Podcast

Digital Sovereignty

Für mehr Kreativität und Diversität im Web

E-Mails, Websites, File-Storage: Geht das überhaupt ohne Google, Amazon & Co? Lucas und Tim sind sich einig: Ja, das geht. Gemeinsam diskutieren sie Möglichkeiten und Wege, um Digital Sovereignty im Web zu erreichen – und plädieren damit ganz nebenbei für mehr Mut, Kreativität und Diversität im Netz.
Weitere Episoden anhören

Shownotes & Links

Transkript

Transkript ausklappen / einklappen

Lucas Dohmen: Hallo und herzlich Willkommen zu einer neuen Folge des INNOQ Podcast! Heute sprechen wir über ‚digital sovereignity‘ und da habe ich mir den Tim eingeladen. Hallo Tim!

Tim Rauhut: Hallo Lucas!

Lucas Dohmen: Ja, der Tim der ist auch ein Senior Consultant bei INNOQ und den beschäftigt das Thema digital sovereignity schon was länger. Ähnlich wie bei mir, deswegen wollen wir uns heute mal ein bisschen dazu austauschen und mal hören, was wir da so für Erfahrungen gemacht haben. Aber bevor wir das machen, müssen wir erstmal uns vielleicht auf das Thema zuarbeiten und da fangen wir vielleicht mal mit der Geschichte an vom Web, wie es sich entwickelt hat und was uns beiden daran vielleicht nicht ganz so gut gefällt.

Tim Rauhut: Genau, also ist ja auf jeden Fall ein sehr spannendes Thema, was mich auch gerade so die letzten zwei/drei Jahre ziemlich beschäftig und genau. Also eigentlich muss man überlegen wo das Web quasi herkam finde ich immer. Ist ja eigentlich ein Uniprojekt gewesen damals aus den USA, was dann so ein bisschen auch vielleicht militärisch gekapert wurde, aber die ersten Finanzierungen waren ja einfach auch vom Militär. Und eigentlich ging es ja darum erstmal Informationen auszutauschen zwischen Universitäten. Und das ging dann irgendwie mal los mit zwei Universitäten, die daran beteiligt waren und dann wurden ja quasi die Knoten aufgebaut und immer mehr Universitäten haben sich da dran beteiligt und haben das ganze Netz eigentlich aufgesponnen. Also sozusagen das Spinnennetz. Und so ging es dann eigentlich mal irgendwie los. Also eigentlich ging es darum Informationen auszutauschen und Rechenleistung zu nutzen von anderen Universitäten. Also wenn ich irgendwelche Berechnungen hatte für irgendwelche Mathe Operationen, wo mir einfach die Rechenkapazität gefehlt hat, konnte ich mich quasi, keine Ahnung, mich in Stanford anmelden und konnte dann die Berechnung da drüber ausführen über deren Rechner. Alles remote und war da damals auch eine große Sache. Heutzutage ist das ja alles Standard.

Lucas Dohmen: Ja.

Tim Rauhut: Habe ich meine Fritz Box in dem Hausflur liegen, die eingestaubt ist und irgendwie funktioniert das ja alles. Und da muss ich mir keine Gedanken mehr drüber machen mit wem ich jetzt kommunizieren möchte.

Lucas Dohmen: Das stimmt! Und was hat sich dann verändert? Oder was ist dann passiert?

Tim Rauhut: Genau. Ich glaube dann irgendwann kam man auf die Idee das Ganze zu kommerzialisieren. Also man hat ja festgestellt: Hey, irgendwie ist da ja eine Plattform, ich kann sehr viele Leute erreichen. Also kann ich vielleicht auch einfach anfangen Dinge darüber zu verkaufen. Also das wären quasi so Anfang der 90er Jahre, dass das Web eigentlich so ein bisschen mehr Mainstream wurde. Früher, wie gesagt, die Universitäten, die haben Rechenleistung bereitgestellt und haben Informationen ausgetauscht, aber dann ging das eben in den 90er Jahren los so mit Amazon und Co. Also ganz zu Beginn, ich weiß nicht mehr, wann Amazon an den Start ging, 94 oder sowas, die das dann quasi auch für kommerzielle Sachen einfach genutzt haben. Die ersten Email Adressen konnten eingerichtet werden für Mainstream Leute, die ersten kleinen Suchmaschinen sind live gegangen, also ich konnte dann auch quasi als Privatanwender mich irgendwie fortbewegen im Netz, konnte Informationen suchen und nutzten. Und auch die Provider wurden halt immer mehr, also ich musste ja auch irgendwie Zugang haben zum Netz und irgendjemand musste ja auch die Leitung bereitstellen. Das war ja dann in Deutschland wahrscheinlich irgendwie so die Telekom, die da so ein bisschen Vorreiter war, um den Zugang zu den Leuten zu bekommen. Und das war glaube ich so für mich die Geburtsstunde vom Web. Also klar, vorher die Unisachen waren schön und gut, aber solange halt der Mainstream das nicht genutzt hat oder genug Leute die Möglichkeit hatten daran teilzunehmen, ist die Idee zwar schön, aber es bringt halt nichts, wenn es keiner nutzt.

Lucas Dohmen: Ja.

Tim Rauhut: Also es muss halt immer so kritische Maß erst überschritten werden und ich glaube dann, so Ende der 90er Jahre war das dann ja eher schon so exponentiell das Wachstum. Also dann hat es ja unheimlich viele Leute quasi ins Netz gezogen.

Lucas Dohmen: Ja, aber ich glaube das ist auch so der Zeitpunkt wo vielleicht auch schon die ersten Sachen schiefgegangen sind. Das bestimmte Unternehmen gedacht haben: Ja, das Web ist gar nicht so wichtig und das wird auch nichts Großes werden. Und dann nicht den Schritt gemacht haben und ihren online Store zu ihrem bestehenden Geschäft dazu zunehmen, sondern dann eher zu sagen: Ach, das brauchen wir eigentlich nicht. Wir sind doch da, wir haben doch unsere Kataloge oder unsere Läden. Oder was auch immer. Und das hat glaube ich bei vielen Unternehmen lange gedauert bis sie realisiert haben, dass da tatsächlich Potenzial für das Unternehmen da ist und dann vielleicht sogar schon ein paar einzelnen Unternehmen, die halt wirklich vorgeprescht sind, das Feld ein bisschen überlassen. Oder?

