sagen. Also das, womit man mindestens rechnen sollte, sind 40 Stunden, die man investiert. Die meisten Leute kommen so auf 60 Stunden. Manche investieren auch nochmal viel, viel mehr. Das ist dann so ein bisschen die Frage, wie tief sie sich halt in einzelne Details reinarbeiten. Aber so zwei Wochen ist, glaube ich, eine ganz gute, also zwei Wochen Vollzeit ist eine ganz gute Größenordnung.

Anja Okay, also damit kommt man auf jeden Fall hin.

Gerrit Also damit kann man eine gute Arbeit erreichen, eine gute Lösung dieser Arbeit erreichen und hat eine gute Chance diese Prüfung zu bestehen. Ich würde es allerdings nicht nur an der Zeit festmachen, also wir gucken durchaus auch auf den Inhalt.

Anja Natürlich, natürlich. Aber es ist ja schon wichtig herauszufinden, okay, wenn ich diese Prüfung jetzt annehme, muss ich wirklich die drei Monate wirklich darin investieren, also wirklich Vollzeit investieren oder reicht es, wenn ich mir halt Urlaub nehme oder eben mir Zeit frei schaufle für eben zwei Wochen, um das dann abzuarbeiten.

Gerrit Genau, also wie gesagt, so vom Zeitvolumen her sind es die zwei Wochen. Es kommt ein bisschen darauf an, wie man sich es einteilt. Also einige Leute machen das, was du gerade gesagt hast. Die nehmen sich dafür frei. Manche lassen sich vom Arbeitgeber dafür freistellen. Manche nehmen Urlaub, je nachdem, wie die persönliche Situation da ist. Und was sich deutlich zeigt, ist, dass Leute, die die Arbeit am Stück machen, deutlich weniger Zeit brauchen als Leute, die das wirklich so über diese drei Monate so hinziehen, immer nur am Wochenende oder sowas. Das ist so dieser typische Rüstzeiteffekt. Also ich muss mich halt immer wieder reindenken, wo war ich, was habe ich alles schon gemacht und so. Das merkt man dann schon. Und ja, das wäre auch so eine Empfehlung, die ich geben würde, dass man da irgendwie sagt, als Strategie versuche ich, das en bloc zu machen und habe dann vielleicht irgendwie noch hinten raus ein bisschen Zeit und Korrektur lesen, dann kann man die auch mal in der Woche liegen lassen und dann noch mal drüber lesen, dann findet man die ganzen Fehler, die man so gemacht hat.

Anja Okay. Und genau, was passiert dann, wenn ich meine Lösung abgegeben habe?

Gerrit Wenn du die Lösung abgegeben hast, bei diesem Zertifizierungsinstitut bekommen die Prüfer, die dann zugelost sind, deine Lösung, inklusive der Aufgabenstellung, und haben ihrerseits eine Monat Zeit, eine Bewertung abzugeben. Da müssen sie sich halt eine Lösung durchlesen, anschauen und einen Gutachten schreiben. Und dafür haben die so eine Handreichung, wo ein paar Kriterien dranstehen für die Aufgabenstellung, wie bestimmte Aspekte zu bewerten sind, welche Aspekte definitiv erfüllt sein müssen, welche Aspekte so ein nice to have sind, wo man dann die guten von den sehr guten nochmal abgrenzen kann. Ja, und dann nach einem Monat, also vier Wochen Zeit, die man da hat, müssen wir als Prüfer und Prüferin das Gutachten halt zurück schicken mit einer Empfehlung, ob der Kandidat oder die Kandidatin dann zu einem Interview zugelassen wird oder ob es eine Nachbesserung gibt. Und wenn die Empfehlung ist, wird zu einem Interview zugelassen, dann wird ein Termin vereinbart und es gibt in der Regel so eine Zoom-Konferenz oder sowas, wo man sich dann tatsächlich auch sieht. Also da ist dann die Anonymität aufgehoben in dem Moment und dann wird ein Prüfungsgespräch durchgeführt. Das ist jetzt anders als an der Uni oder so, eher ein Gespräch unter Gleichen. Also da geht es jetzt nicht darum, so zu betonen, die einen sind Prüfer andere Person ist Prüfling, sondern da geht es eher darum, anhand dessen, was so ein Feedback in den Gutachten stand, mal zu diskutieren, wie kann man denn auf bestimmte Dinge anders eingehen, welche Alternativen gibt es, warum hat sich der Mensch so oder so entschieden, was waren die Überlegungen, was dann auch oft interessant ist, ist so mal drüber zu diskutieren, wenn du die Architektur bauen würdest, jetzt mit dem Abstand von manchmal vier Monaten, würdest du sie immer noch so bauen und das ist dann ganz spannend, so ein Gespräch zu führen.