Tim Rauhut: Genau, auf jeden Fall. Also ich glaube das Netz wurde am Anfang irgendwie so verkannt von vielen Leuten. Also das war halt wie bei vielen Dingen erstmal so eine Nerd-Technologie, irgendwie machen da komische Leute was, das wird aber jetzt irgendwie kein Threat zu unseren bestehenden Geschäftsmodel und so weiter. Aber jetzt hat man dann doch glaube ich gemerkt, dass es ohne Netz halt auch nicht mehr geht. Ja und viele Unternehmen haben dann gemerkt, dass sie halt was machen müssen, um nicht bei der Digitalisierungswelle quasi hinten runterzufallen. Das ist ja jetzt quasi der Stand, den wir jetzt heute haben. Also ich persönlich bin irgendwie so Ende der 90er dann quasi ins Web vorgedrungen. Habe quasi zu Hause so auch ein bisschen das Internet an den Start gebracht. Mein Vater hat da irgendwie nicht so wirklich Interesse dran gehabt, der wusste auch nicht was das eigentlich ist. So ging es eigentlich los und haben mit unter anderem dann sehr schnell dafür interessiert selbst die Dinge zu bauen. Also HTML Seiten und habe mich dann damit beschäftigt, wie kann man sowas irgendwie online bringen, irgendwie erste Domains registriert und so komme ich quasi so ein bisschen irgendwie dazu mich im Web vorzubewegen. Habe halt für mich festgestellt: Hey, das ist eine ziemlich coole Sache, man schnell viele Leute erreichen. Und fand das halt total spannend einfach irgendwelche Dinge online zu bringen. Und da Suchmaschinen halt auch noch nicht so fortgeschritten waren damals, also Google war quasi so ganz neu und total hip, hat man ja angefangen sich halt gegenseitig zu verlinken in so einer Blogroll. Also Leute, die man dann irgendwie kennengelernt hat online: Hey, ich habe hier auch irgendeine Website, lass uns doch mal gegenseitig verlinken! Um überhaupt Aufmerksamkeit zu bekommen von anderen Leuten, dass da diese Seite eigentlich existiert, etc.

Lucas Dohmen: Interessant. Hast du damals auch schon angefangen also wirklich sowas wie einen Blog zu betreiben? Oder war das mehr so… Hast du beobachtet, dass das andere Leute getan haben?

Tim Rauhut: Also erstmal beobachtet, dass das andere Leute getan haben, weil irgendwie musst du ja erstmal gucken: Wie geht sowas? Also ich meine, ich kannte mich halt im HTML damals nicht aus, ich war noch in der Schule kurz vorm Abschluss und habe einfach Bock gehabt mich damit zu beschäftigen, weil ich es spannend fand. Und genau, dann hat man andere Webseiten gesehen, wie machen die das? Da gab es ja diese Homepage Baukästen auch noch, teilweise von Microsoft und so weiter, wo du ganz furchtbares Markup produziert hast. Dann hattest du dann deine Seite online oder zumindest schonmal erstellt, online bringen war dann ja noch ein anderer step. Genau und so ging das dann eigentlich los. Und genau, dann hat man halt irgendwann angefangen mit einer privaten Seite, die man online gestellt hat. Also ich habe da jetzt noch keine wirkliche Applikation in dem Sinne geschrieben oder sowas oder irgendeinen Service angeboten, sondern das waren einfach private Informationen, die dann live gegangen sind damit.

Lucas Dohmen: Ja, ich habe in der Zeit, war ich ganz großer Macromedia Fan, die ja später von Adobe gekauft wurden und ich habe damals erst so ein bisschen HTML Seiten gebaut, auch ein bisschen mit Dreamweaver und dann bin ich sehr schnell auf Flash umgestiegen, weil ich das viel, viel cooler fand, weil du da ja auch Animation machen konntest und so. Und gerade zu der Zeit war ja auch die Dinge, die du mit den nativen Webtechnologien machen konntest, doch sehr eingeschränkt. Und bei Flash hattest du so irgendwie das Gefühl von absoluter Freiheit alles machen zu können so. Ja und das fand ich damals total cool. Ich habe super viele Sachen mit Flash gebaut und immer so Homepages oder was auch immer gebaut. Das hat richtig Spaß gemacht! Aber tatsächlich finde ich interessant, dass… Also zu einem zu der Zeit, ich glaube an vielen Stellen die Leute sich… Also da es noch keine Regeln gab drüber was im und wie es im Web aussieht oder so, sahen die Sachen viel, viel wilder aus. Also auch natürlicherweise viel schlechter als heute, aber teilweise halt auch einfach kreativer. Und gerade diese Flash Zeit ist glaube ich schon eine besondere Zeit gewesen, weil viele Leute sich halt da ausgelebt haben. Also ich möchte nicht Flash zurück, weil es von der Accessibility grauenvoll ist und weil es viele andere Nachteile hat, aber so aus diesem kreativen Spirit heraus finde ich das eigentlich schon ziemlich cool, was man da so machen konnte. Und meine Webseiten waren halt eher so interaktive Animationen als jetzt so eine klassische Informationswebseite oder Blog oder sowas. Also das ist schon interessant, dass das passiert ist und vor allem ist es finde ich auch interessant, womit wir auch oft in dem Thema auch sind, dass das ja eigentlich wieder eine proprietäre Technologie war, die ja dann ersetzt wurde durch eine offene Technologie. Also auch solche Sachen sind ja passiert, dass das Web ja Anfang noch nicht ganz klar war, ob alles auf Standards aufsetzen wird oder ob sich vielleicht doch irgendwas wie ActiveX oder Flash oder Director durchsetzt.

Tim Rauhut: Auf jeden Fall! Ja, diese Flash Zeit war schon ziemlich wild und ich glaube da hat sich jeder mal dran versucht. Aber generell hatte ich halt den Eindruck, dass so Ende der 90er/Anfang der 2000er haben sich sehr viele Leute halt auch einfach darum bemüht, also die halt auch immer natürlich den Fokus auf irgendwie IT hatten und so weiter, die Sachen selbst live zu nehmen, selbst zu betreiben. Also da war auf jeden Fall mehr Bestrebung da als ich irgendwie jetzt halt so sehe. Ich fand halt zu dem Punkt war das Web halt noch ein bisschen dezentraler vom Gefühl her, ich kann das jetzt nicht mit Daten befüttern, das ist einfach so aus meiner Perspektive.

Lucas Dohmen: Ja, das stimmt. Also gerade auch die kleineren Webseiten, wie jetzt meine Homepage oder so, das war halt… man hat sich halt so ein Webspace gekauft, wo man meistens halt irgendwie eine Apache hatte mit MySQL und PHP und mehr konnte man auch nicht machen. Also ich habe dann irgendwann angefangen mit Ruby und das lief auf diesen ganzen Hosts dann einfach nicht und das war ein bisschen doof. Aber ich hatte mehrere Leute so aus dem Bekanntenkreis, die halt so eine Webspace hatten, wo man halt einfach seine Sachen hingelegt hat und das ist dann irgendwann weniger geworden diese privaten Webspaces, sage ich jetzt einfach mal und ersetzt worden durch andere Technologien.