Anja Du hattest gerade gesagt, das Gespräch findet statt auf Basis des Feedbacks. Das bedeutet, ich kann mich dann schon auf dieses Interview vorbereiten, weil ich habe das Feedback vorher bekommen und kann mir dann Gedanken machen, wie ich das in dem Gespräch besser rüberbringen kann.

Gerrit Ja, auf jeden Fall. Also die Zertifizierungsinstitute schicken die Gutachten der beiden Prüfer an den Prüfling. Und man hat dann im Prinzip das Feedback der Prüfer und Prüferinnen vorliegen. Die Strategien sind alle ein bisschen unterschiedlich. Ich handhabe das so, dass ich beispielsweise Fragen, die ich fürs Interview habe, in das Gutachten schon mit reinschreibe.

Sodass der Mensch die Chance hat, sich da auch drauf vorzubereiten. Wird unterschiedlich ernst genommen, wie das halt so ist. Manche Leute, die machen dann extra noch mal Diagramme und überarbeiten ihre Lösung noch mal mit sehr, sehr viel Aufwand auch. Andere habe ich auch schon erlebt, ignorieren das Gutachten einfach. Und sagen, mir reicht es, wenn ich weiß, dass ich zu Prüfungsgesprächen kann.

Anja Ja, wenn das sonst immer klappt, dann passt das ja auch. Du hattest gesagt, in manchen Fällen kann es auch zu einer Nachbesserung kommen. Welche Fehler führen denn dazu, dass ich dir nochmal nachbessern darf?

Gerrit Da gibt es ganz verschiedene Gründe, warum so eine Arbeit nachgebessert werden müsste. Also zunächst mal, diese Nachbesserung ist freiwillig. Das ist jetzt nichts, was passieren muss. Da können sich die Leute entscheiden, ob sie es sein lassen. Die meisten nutzen aber diese Gelegenheit zur Nachbesserung. Das ist meistens dann der Fall, wenn entweder methodische Fehler gemacht worden sind, dass man sagt, so kann man an das Problem nicht rangehen. Das ist auch manchmal der Fall, wenn manche Leute so handwerkliche Fehler gemacht haben. Also was regelmäßig passiert ist beispielsweise, dass Qualitätsanforderungen und Qualitätsszenarien verwechselt werden, weil Qualitätsszenarien im Alltag halt relativ selten benutzt werden, verwechseln das viele. Und das sind dann häufig so Punkte, die man dann mit entsprechender Handreichung und dem Feedback durch die Prüfer:innen dann nachbessern kann und dann hat man eine zweite Gelegenheit.

Da hat man dann nicht mehr drei Monate Zeit, sondern ich glaube es sind zwei Monate, die man da Zeit hat. Und dann reicht man halt die entsprechende Nachbesserung ein und bekommt auch nochmal Feedback dazu.

Anja Und was ist, wenn ich diese Nachbesserung ablehne, aus irgendwelchen Gründen auch immer? Heißt das dann, dass ich dann durchgefallen bin?

Gerrit Dann hast du halt, also durchgefallen nicht in dem Sinne, du kriegst keine Mitteilung, dass du durchgefallen bist. Du steigst halt aus dem Prüfungsprozess aus, ohne Ergebnis. Das ist dann halt die Konsequenz.