Tim Rauhut: Genau, andere Technologien und auch andere Services. Da ging es ja los quasi so mit MySpace, was so gefühlt eigentlich so der erste große Mainstream Dienst war, der halt wirklich nur zentral zu erreichen war, wo dann die Leute auf ihren Boards dann Sachen gepostet haben, etc. Was halt für Leute, die jetzt nicht in der IT-Szene oder generell in diese Web Szene drin waren, eigentlich ziemlich cool war, weil Informationen zu veröffentlichen sollte ja generell erstmal einfach sein. Also wenn du jetzt nicht in dem Thema drinsteckst, willst du ja jetzt nicht irgendwie noch fünf Wochen erstmal rumschrauben, damit du vielleicht irgendwie einen Blogpost rausbekommst. Deswegen kann ich schon verstehen, dass halt diese zentralen Plattformen halt schon einen gewissen Reiz haben. Gerade für Leute, die vielleicht nicht unbedingt wissen, was ist HTML? Und wollen sich da auch nicht mit beschäftigen, was ja auch gut ist, weil sie es ja nicht müssen. Also zentrale Plattformen haben halt ihren Reiz auch, weil du Informationen einfach einfach publizieren kannst.

Lucas Dohmen: Genau, also ich glaube das ist ja irgendwie das, was dann zu dem Zeitpunkt passiert ist. Also man hat gemerkt: Die Leute wollen irgendwie Webseiten erstellen. Auch viele von diesen Seiten dieser Zeit, da konnte du dann halt irgendwie dir Code irgendwie reinkopieren in einer bestimmten Art und Weise, dass du dann da irgendwelche fliegenden Gifs und Luftballons und Sachen hattest, aber… Also ich fand damals auch, dass die Einfachheit von einem FTP Programm und einem Webserver schon nicht unendlich komplex war. Also wenn du sowieso dich nachher damit hinsetzt, mit so einer von diesen Seiten, dann musstest du auch HTML grundlegend verstehen, damit du da Sachen mit machen konntest. Also es ist ja nicht so als wäre das alles what you see is what you get Editor gewesen, wo du einfach nur klicken musstest und fertig, sondern viele Leute, auch viele aus meiner Klasse oder auch aus meiner Stufe, haben halt echt viel Code geschrieben, ohne das wirklich wahrzunehmen, weil es halt auf diesen Webseiten eigentlich… Ja, du hast halt HTML geschrieben, du hast halt teilweise auch JavaScript geschrieben, manchmal hast du es halt einfach aus anderen Seiten rauskopiert, was ja auch cool ist. Aber es ist gar nicht so ein riesen Unterschied zu dem was du gemacht hast, wenn du wirklich ein Webspace hattest, auf dem du deine HTML-Seiten hochgeladen hast. Also das finde ich halt auch interessant, weil das ist ja heute schon anders. Also wenn du jetzt MySpace und ähnliche Webseiten vergleichst mit Squarespace und sowas, wo du ja üblicherweise gar keinen Code mehr schreiben musst, sondern du klickst dir das halt zusammen und hast dann coole Editoren dafür, das war ja zu dem Zeitpunkt von meiner Wahrnehmung nicht so. Also es war trotzdem: Du musst Code schreiben. Und trotzdem hat das halt einen Reiz auf die Leute ausgelöst, weil es glaube ich einfach auch schon wieder kostenlos war. Weil so ein Webspace hat ja auch monatlich Geld gekostet, um den zu betreiben. MySpace hingegen hat nichts gekostet.

Tim Rauhut: Genau, das ist ein guter Punkt. Also für Dinge Geld auszugeben, weil selten bekommt man Sachen einfach geschenkt ohne dass der Gegenüber vielleicht einen Nutzen davon hat. Das ist halt auf jeden Fall eine Sache. So gab es dann ja auch quasi mit den E-Mail Diensten irgendwie von Google und Co, die dann auch einfach umsonst waren. Also ich weiß noch G-Mail war ja früher komplett Invite basiert, also zu den Anfängen, dann wurden die ja richtig heiß gehandelt bei uns an der Uni mit: ‚Hey, der hat so einen G-Mail Account! Kannst du mich nicht inviten?‘ ‚Ne, habe keine mehr, sind alle schon vergeben.‘ Da war man irgendwie auch richtig traurig, wenn man sowas nicht bekommen hatte, weil man dann irgendwie gefühlt abgeschnitten war, weil das so der letzte heiße Scheiß war. Aber, ja man wurde halt quasi gelockt mit diesen Frei-Angebot da und ein oder zwei Gigabyte für eine Speicher und ich glaube ich hatte damals meine Mailbox glaube ich bei freenet oder so und da hatte ich so… weiß ich nicht, lass es 50 MB gewesen sein und die Mailbox war halt ständig voll. Und das irgendwie teilweise auch so ein bisschen ungeil. Und gerade bei so zwei Gigabyte war natürlich auch bei mir das Interesse groß, dass ich dann halt irgendwie zu Google & Co gehe und da dann quasi mein Mail-Fach auch aufmache. Und es ist ja auch irgendwie ganz geschickt gemacht, weil wenn du quasi einmal auf so einen Service committed hast, dann hast du auch quasi diese Adresse und die zieht sich dann vielleicht irgendwie bei vielen Plattformen auch durch als Haupt-Mail-Adresse, dann ist die Tendenz ja auch groß, dass du erstmal dabeibleibst. Weil diese ganzen Sachen zu movieren sind natürlich auch immer so ein bisschen pain.

Lucas Dohmen: Ja, definitiv. Also ich glaube so eine Wahl einer E-Mail-Adresse ist etwas, was viele sehr unbewusst getan haben, weil sie einfach irgendeinen Service ausgewählt haben, aber es ist einfach so ein zentraler Teil deiner Identität, die schwer umzuziehen ist. Also wenn du… Also es gibt halt nicht wie bei der Post einen Nachsendeservice so. Also gibt es schon im Sinne von, du kannst da irgendwie so einen Forwarder einstellen, aber dann musst du auch diesen alten Account weiterbetreiben solange Forwarden. Und du merkst ja auch, die Leute ziehen ja nicht auf deine neue E-Mail-Adresse um, sondern sie bleiben einfach da, solange du forwardest schreiben sie auch einfach zur alten Adresse. Und ich hatte halt auch sehr früh eine Adresse bei einem Provider, der hieß koeln.de, ich bin ja in Köln groß geworden und diese Adresse, die ist auch noch heute da, weil sei forwarded einfach an meine Haupt-E-Mail-Adresse, weil da kommen immer noch Mails an von damals. Also es ist nicht so als könnte man das einfach… Als wenn man jetzt normal umzieht im echten Leben, ja, vielleicht geht da ein bisschen Post verloren, aber Leute, die wirklich etwas wollen, die finden schon die neue Adresse raus. Und bei E-Mails ist das meiner Erfahrung nach ein bisschen anders, gerade wenn man halt viele Accounts hat bei vielen verschiedenen Services. Da alles umzuziehen ist echt viel Arbeit.