Anja Ja gut, also man möchte nachbessern, wenn es dazu kommt, dass es einem angeboten wird.

Gerrit In der Regel ja. Also, wie gesagt, das Nachbessern ist ja tatsächlich auch eine Chance mit Feedback von zwei unterschiedlichen Leuten, die ja auch mit zwei unterschiedlichen Erfahrungshorizonten da drauf gucken, nochmal sich der Aufgabenstellung zu nähern und zu sagen, okay, Ich nutze jetzt dieses Feedback, um da nochmal eine Lernschleife zu drehen. Und tatsächlich ist das auch das, was die Leute, die die Nachbesserung machen, in der Regel sagen, dass ihnen da nochmal jede Menge Lichter aufgegangen sind, wie sie an Sachen rangehen können und wie sie Sachen lösen sollten als Architekten und Architektinnen. Also das Feedback zu den Nachbesserungen ist in der Regel sehr, sehr gut.

Anja Ich bin selbst Trainerin für das Advanced Level Modul CLOUDINFRA und FLEX und während des Trainings oder spätestens danach, wenn es sozusagen nett ausläuft und man sonst noch sich unterhält über Herausforderungen, die man so im alltäglichen, bei der alltäglichen Arbeit hat, dann kommen auch meistens die Teilnehmenden mit den Fragen: Ach, übrigens, ich möchte auch diese Advanced Level Prüfung abhalten. Wie läuft denn das ab?

Ich bin froh, dass du da bist, denn ich kann dir jetzt die Fragen stellen, die die Teilnehmenden mir dann stellen und ich druckse rum, aber du bist ja der Experte. Also, wie sieht das aus? Woher weiß ich, welche gelernten Methoden oder Technologien, die ich so genau in dieser Schulung dann lerne, wann ich die in der Prüfung anwenden muss? Oder ob ich die anwenden muss?

Gerrit Das erschließt sich in der Regel aus diesen Aufgabenstellungen. Die sind ausreichend klar, dass ich mich dafür entscheiden kann, eine bestimmte Technologie oder Methodik einzusetzen. Was üblicherweise nicht drin steht, ist sowas wie lösen Sie das mit Domain Driven Design oder lösen Sie das mit einer Cloud-Architektur. Sowas steht in den Aufgabenstellungen nicht drin, aber es stehen Anforderungen drin, was die Softwarelösung, die dazu entwerfen ist, leisten soll. Und jetzt kann ich mir halt als Architekt überlegen, naja, wenn ich diese Art von Software bauen soll, die das können soll, was ist denn eine geeignete Herangehensweise, Vorgehensweise und kann über diesen Weg die Methodik auswählen. Und aus Sicht von uns Prüfern und Prüferinnen ist es tatsächlich auch egal, mit welcher Methodik da jemand ran geht.

Das, was uns interessiert ist, ist diese Methodik bewusst ausgewählt. Also kann der Mensch begründen, warum er oder sie mit der Domain-Driven-Design beispielsweise an der Aufgabenstellung rangeht. Oder warum er oder sie lieber einen Desktop-Monolithen baut als eine Web-Anwendung mit Cloud-Architektur. Und wenn das sinnvoll begründet ist, dann ist es auch okay. Weil so funktioniert halt Softwareentwicklung. Da gibt es nicht diesen Silver Bullet. Dann löst sich alles. Man muss sich überlegen, was passt.

Anja Genau, das wäre auch meine nächste Frage gewesen. Also die Teilnehmenden haben halt dann diese Cloud-Infrastrukturen und flexible Architektur in Architekturschulungen besucht und dann werden halt Konzepte vorgestellt wie Microservices und der Betrieb in der Cloud und so weiter. Man möchte das ja dann auch anwenden, was man da gelernt hat. Das heißt, es ist vollkommen in Ordnung, auch das, was man gelernt hat, anzuwenden, solange man es gut begründen kann.