Tim Rauhut: Genau und war es bei mir so ein bisschen, so die erste Gefangenschaft mit diesem Google-Konto bei mir. Ein Amazon-Konto hatte ich schon relativ lange, also schon vor Google und das war sozusagen die zweite Gefangenschaft in so einem digitalen Universum. Also irgendwie hing echt jetzt schon auf zwei großen Providern fest, das war einmal Amazon und das war einmal Google. Und ja, dann ging es halt irgendwie weiter. Also obwohl ich… Dann habe ich mich halt auch irgendwie umgeguckt, wo könnte ich jetzt meine Webseite hosten? Also sprich, wo habe ich da am wenigsten Arbeit mit? Eigentlich, ja, will ich Abend das auch nicht mehr machen, selbst zu betreiben. Also irgendwie wurde ich dann ziemlich bequem und ich glaube diese Bequemlichkeit ist dann halt irgendwie auch der Punkt, wo dann diese Provider einen sehr gut mit bekommen, weil es oftmals einfach ist bei so einem zentralen Service irgendwelche Dinge zu tun. Das heißt durch meine Faulheit habe ich dann auch so ein bisschen halt so meine digitale Selbstbestimmung auch aufgegeben dann in dem Punkt.

Lucas Dohmen: Ja, für mich war auf jeden Fall auch ein Faktor… Also zu der Zeit, also zu den Anfangszeiten war ich Schüler und dann war ich halt Student und als Student habe ich halt immer geguckt so: Wo kann ich noch ein bisschen Geld einsparen? Und da ist halt so ein Hosting-Angebot ist halt auch einfach ein Punkt, den man streichen kann, wenn man halt sieht: Ah, ich kann alternative Angebote für kostenlos bekommen. Also ich bin manchmal erstaunt darüber wie Leute, die im Berufsleben sind, jetzt auch ein Beruf, der gut bezahlt ist, sich sorgen machen um sehr kleine Beträge für solche Sachen, weil sie sich wenig Gedanken darüber machen irgendwie einen Coffee To-Go oder so mitzunehmen, der halt in einer ähnlichen Preis-Range liegt. Aber als Student war das schon etwas anderes für mich und das war für mich auf jeden Fall auch Faktor bestimmte Sachen nicht mehr zu bezahlen, weil es mir einfach zu teuer war. Aber ich glaube, dass es bei mir auch viel Bequemlichkeit war Dinge aufzugeben, die ich vorher selbst gemacht habe. Also auch meinen damaligen Webspace habe ich aufgegeben, weil ich das nicht mehr bezahlen wollte. Definitiv.

Tim Rauhut: Genau, ich glaube halt auch, dass so eine Software natürlich auch immer irgendetwas kosten darf und aber diese App Stores und so weiter haben es glaube ich geschafft, dass man schon nachdenkt 99 Cent für irgendetwas auszugeben. So: ‚99 Cent für die App? Ich weiß ja nicht, ob es das wirklich wert ist.‘ Das ist halt… Das ist verrückt und wir sind hier einfach in Berufen, wo man tagtäglich damit konfrontiert wird und du weißt einfach was dahintersteckt, wie viel Arbeit. Und das ist schon manchmal erschütternd, dass ich mich auch so selbst ertappe, so nachzudenken: ‚Oh, 99 Cent jetzt für diese App?‘. Also ich selbst kann mich jetzt auch nicht davon freisprechen, aber generell kann man ja sagen, wenn dir Leute was schenken, es gibt halt auch immer einen Hintergrund. Also selten schenkt dir jemand was einfach nur, weil er gut zu dir sein will. Das ist ja leider irgendwie nicht so und diese großen Plattformen verdienen halt einfach dann dementsprechend daran, wenn sie deine Daten halt weiterverkaufen oder deine Daten auswerten, wie auch immer. Und man sagt ja nicht zu Unrecht, dass Google eine quasi besser kennt als die Lebenspartnerin oder der Lebenspartner. Irgendwie, weil man ja einfach dort auch seine irgendwie Sachen eingetippt hat immer bei den Suchanfragen, etc., also das ist schon irgendwie etwas dran finde ich. Und ja, diese Daten werden halt weiterverkauft, auch gerade bei so Facebook und so weiter mit den ganzen Werbeeinblendungen. Und ich glaube das ist auch nicht mehr nachvollziehen wo diese Daten wahrscheinlich von einen überall liegen mittlerweile, bei welchen Datenhändlern. Und ja, ich glaube, wenn das einfach alles ein bisschen was kosten würde, wäre das vielleicht nicht ganz so furchtbar mit diesem Datenhandel. Weil wenn jetzt Facebook, keine Ahnung, einen Euro pro Monat kosten würde, dann hätte aber auch diese Plattform dementsprechend nicht mehr dieses Wachstum, was sie halt hat oder hatte. Ich meine Facebook ist ja auch schon eigentlich wieder ad acta gelegt.

Lucas Dohmen: Ja, das stimmt. Aber was zum Beispiel in meiner Wahrnehmung gar nicht ad acta gelegt ist, ist G-Mail. Also es ist immer noch so, dass ein wirklich großer Anteil von den E-Mail-Adressen, die ich, wenn ich jetzt nicht im Firmenkontext bin, wo alle halt irgendeine Firmen E-Mail-Adresse haben, sind eigentlich G-Mail Adressen. Und ich find das in… Also es ist ja eigentlich so, dass am besten hätte man ja eine Domain und dann ist ja auch gar nicht wichtig, dass man seine Mails jetzt auf einen artisanen selbstaufgesetzten Mailserver betreibt, aber dass man halt zumindest die Kontrolle hat auch den Service wechseln zu können und den mitnehmen zu können, diese E-Mail-Adresse. Also ob das jetzt ein Postbox oder was auch immer ist, wo man hingeht, sodass man auch die Wahl hat das zu ändern ohne dass andere Menschen, die mit dir kommunizieren wollen, das mitkriegen müssen, wo du gerade hingezogen bist. Und das ist ja überhaupt nicht mehr die Realität. Die Realität ist: Du hast halt irgendwie eine Adresse bei gmail.com und wenn du die wechselst, dann musst du allen Leuten sagen: Ich habe jetzt eine neue E-Mail-Adresse‘. In allen Services das eintragen und so weiter und ich habe halt… ich kann es nicht mehr genau sagen, wann es war, vielleicht vor sieben Jahren oder so habe ich mir halt eine eigene Domain gekauft und angefangen auch das für meine E-Mails zu benutzen. Also gar nicht so sehr wegen der Homepage, die ist ziemlich uninteressant meine Homepage im Gegensatz zu meinen coolen Flash Seiten von damals, aber die E-Mail-Adresse ist mir schon sehr wichtig und die Möglichkeit dann tatsächlich den Anbieter mir auszuwählen und zu wechseln. Und das ist was, was ich auch selbst bei IT-lern selten sehe und ich glaube für jemanden, der tatsächlich mit IT wenig am Hut hat ist das auch schon eine Herausforderung eine Domain zu besitzen und zu verwenden für all diese Dinge. Weil der Preisfaktor ist ja eigentlich nicht vorhanden bei einer Domain, die kosten irgendwie zehn Euro im Jahr, das ist glaube ich nicht das Problem. Aber das Problem ist einfach, erstmal das zu wissen, dass es so etwas gibt und wie man das dann benutzen kann, um bei vielen Services seine E-Mail betreiben zu lassen. Ich glaube das ist ein Wissen, was den meisten Leuten fehlt. Aber ich bin halt manchmal erstaunt, dass es auch in der IT so ist, dass die meisten Leute das eben nicht tun. Wir könnten da ja eine Vorbildfunktion so ein bisschen einnehmen und sagen: ‚Hey, das wäre doch eine coole Idee, wenn wir selber unsere Domains benutzen würden für unsere E-Mails!‘