Gerrit Genau. Und es gibt Aufgabenstellungen, da ist es naheliegend, irgendwie mit Microservices zu arbeiten, weil es einfach thematisch passt zu den Anforderungen und andere, wo das überhaupt nicht funktionieren würde. Also es absurd wäre, mit Microservices auf diese Lösung loszugehen. Aber deshalb bekommen die Leute ja auch mehr als eine Aufgabenstellung zur Auswahl und können sich dann entscheiden, in welche Richtung sie gerne gehen möchten.

Also das ist vom Prüfungsverfahren her so angelegt, dass die Leute tatsächlich eine Chance haben, so ein bisschen auch nach ihren Interessen zu gehen und nach dem, wo sie sagen, ja, ich möchte es mal ausprobieren. Die Begründungen für die Auswahl sind dann oft unterschiedlich. Die einen sagen, ja, habe ich nie die Gelegenheit, das zu machen, wollte ich jetzt hier in der Prüfung einfach mal ausprobieren. Und die anderen sagen, das mache ich den ganzen Tag. Das ist das, was mir am leichtesten fällt. Deswegen bin ich den Weg gegangen und habe mich für die Aufgabenstellung entschieden.

Und habe das dann auch mit den Mitteln gelernt, die ich aus meiner Berufspraxis her kenne. Also, wie gesagt, da ist die Prüfung selbst offen und macht keine Vorgaben oder Vorschriften.

Anja Wie sieht es jetzt mit der Tool-Auswahl aus? Ist auch Teil des Architekturentwurfs, welches da abgeben kann, für welchen konkreten Cloud-Anbieter ich mich entscheide oder für welchen konkreten Vendor für eine bestimmte Software ich mich entscheide, wenn ich Software einkaufe? Ist diese Anbieterauswahl auch Teil der Prüfung?

Gerrit Das kommt darauf an, wie weit ich in dem Softwarearchitekturentwurf gehen möchte. Also es gibt Prüflinge, die machen das. Also ich hatte schon arbeiten gehabt, da hat sich jemand tatsächlich die Mühe gemacht und hat die Preisstrukturen von Microsoft Azure und Amazon Web Services verglichen. Anhand der Anforderungen, die da in der Aufgabe standen. Und das ist jetzt erstmal was, wo ich sage: Das ist halt seine oder ihre Strategie gewesen, mit dieser Aufgabenstellung umzugehen, um zu einer Entscheidung zu kommen. Gehe ich diesen Weg oder gehe ich halt einen anderen Weg? An sich sind die Aufgabenstellungen aber, was Technologien angeht, agnostisch. Also da gibt es keine, wie die ganze ISAQB-Ausbildung ja auch, Technologie agnostisch ist, gibt es keine Amazon Web Services Abhängigkeiten in Aufgabenstellungen oder sowas. Programmiersprachen sind relativ, also nicht relativ, Programmiersprachen sind eigentlich egal. Da können die Leute sich raussuchen, was sie benutzen und entsprechend auch Frameworks und der ganze Technologie Stack. Was uns interessiert ist, dass es halt eine plausible Begründung dafür gibt. Was es dann am Ende ist, das ist uns eigentlich egal, solange es plausibel gemacht werden kann, dass es wirklich die Anforderungen erfüllt. Ja, auf jeden Fall.

Anja Ja, das hört sich doch schon mal gut an. Ich glaube, da wird dem einen und der anderen ein Stein vom Herzen fallen, dass man dann doch so flexibel ist mit dem, was man dann da designen darf.

Gerrit Ja, auf jeden Fall.

Anja Was sind denn so die typischen Fallstricke, die man beachten muss? Also welche Fehler werden denn häufig gemacht?