Tim Rauhut: Absolut, das würde ich mir halt auch wünschen. Ich meine klar für manche ist es halt, was du so meintest, diese zehn Euro im Monat oder im Jahr oder wie auch immer, das geht. Ich meine zehn Euro in Monat, das geht bei manchen vielleicht finanziell wirklich nicht, da kann ich es auch verstehen, dass jemand halt, der halt trotzdem was publizieren möchte, irgendwie auch zentralen Service nimmt. Das verstehe auch, das finde ich ja total super. Aber ich glaube jeder der, wie du auch schon sagtest, in der Szene auch verankert ist und vielleicht auch irgendwie nicht so schlecht verdient, also da finde ich es halt auch echt immer eine coole Sache, wenn Leute wirklich bereit sind und: ‚Okay, ich mache das jetzt doch wieder selbst.‘. Weil sie haben ja das Knowhow eigentlich. Es ist wahrscheinlich ähnlich wie bei mir dann einfach die Bequemlichkeit, die dann einfach jemanden daran hindert, das zu tun. Da habe ich mich halt in den letzten Jahren einfach ertappt, dass ich auch, wie gesagt, ich habe G-Mail genutzt, ich habe dann teilweise meine Webseite auf GitHub gehostet durch GitHub-Pages und Co. Und ja, vor zwei-drei Jahren habe ich mich einfach gefragt: ‚Okay, irgendwie habe ich so den Eindruck, dass das Web eigentlich nur noch halt aus Amazon, Google, Facebook, Apple besteht. Und Microsoft-Produkten!‘. Das waren auch so diese E-Mail-Adressen, die mir immer wieder entgegenkamen mit G-Mail und Co. Ich habe mich dann halt gefragt: ‚Okay, irgendwie fühlt sich das nicht mehr so hundert Prozent richtig an und sinnvoll.‘. Also eigentlich, was mal komplett dezentral war wird halt immer zentralisierter und dann habe ich hier auch damit angefangen mich umzugucken, was gibt es denn für Services? Muss ich den jetzt selbst noch so eine Mailbox einrichten, also sprich muss ich selbst irgendwie einen Hetzner Server noch selber betreiben, um ein E-Mail-Fach zu nehmen oder kann auch einfach mal vielleicht so einen kleinen Provider in Deutschland nehmen? Sowas wie Posteo zum Beispiel? Da kostet die E-Mail-Adresse einen Euro pro Monat, das konnte ich gut verkraften und hab mir halt dann irgendwann da jetzt meine E-Mail-Adresse geholt. Also ich betreibe meine E-Mails jetzt noch nicht selbst, so weit bin ich noch nicht, aber ich habe einfach quasi da meine E-Mail-Adresse und hoffe einfach mal mittels diesen einen Euro, dass da meine Daten nicht weiterverkauft werden. Letztendlich weißt du nie was hintenrum passiert, das ist…

Lucas Dohmen: Aber, also… Meiner Meinung nach ist es, also klar du weißt nicht was Posteo tut, also Posteo redet ja auch sehr viel darüber was sie so im Privacy Bereich machen, deswegen ist das wahrscheinlich auch ein gutes Beispiel dafür. Aber selbst wenn das nicht so wäre, allein dadurch, dass Posteo ein viel, viel kleinerer Anbieter ist zentralisiert sich diese Datenmenge nicht so sehr an einem Ort. Wenn jetzt wirklich jeder Mensch seine E-Mail-Adresse bei G-Mail hat, dann kann Google halt alle Konversationen verstehen, weil ja alles in ihrer Datenbank liegt. Alleine dadurch, dass das nicht mehr so ist und dass es Konversationen gibt, die nicht in G-Mail-Servern drin liegt, hat Google weniger Wissen darüber, was die Leute miteinander kommunizieren. Also allein das ist meiner Meinung nach schon ein Wert, egal ob das jetzt vielleicht dann auch ein ganz fieser Datendieb ist, der die Daten verkauft, es ist für mich besser diesen kleinen Anbieter meine Mails zu geben als sie in den großen Topf reinzuwerfen. Einfach nur wegen der Zentralisierung und ich finde das ist ein nicht zu unterschätzender Aspekt. Und wie ich ja eben schon sagte, also das ist mir wirklich ein Anliegen und das was ich einfach nochmal allen Leuten so ein bisschen mitgeben will, weil ich das einfach so selten, selbst bei Leuten, die diesen Podcast hören, mitbekomme: Wenn ihr zu Posteo geht und ihr habt eure eigene Domain genommen und irgendwann findet ihr heraus, Posteo ist ein ganz, ganz schlimmes Unternehmen und die machen ganz, ganz schlimme Dinge, dann könnt ihr immer noch umziehen. Wenn ihr bei G-Mail seid, dann ist das viel, viel schwieriger, also außer ihr habt bei G-Mail eure eigene Domain hinterlegt, aber das haben ja die Wenigsten. Dann müsst ihr halt viel, viel mehr Arbeit da reinstecken und das ist… Also mir ist das sehr wichtig, dass Leute darüber nochmal nachdenken, also gerade Leute, die in der IT sind. Also das Wissen haben und auf der anderen Seite auch die finanziellen Mittel haben solche Beträge zu investieren. Und dann vielleicht auch darüber nachzudenken, wie man anderen Leuten, bei denen das halt nicht mehr der Fall ist, tatsächlich auch ein bisschen helfen kann solche Sachen zu erreichen.

Tim Rauhut: Absolut! Also kann ich nur so unterstreichen. Und jetzt waren wir bei der E-Mail-Adresse, so einen anderen Block, den ich immer hatte, war bei Dateien. Also ich relative früh auch so einen Dropbox Account. Das gleiche Spiel halt, sie haben mich gelockt mit irgendwie freien Speicher und ich fotografiere eben auch privat irgendwie ganz gerne, eigentlich mittlerweile viel zu wenig, aber braucht halt auch irgendwie Speicherplatz im Netz und dann bin ich halt quasi zu Dropbox umgezogen. Ein paar Wochen habe ich dann quasi in diesem freien Packet gearbeitet, dann irgendwann hat das natürlich nicht mehr gereicht und dann habe ich mir diese größeren Pakete dann dort irgendwie gekauft. Aber ja, dann war ich da komplett in diesem Dropbox Universum, halt auch ein Service Provider aus den USA. Ich weiß bis heute nicht was die alles mit den Daten auch gemacht haben, es gab ja dann auch irgendwie Artikel, dass Dropbox halt fleißig die Sachen durchscannt und auch teilweise versucht auf verschlüsselte ZIP-Archive und so weiter zuzugreifen. Ich weiß nicht ob da was dran ist. Ich meine ich habe es jetzt selbst nicht überprüft und habe das selbst auch nicht irgendwie ausprobiert, aber da gab es dann solche Stories. Ob da jetzt irgendwas dran war, keine Ahnung. Letzten Endes hing ich dann mit Dateien bei Dropbox quasi fest und da habe ich mich dann auch gefragt: ‚Okay, was kann man da eigentlich machen?‘. Und wir hatten dann bei INNOQ, hatten wir dann relativ früh Experimente mit einer ownCloud gemacht. Das fand ich halt von… teilweise noch ein bisschen holprig von der Bedienung, irgendwie hat das auch nicht teilweise so gut funktioniert mit dem Sync und so weiter. Weil ich hatte halt da überlegt das auch selbst aufzusetzen mit ownCloud damals, aber das hat sich für mich nicht so gut angefühlt irgendwie. Irgendwie war das so ein bisschen hakelig und wenn ich es richtig zusammenbekomme ist ja aus Home-Cloud dann Nextcloud auch entstanden. Also ich glaube…

Lucas Dohmen: Das war ein Fork damals, genau.

Tim Rauhut: Genau, das war ein Fork. Und dann habe ich mir vor einem Jahr nochmal Nextcloud angeguckt und das finde ich funktioniert schon sehr, sehr gut. Und dann stand ich halt auch wieder vor dem Dilemma: Soll ich es jetzt selbst hosten oder soll ich erstmal irgendwie zum Provider gehen? Du merkst es, ich komme vom Provider irgendwie doch nicht so ganz weg. Habe mich halt entschieden bei Hetzner, die haben da so ein Packet mit Nextcloud integriert, habe mir das jetzt mal geholt vor einem Jahr und seit dem Jahr bin ich auch super zufrieden. Habe jetzt meine ganze Dateien nach Nextcloud umgezogen und bin auch super happy damit.

Lucas Dohmen: Ja, also ich habe auch eine Nextcloud und da ist ja auch so ein großes Thema, sagen wir jetzt mal: Du hast jetzt Fotos gemacht und willst die mit mir teilen, wir haben irgendwas gemeinsam unternommen und wollen diese Fotos austauschen. Das ist ja auf Dropbox sehr, sehr einfach, ich sage einfach share folder und das ist natürlich auf sowas wie Nextcloud anders. Aber auch Nextcloud hat dafür eine Lösung und das ist halt dieser föderierte Ansatz, wo du halt tatsächlich zwischen zwei Nextclouds die Ordner austauschen kannst. Da haben wir ja schon ein bisschen drüber gesprochen in der Folge zum distributed web in der Folge 68 mit dem Nico. Wer da Interesse dran hat kann da mal reinhören, weil das ist das Problem, dafür gibt es eine Lösung. Es ist trotzdem nicht ganz so einfach vielleicht, wie man das jetzt bei Dropbox hat, mit einem Rechtsklick und alles fertig. Aber tatsächlich ist es meiner Erfahrung gar nicht so weit davon weg, wenn die andere Person auch eine Nextcloud hat. Und selbst, wir hatten das auch, dass wir Sachen hatten, wo andere Leute Fotos hochladen sollten zu uns und in Nextcloud kannst du auch sehr einfach so einen Folder haben, wo Leute einfach Sachen reinlegen können ohne einen Account bei dir zu haben und auch eine eigene Nextcloud zu haben. Wo sie jetzt einfach dir Bilder hochladen können, wenn du jetzt irgendwie… du hast eine Hochzeit und die willst die Leute Bilder hochladen lassen. Und das funktioniert meiner Erfahrung nach tatsächlich sehr gut. Und ich finde, also du hast das jetzt so ein bisschen entschuldigend gesagt so: ‚Ja, ich betreib die gar nicht selbst.‘. Die Frage ist halt, ob man das möchte… ob man das überhaupt fordern möchte, dass die Leute das tun. Warum sollte ich die Nextcloud selbst betreiben, wenn es verschiedene Anbieter gibt, bei denen ich das machen kann? Weil es ist immer noch etwas anderes als wenn ich das betreibe über Dropbox, weil das ein System ist, was ich umziehen kann. Wo ich zu einem anderen Anbieter wechseln kann und wenn mir die irgendwann alle auf den Keks gehen, dann kann ich tatsächlich sagen: ‚So, ich betreib die jetzt selbst, weil ihr seid alle doof!‘. Aber ich habe nicht… Aber ich finde es ist ein anderer Schritt schonmal in der Nextcloud drin zu sein, selbst wenn ich die von Hetzner betreiben lasse oder von, also ich weiß nicht, ich kenne tatsächlich jetzt nur Hetzner als Anbieter, aber da gibt es bestimmt auch noch andere. Und einfach diese Flexibilität zu haben den Anbieter zu wechseln. Und ich finde das gerade, also für Unternehmen finde ich das auch eine Überlegung wert ihre Dateien in einer Nextcloud abzulegen, ihre Firmendaten, aber auch gerade für Privatpersonen. Weil wir haben alle Daten, die wir gerne teilen wollten mit Leuten oder wo wir einfach wir einfach diese Sicherheit haben wollen: Es ist noch an einem zweiten Ort, der nicht in meinem Haus ist, falls hier mal irgendwie was passiert. Es liegt einfach nochmal an einen zweiten Ort oder möchte darauf von meinem Telefon zugreifen oder was auch immer. Und dafür finde ich Nextcloud und ownCloud beides sehr, sehr gute Lösungen.

Tim Rauhut: Absolut! Genau, also das wäre für mich quasi dann sozusagen… Also wenn ich… Das Endziel wäre dann quasi, dass ich die Sachen wirklich komplett selbst betreibe, also sprich Mail und so weiter auf eigenen Kisten, vielleicht sogar zu Hause. Ob ich soweit komme, weiß ich noch nicht, aber ich glaube man muss sowas auch nicht sofort ablösen, genau diesen Schritt halt gehen, weil man kann glaube ich weich migrieren. Und das waren für mich zum Beispiel jetzt die E-Mail, Speicher von Dateien, weil zum Schluss habe ich halt auch dann meine Webseite zuletzt noch umgezogen. Das sind eigentlich erstmal zwei bis drei ganz einfache steps, die man so nebenbei machen kann, ohne sich jetzt großartig damit beschäftigen zu müssen. Also das ist jetzt nicht so, dass diese Aktionen jetzt, keine Ahnung, fünf Jahre Lebenszeit erfordert hätten, sondern das… ich glaube jeder, der in der IT ist, kann das wahrscheinlich an sagen wir mal ein bis zwei Wochenenden irgendwie hinkriegen, würde ich jetzt einfach mal behaupten.

Lucas Dohmen: Ja, würde ich auch behaupten!

Tim Rauhut: Und trotzdem irgendwie halt einfach ein paar Schritte, die finde ich schon lohnenswert sind, weil ich finde es schon wichtig, dass es auch einfach Auswahl gibt nach wie vor. Diversität ist einfach gut auch in diesem Kontext. Wenn ich jetzt nur noch Amazon und Apple und Google gibt und Facebook, ist es ja auch langweilig. Und ich finde das halt auch irgendwie cool, wenn man halt so kleine Provider auch einfach unterstützt, die vielleicht wirklich irgendwie noch richtig hart dafür arbeiten müssen, dass sie da um die Runde kommen und nicht so viel Geld haben, dass es eigentlich egal ist was sie tun. Das finde ich halt einfach sympathisch. Genau.