Gerrit Da muss ich jetzt wirklich aufpassen, dass ich nicht Geheimnisse verrat. Es gibt ein paar Fehler, deswegen hatte ich auch dieses Training angefangen, die tatsächlich Leuten häufig passieren. Das erste, was unbequem ist, das ist die Chance zu verpassen, über die Stakeholder nachzudenken, für die man das Dokument schreibt. Und wir haben das mittlerweile auch in die Prüfungsordnung mit aufgenommen, dass man halt kein arc42 abgibt, das ja einen völlig anderen Zweck erfüllt als eine Prüfung bewertet zu werden. Das ist was, das passiert trotzdem hin und wieder mal, dass halt jemand sagt, okay, ich habe jetzt hier irgendwie so ein Architekturdokumentations-Template und das fülle ich jetzt aus und das gebe ich dann ab. Und das, was da ganz oft passiert, deshalb wir halt auch sagen, das sollte man möglichst nicht tun, ist, dass Aspekte der Aufgabenstellung übersehen werden. Denn was in diesen Templates halt nicht drin ist, das ist quasi so der Pfad, wie komme ich denn zu meiner Lösung? Also ich habe da zwar sowas drin wie Architekturentscheidungen oder sowas, aber wie komme ich da hin zu der Entscheidung? Was ist der Weg? Das ist da halt nicht mit drin.

Und das ist aber was eigentlich bei allen Aufgabenstellungen ein Kriterium ist. Nachdem wir Prüfer und Prüferinnen schauen, hat der Mensch das plausibel hergeleitet, wie diese Entscheidung zustande gekommen ist. Das ist ein Beispiel mal.

Anja Ich würde schon gerne arc42 für eine Prüfung verwenden, aber ich muss aufpassen, dass ich nicht einfach nur diese Dokumentation an sich abgebe, sondern sie nur sozusagen als Grundlage verwende, um meine Prüfung sinnvoll zu strukturieren.

Gerrit Also, lass es mich so formulieren. Wir haben ja im iSAQB so eine Perspektive auf die Rolle von Architekten und Architektinnen. Und mit dieser Perspektive gehen so Aufgabenbereiche einher. Und die Prüfung führt die Prüflinge eigentlich an all diesen Aufgabenbereichen vorbei. Und ich kann jetzt als Prüfling entscheiden, zeige ich jetzt, dass ich in diesen Aufgabenbereichen fähig bin, die Rolle zu erfüllen, oder bringe ich noch die Zusatzleistung, die Artefakte, die dabei entstehen, in dieses strukturierte Template, die arc42, zu überführen.

Und was ich halt sehe ist, das kostet zum einen mehr Zeit, das zu machen. Und es ist halt nicht im Sinne oder in der Charakteristik, wie diese Prüfung eigentlich die Leute betrachten möchte.

Sondern es ist, also dieses Template, ich benutze es in der Praxis ja auch, aber es erfüllt einfach einen anderen Zweck für Dokumentation und ich sag dann immer, wenn so was passiert, wir haben ja im Foundation Level einen Punkt, so Stakeholdergerechte Dokumentation, was ist der Zweck meiner Dokumentation und das gehört halt mit dazu, da auch zu sagen, okay, also das Architektur Template passt jetzt für die Situation halt nicht.

Anja Ja, okay, verstanden. Gut, andere Fallstrecke, die ich beachten muss.

Gerrit Ja, was gibt es sonst noch? Also was auch immer mal wieder passiert ist, dass die Leute so Konsistenz aus den Augen verlieren. Das ist zum einen häufig ein Indikator, wenn die Leute diese Arbeit tatsächlich über die ganzen drei Monate strecken und immer nur so punktuell dran arbeiten, dann wird das Bewahren von Konsistenz richtig, richtig schwer.

Manche kriegen es trotzdem hin, aber in der Regel ist das ein Zeichen dafür, dass das halt so fragmentarisch gearbeitet wurde. Da ist die Empfehlung tatsächlich einfach zu schauen, dass man sich in irgendeiner Form die Arbeit so strukturiert, dass am Ende das, was man an Annahmen getroffen hat, wie man zu Beginn losgelaufen ist, dass das wirklich zu den Entwürfen passt, die man im Laufe der Zeit macht und auch zu dem, wie man am Schluss das Ganze mal zusammenfasst und möglicherweise auch bewertet und nochmal auf Risiken oder so was hinweist. Also, dieses Bewahren von Konsistenz ist in der Arbeit sehr, sehr wichtig.