Lucas Dohmen: Ja, also tatsächlich… Also ich auch einen, das was man jetzt früher Webspace genannt hätte, bei Uberspace, das ist so ein deutscher Anbieter, also nicht ganz kleines Unternehmen, aber relativ kleines Unternehmen und da laufen halt meine E-Mails und da laufen halt auch alle Sachen, die ich so an Websachen haben. Also wenn ich jetzt irgendwie eine Kleinigkeit habe, dann brauche ich dafür ja nicht unbedingt… Also manchmal reicht es ja auch einfach, ich mache irgendeine Demo. Ich möchte irgendwen zeigen, so und so funktioniert so einen Form-Element, hier ist eine kleine Demo, dann kann ich die einfach auf meinen Webspace schnell hochladen und wenn das ein einmal Ding ist, dann kann ich es ja danach einfach wieder löschen. Und da fand ich halt tatsächlich, weswegen ich die damals auch ausgewählt hatte war, dass ich da halt auch andere Programmiersprachen außer PHP habe. Also das ist halt heute auch nicht mehr so, dass man nur PHP zu Auswahl hat, das war halt ja früher so. Aber viele von diesen Anbietern können das auch, man hat vielleicht sogar SSH Zugriff, wie bei Uberspace und kann selbst Dinge noch nach installieren oder so. Und dann ist man eigentlich schon gut bedient und das ist jetzt kein Kostenfaktor, der jetzt unglaublich groß ist. Also bei Uberspace kann man glaube ich für sieben bis zehn Euro im Monat, hat man halt dann E-Mail und Hosting schonmal abgehakt so. Und wenn die mir nicht mehr gefallen kann ich die auch wechseln, das soll jetzt gar keine Werbung für die sein. Ich bin persönlich zufrieden, aber es gibt viele Anbieter dieser Art und ist wahrscheinlich auch besser, wenn ihr einen anderen nehmt als ich damit es halt einfach wieder weiter verteilt ist. Und ich persönlich finde, das ist ein Schritt, bei dem können wir auch Leuten helfen, die tatsächlich relativ wenig mit IT am Hut haben, so etwas aufzusetzen und zu erklären was das ist und vielleicht auch so eine einfache Hallo Welt! Homepage dahinzusetzen. Ich mein, ich glaube wir hätten alle viel gewonnen, wenn die ganzen Restaurant Seiten nicht immer nur Facebook Seiten wären und…

Tim Rauhut: Auf jeden Fall, dass… Genau, Anmeldung zu irgendeiner Veranstaltung geht dann nur noch über Meetup und so weiter, da ist… Ja, auch einfach mal bekanntgeben auf einer Webseite, die nicht Facebook ist, wann ist denn jetzt dieser Termin oder wann ist denn hier eine coole Veranstaltung in meinem Club oder was weiß ich. Nein, das muss nicht immer nur über Facebook und Meetup laufen. Weil du einfach wieder Leute ausschließt, also das ist halt, dass ist ja so… Das ist ja eigentlich dafür gedacht gewesen Informationen zu verteilen und jeder soll sie bekommen. Aber nein, wir haben jetzt halt immer irgendwelche Schlangen davor, um an die Information zu kommen. Das ist halt ein bisschen absurd mittlerweile.

Lucas Dohmen: Ja und was ich daran tatsächlich auch schade finde, also wenn ich das jetzt vergleiche so mit der MySpace Zeit, wo die Leute natürlich auch auf der zentralisierten Plattform war, die war natürlich viel kleiner, weil es noch viel weniger Leute waren, die sich für sowas interessiert haben, aber trotzdem war es halt eine Plattform, auf der die Leute kreativ diese Seite gestalten konnten. Wenn du jetzt eine Facebook Seite anlegst, du hast keine kreative Möglichkeit die zu gestalten. Du kannst halt Posts machen, du kannst ein Header Bild setzten und dann mehr Flexibilität hast du schon nicht. Du kannst jetzt nicht dich dafür entscheiden irgendwas total Albernes in die Seitenbar zu setzen, das geht einfach nicht. Genauso bei Medium, wenn du deine Blog-Posts da schreibst, okay, du kannst einen Blog-Post schreiben, aber du kannst wenig Einfluss auf die Gestaltung nehmen. Und ich habe halt auch mal wieder festgestellt, also ich habe ja viel auch Kindern programmieren beigebracht und wir haben oft einfach HTML und CSS gemacht, und wie schnell diese Barriere abgebaut ist und wie schnell sich Spaß dafür entwickelt das, einfach was Kreatives zu schaffen. Egal ob das jetzt irgendwie superclean und cool aussieht, aber einfach diesen Platz zu haben an den ich mich endfalten kann und einfach mal Sachen ausprobieren kann. Ich glaube das ist schon was, was heute seltener passiert, weil die Leute einfach schon im Kopf sind sie einfach: Wenn ich eine Seite brauche und ich baue eine Restaurant Seite, dann gehe ich auf Facebook.com und wenn ich einen Blog Post schreibe, dann gehe ich auf Medium.com. Und ich glaube diesen Automatismus ein bisschen zu brechen und den Leuten einfach nochmal aufzuzeigen: So schlimm ist dieser Schritt nicht. Also so krass ist dieser Schritt nicht. Also ob du jetzt irgendwie für das Pro-Packet von Dropbox fünf Dollar im Monat bezahlst oder ob du das fünf Dollar für nextCloud Hosting ausgibst, ist ja eigentlich erstmal egal. Ob du jetzt, Mail Hosting, klar da gibt es kostenlos und da gibt es halt fünf Euro im Monat oder zehn Euro im Monat oder einen Euro im Monat hast du ja auch gerade schon gesagt, das ist ein gewisser Unterschied und den darf man auch nicht weg reden, aber vielleicht gibt es trotzdem genug Leute, die bereit wären dafür ein bis zehn Euro im Monat zu investieren in solche Teile. Einfach um sich selber die Flexibilität zu geben Sachen zu wechseln und da einfach auch kreativ zu sein und Sachen auszuprobieren.

Tim Rauhut: Total, ich meine das ist ja auch so ein bisschen noch Alleinstellungsmerkmal. Ich meine was hat man denn jetzt zum Beispiel als Restaurant davon, wenn ich jetzt eine Facebook Page habe, wo ich vielleicht noch den Header gestallten kann und mein Avatar-Bildchen. Also das ist ja irgendwie nicht mehr wirklich kreativ. Wenn du jetzt, weiß ich nicht, in eine coole Kneipe gehst, Restaurant, was auch immer, das ist ja auch individuell eingerichtet. Nicht jedes Restaurant sieht gleich aus, wäre ja total langweilig. Aber die Leute transportieren das aber nicht mehr auf ihre Website und… Also das erste was du heutzutage eigentlich siehst vom Restaurant ist natürlich die Webseite, zumindest meine Erfahrung.