Das ist ja auch in Architektur, in der Praxis wichtig, dass die konsistent ist und zusammenpasst. Und das ist etwas, was tatsächlich einige Leute aus dem Blick verlieren. Manche verlieren sich in Details fangen dann an, was weiß ich, so was wie 13 Seiten OpenAPI-Spec zu schreiben, die ich auf der Architektur-Ebene aber gar nicht sehen will. Die brauche ich da einfach nicht. Das ist zwar alles richtig und gut, und die Leute können das auch, aber das ist beispielsweise jetzt nichts, was uns da zwangsläufig hilft. Und wie der andere, wie gesagt, die haben das Problem, sich nach drei Monaten noch zu erinnern, was habe ich denn vor drei Monaten gedacht, als ich das so und so benannt habe. Und dann entstehen auf diese Weise Inkonsistenzen.

Anja Okay, das heißt, diese Fallsträge können dazu führen, dass man die Prüfung nicht besteht.

Gerrit Also erstmal, dass man eine Nachbesserung machen muss. Das nicht bestehen ist ja tatsächlich nur, wenn die Nachbesserung auch nicht reicht. Also nicht bestehen heißt ja an der Stelle, ich habe meine Arbeit abgegeben, die Gutachter und Prüfer und Prüferinnen fanden das nicht ausreichend, um das Interview zu machen, dann gab es eine Nachbesserung. Und auch wenn diese Nachbesserung entweder als Dokument schon nicht ausreicht anhand der Kriterien oder wenn sich im Interview zu dieser Nachbesserung ergibt, das passt nicht, das geht nicht, dann ist man quasi durch diese Prüfung durchgefallen.

Anja Okay, das heißt, zu keiner Zeit muss man sich Gedanken machen, dass man sofort rausfliegt, sobald man die Lösung abgegeben hat, weil sie doch nicht den Anforderungen entsprochen hat. Man hat immer noch die Möglichkeit, ja, wie du sagst, der Nachbesserung.

Gerrit Genau.

Anja Okay, der Druck verringert sich langsam. Also je länger wir reden, desto mehr verringert sich der Druck.

Gerrit Ich hatte tatsächlich auch schon Leute gehabt, die haben gesagt, sie haben das mit der Nachbesserung ganz bewusst gemacht, einfach um diese Feedback-Schleife zu haben, weil das der Hebel ist, mit dem sie am meisten lernen können. Wie gesagt, das ist eine Entscheidung, die halt jeder und jede für sich treffen muss, wie man damit umgeht.

Anja Wie du weißt, befinden wir uns jetzt im Zeitalter der generativen AI, beeinflusst dich das als Prüfer in irgendeiner Art und Weise. Ich weiß, du bist auch Dozent an der Universität, also mich würde das schon beeinflussen, weil ich dann Aufgaben anders stellen muss, weil ich nicht mehr darauf hoffen kann, dass alles, was abgegeben wird, auch wirklich von der Person stammt oder wirklich kritisch betrachtet wurde oder wirklich kritisch sich damit auseinandergesetzt wurde, was man da selbst abgibt. Wie beeinflusst diese technische Möglichkeit deine Arbeit als Prüfer?

Gerrit Also aus zwei Richtungen. Das eine ist, ich sehe die Möglichkeit das zu nutzen tatsächlich relativ entspannt, weil wenn jemand in der Lage ist, ein Prompt für so eine generative AI zu formulieren, wo eine brauchbare Lösung dabei rauskommt und der Mensch dann auch noch in der Lage ist zu bewerten und einzuschätzen, wie er oder sie mit diesem Ergebnis umgehen muss, damit am Ende wirklich die Aufgabenstellung gelöst ist, dann ist mir das ehrlich gesagt völlig egal, ob der da mit AI zu diesem Ergebnis kommt oder nicht, weil der Mensch muss das Problem verstanden haben und er braucht auch die Bewertungskompetenz, um zu sagen, dass was mehr ChatGPT beispielsweise da ausspuckt, damit kann ich arbeiten oder ich muss es verwerfen, weil es Unsinn ist. Also das ist, früher haben sie gesagt, Google Kompetenz, wenn du noch irgendwie bei Stack Overflow was suchen willst, musst du auch ein Händchen dafür haben, das Richtige zu finden und genauso kann ich auch auf diese AI da drauf schauen.

Also das ist erstmal so das Prinzipielle, wie ich diese Tools einschätze und betrachte. Und die andere Perspektive ist halt zu sagen, es gibt Aspekte in den Aufgabenstellungen, die verschwinden bei uns so sukzessive, wie wir halt die Aufgabenstellung überarbeiten, wo heute ChatGPT auch ohne, dass ich viel drüber nachdenken muss, mir eine Lösung anbieten kann. Und das sind Dinge, die sind halt dann in der Bewertung nicht mehr mit so einem Gewicht versehen, wie die Sachen, wo ich wirklich zeigen muss, dass ich methodisch was kann. Weil der methodische Architekturentwurf, das ist halt tatsächlich was, also da hat mir bisher noch keiner zeigen können, dass eine generative AI da auch nur ansatzweise in die Richtung kommt, was Menschen tatsächlich leisten können.

Anja Hast du da Beispiele, was jetzt rausfliegt, was ihr nicht mehr als Anforderungen erhebt?

Gerrit Es ist jetzt schwierig, da Beispiele zu nennen, weil es sind unter Umständen noch Leute in Prüfungsverfahren. Deswegen würde ich mich da jetzt ein bisschen zurückhalten. Aber ich sage es mal so, alles, was sich in irgendeiner Form mit Listen beschäftigt, wo es in irgendeiner Form darum geht, ich habe Sachen, die ich zitieren kann von anderen Quellen oder sowas, das sind Aspekte, da macht es keinen Sinn mehr, die zu prüfen, in so einer Art von Prüfung. Das sind Dinge, die fragen wir dann beispielsweise im Interview, wo halt die Person wirklich zeigen muss, dass sie es verstanden hat, was da im Text steht.

Aber das sind jetzt keine Sachen, wo ich es noch für sinnvoll halte, die schriftlich oder in der schriftlichen Ausarbeitung zu prüfen. Und wie gesagt, sukzessive werden solche Aspekte aus diesen Aufgabenstellungen verschwinden, weil das macht halt keinen Sinn mehr. Aber ich persönlich würde jetzt sagen, ob da jemand diese Tools verwendet oder nicht, spielt am Ende auch keine Rolle. Das sind Werkzeuge, wie alle anderen auch. Ich muss mit denen umgehen können.

Anja Ja. Ja, sehe ich genauso. Gut. Ich habe auf der Webseite des iSAQB gesehen, dass es auch eine Musteraufgabe gibt. Darin heißt es, entwerfen Sie ein System für den kompletten Prozess der elektronischen Spesen-Abrechnung. Das ist schon mal sehr trocken, aber bestimmt auch interessant, dieses Problem zu lösen. Diese Aufgabe ist gestellt anhand einer Fallstudie. Man hat einen Fachklassendiagramm fachlichen und technischen Kontext. Das ist also eine wirklich sehr detaillierte Musteraufgabe, die da beschrieben wird. Aber ich habe keine Beispiellösung gefunden. Warum nicht?

Gerrit Weil es für Softwarearchitekturen in dem Sinn keine Beispiellösungen gibt. Das Problem solcher Beispiellösungen ist, die werden dann im Sinne von Musterlösungen verwendet und dann fangen Leute an, das so sukzessive nachzubauen, wie es in dieser Musterlösung beschrieben ist und das ist fatal.