Lucas Dohmen: Genau, du gehst auf Google Maps, dann…

Tim Rauhut: Genau! Cool und..

Lucas Dohmen: siehst du da den Link und das ist Facebook.

Tim Rauhut: Genau, Zonk. Und dann ist das irgendwie immer so ein bisschen schade und ich finde auch da können die Leute wunderbar mit spielen. Das ich für mich so ein richtiger Gewinn eigentlich, wenn wir damit anfangen würden wieder da auch ein bisschen kreativ zu sein und dass sich das nicht mehr auf so ein Header-Bildchen beschränkt. Weil dann kommen wir wieder so ein bisschen zurück zu den Ursprüngen. Also dann ist das vielleicht alles wieder ein bisschen kreativer. Es gibt ja nach wie vor noch coole Seiten, dass kann man jetzt auch nicht so sagen, dass alles furchtbar ist im Web, sondern es gibt auch viele Designer und so weiter, die mega coole Seiten haben, wo ich auch immer total begeistert bin, wenn ich sowas sehe. Aber ja, bei einem Großteil, gerade von Restaurants und so, ist das halt manchmal ein bisschen öde irgendwie.

Lucas Dohmen: Ja, das stimmt. Und wie gesagt, ich würde auch sagen, also ich rede jetzt auch mal an die Einzelperson, die ja auch hier viel zuhören. Als Einzelperson, wer hat halt als Einzelperson noch eine Homepage? Das ist einfach selten geworden und ich merke auch bei mir selbst, dass ich irgendwann auch daran nichts mehr getan habe und die liegt jetzt so ein bisschen brach. Das ist auch was, was ich mir vorgenommen habe, da einfach nochmal Sachen zu machen. Vielleicht auch mit CSS mal Experimente durchzuführen, Dinge auszuprobieren, wie das so aussieht, weil es muss ja auch nicht perfekt sein, es ist halt ja kein kommerzielles, professionelles Projekt und wenn die Webseiten dann mal ein bisschen schief aussieht, dann ist es halt so. Es ist ja ein Spielplatz, sage ich jetzt einfach mal. Und dass wir uns auch selbst auch einfach mal zugstehen, dass wir das machen könne und einfach da ausleben könne. Das fände ich cool und würde da gerne mehr von sehen.

Tim Rauhut: Teilweise, das hat ja auch Vorteile dann am Ende so… Man kann ja so sich, wenn man im Projektkontext ist, sich nicht immer ausleben. Man kann jetzt nicht die letzten Technologien dort einsetzen, weil es gibt einfach Restriktion, die gibt es einfach im Projekt. Punkt. Aber gerade macht es dann Spaß sich privat da irgendwie auszuleben mit den neusten Standards zu verwenden, was weiß ich, von HTML oder CSS oder was auch immer. Oder irgendwas auszuprobieren halt, was ich im normalen Arbeitsalltag einfach nicht machen kann. Irgendwie noch versuchen noch ein bisschen Performance rauszukitzeln bei der Webseite, wenn ich halt neue Bildformate oder sowas nutze, etc. Also das macht ja Spaß sich damit zu beschäftigen und ja, wie du schon sagst, es muss nicht eben alles perfekt sein und perfekt aussehen. Das ist halt auch dann langweilig.

Lucas Dohmen: Ja, genau.

Tim Rauhut: Wir verlangen ja schon nicht viel, aber vielleicht wäre ja so ein Denk-Anstoß nach der Session, dass Leute sich irgendwie überlegen vielleicht von einem großen Provider wegzugehen was E-Mail betrifft. Es gibt so viele auch aus Deutschland gehostete Sachen. Dass man mal wirklich wieder anfängt eine Webseite selbst zu gestalten und zu bauen. Es kommt wahrscheinlich auch so ein bisschen darauf an in welchen Kontext du dich bewegst, weil ich habe halt festgestellt, wenn du dich viel mit auch Designern unterhältst, da hat so ein Portfolio jetzt noch eine ganz andere Gewichtung als jetzt zum Beispiel bei Devs wie uns beiden jetzt. Also die sind da schon sehr hinterher, dass sie ihr eigenes Portfolio aufbauen, dass auch zeigen im Internet mit ein paar coolen Webseiten. Da sehe ich es halt noch ein bisschen mehr als jetzt, ja, bei uns im Bereich sozusagen. Was immer erschütternd ist, weil wir es von der Technik ja eigentlich beherrschen sollten.

Lucas Dohmen: Ja und wir können ja auch da Sachen zeigen. Also so ist es ja nicht. Also ich…

Tim Rauhut: Genau, du kannst vielleicht auch manchmal anonymisiert, aber du kannst ja trotzdem ein Projekt schreiben, das ist ja trotzdem drin.

Lucas Dohmen: Ja. Okay, dann haben wir doch was. Also denkt mal drüber nach, über eure E-Mails, über eure Webseite und über euer File-Storage. Und ja, wir freuen uns auch über Berichte und wenn ihr irgendwas Cooles gebaut habt, freuen wir uns auch, wenn ihr uns das zeigt vielleicht auf einem Twitter-Mention oder so, freuen wir uns bestimmt da mal reinzugucken und eure kreativen Ideen zu sehen. Cool, dann danke ich dir Tim!

Tim Rauhut: Sehr gerne!

Lucas Dohmen: Wir haben heute den digital sovereignty Teil übers Web gemacht, vielleicht kommt auch demnächst ein zweiter Teil über einen anderen Aspekt von digital sovereignity. Aber das lass ich jetzt mal offen, damit wir uns auch nicht zu sehr committen müssen. Und dann sage ich mal den Hörerinnen und Hörern: Bis zum nächsten Mal! Auf Wiedersehen!

Tim Rauhut: Tschüss!

Alumnus

Lucas war bis August 2023 Senior Consultant bei INNOQ. Er beschäftigt sich mit der Architektur, Konzeption und Umsetzung von Web Anwendungen in Front- und Backend. Er programmiert in Ruby und JavaScript und hilft bei der Entscheidung und Einführung verschiedener NoSQL Lösungen. Lucas ist Autor des Buchs „The Rails 7 Way“. Seine Stimme ist regelmäßig im INNOQ Podcast zu hören. Außerhalb seiner Arbeit beschäftigt er sich mit Open Source und Community Arbeit (wie die Organisation und das Coaching beim lokalen CoderDojo).

Alumnus

Tim arbeitete bis November 2023 als Consultant bei INNOQ und ist Mitgründer von Reisekosten-Gorilla. Mit mehr als 10 Jahren Erfahrung und Leidenschaft fokussiert er sich auf die Entwicklung skalierbarer, ergonomischer Webanwendungen. In den letzten Jahren entwirft er tragfähige Front-end Architekturen, welche die Anwender*innen nicht außer Acht lassen und in den Design-Prozess einbeziehen. In seiner Freizeit versucht er Wellen an der Algarve in Portugal zu surfen.