Also, dann können wir wirklich ChatGPT die Architektur entwerfen lassen, wenn wir die Musterlösung ausgeben. Sondern es kommt ja wirklich darauf an, dass die Leute ihr Know-how, ihre Erfahrung einbringen in diese Lösung und zeigen, wie würden Sie denn diese Architektur bauen. Das ist ja das, woran man was lernt. Und so eine Musterlösung dann, würde die existieren, würden Leute die halt einfach nachbauen und damit würde im Prinzip diese Charakteristik der Prüfung ein Stück weit verloren gehen. Ich handhabe es beispielsweise in meinen Trainings auch so, ich gebe keine Musterlösungen raus, sondern ich lasse die Leute, die bei mir im Training sind anhand von Fallstudien, Lösungen erschaffen und dann diskutieren wir in unterschiedlichen Gruppen drüber, was ist denn jetzt die Lösung, was sind die Vorteile der einen, die Vorteile der anderen Lösung, was sind die Nachteile, die wir identifizieren können.

Und da lernen die Leute mehr dabei, als eine Musterlösung zu diskutieren. Weil die auch zwangsläufig Nachteile hat.

Anja Ich lerne dabei auch als Trainerin sehr viel von den Leuten, die dann teilnehmen auf jeden Fall. Gut. Du hattest ja oder wir hatten ja schon am Anfang erwähnt, dass du auch ein Training für die Vorbereitung zu dieser Prüfung anbietest. Was machst du denn im Training mit den Teilnehmenden, was wir jetzt noch nicht besprochen haben?

Gerrit Da üben wir mal einige von diesen Fallstricken und ich gebe Feedback, wie ich es halt aus der Prüferperspektive geben würde. Das ist ein bisschen was anderes als ich es beispielsweise in meinen normalen Trainings als Trainer mache, wo es darum geht was zu lernen, sondern da machen wir das wirklich aus einer Perspektive von ich muss es bewerten, ob das was taugt und ich muss ja dann am Ende im Prinzip ein Urteil über einen Mensch sprechen, was ich finde, was eine sehr sehr heikler Geschichte ist.

Für manche Menschen hängt da ja auch Karriere oder sowas dran. Prüfung, da gibt es die unterschiedlichsten Modelle, warum sich Leute dieser Aufgabe stellen. Und deswegen bin ich da sehr, sehr, sehr, sehr vorsichtig, was das angeht. Und ich will in dem Training den Leuten halt die Chance geben, mal zu hören und zu verstehen, wie ist die Perspektive dieses Stakeholders, Prüfer, den ich im Alltag ja in der Regel nicht begegne. Wenn ich als Architekt oder Architektin beruflich tätig bin, gibt es den nicht. Da habe ich zwar ganz viele andere, aber mit der Brille guckt da halt niemand drauf.

Und das ist was, was wir dann in diesem Training ausprobieren. Also wie zeige ich als Architekt oder Architektin, dass ich diese sechs Aufgabenbereiche, die der iSAQB so beschrieben hat, dass ich denen gewachsen bin, dass ich die erfüllen kann, ohne mich in Details zu verlieren und ohne, dass ich irgendwie zu weit weggehe von der echten Lösung, die ich da dann herstellen soll in der Aufgabenstellung.

Anja Vielen Dank, Gerrit, für dieses Gespräch. Ich habe einiges gelernt. Ich bin viel ruhiger geworden. Ich habe ja diese Prüfung selbst noch nicht gemacht. Ich habe es immer von mir her geschoben, weil ich auch es sehr spannend finde, diese Herausforderungen anzunehmen. Und jetzt bin ich auf jeden Fall sehr viel ruhiger. Vielen Dank.

Gerrit Gerne, ja, hat mich gefreut.

Anja Tschüss.

Gerrit Danke, tschüss.

Senior Consultant

Anja Kammer is a Senior Consultant at INNOQ and supports companies on their journey to the cloud. In addition to providing advice on development processes and platforms, she develops cloud-native web applications in cross-functional teams. She is also an accredited trainer and co-curator for the iSAQB Advanced Level module CLOUDINFRA.

Senior Consultant

Gerrit has been working in IT since 1998 and with agile methods since 2001. He likes to build bridges between software architecture and organisations.