Transkript
Stefan Paal Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Episode des Podcasts „CTO Need to Know“. Heute mit einer Folge zum Thema Legacy Modernization bzw. Modernisierung vom Bestandssystemen. Mein Name ist Stefan Paal und ich bin Principal Consultant bei der Firma INNOQ. Ich bin seit über 35 Jahren in der Softwareentwicklung unterwegs, als Entwickler, Architekt und seit meiner Zeit bei INNOQ auch zunehmend als Berater. Unter anderem habe ich auch mit Legacy Modernization zu tun. In dem Podcast „CTO Need to Know“ geht es aber nicht um mich und auch nicht um INNOQ, sondern darum, mit Entscheider:innen über Themen wie Legacy Modernization aus ihrer Sicht zu sprechen. Daher darf ich heute meinen Gast Andreas Kadler von Sprengnetter begrüßen. Andreas, bevor wir starten, die obligatorische Vorstellung: Wer bist du? Was machst du? Was macht Sprengnetter?
Andreas Kadler Vielen Dank, Stefan. Danke auch für die Einladung. Ich bin Andreas Kadler. Ich bin Geschäftsführer bei Sprengnetter, genaugenommen bei der Sprengnetter Real Estate Services und wir kümmern uns um Immobilienbewertungen. Sie machen nur Immobilien, aber rund um die Immobilie dafür alles. Und wir machen seit 1979 quasi das Geschäft mit der Immobilienbewertung und haben angefangen, Immobilienbewerter auszubilden, haben dann irgendwann gemerkt, dass wir die auch mit Literatur und Software versorgen sollten und haben seit den 90er Jahren dann eben auch angefangen, Software zu entwickeln. Und da sammelt sich natürlich dann so einiges an im Laufe der Jahre. Und so haben wir doch eine ganze Anzahl an Bestandsystemen, die wir heute in der Verwaltung und in der Pflege haben und die wir eben auch bei unseren Kunden im Einsatz haben. Unsere Kunden sind Immobilienmakler, Immobiliensachverständige, Banken, Versicherungen, Bausparkassen und viele, viele Auftraggeber aus der öffentlichen Hand. Soviel mal ganz kurz zu uns.
Stefan Paal Cool.
Andreas Kadler Und ich mache das jetzt seit 25 Jahren, vielleicht noch ganz kurz gesagt, dass ich quasi in der IT, TK Softwareindustrie unterwegs bin.
Stefan Paal Du siehst auch jünger aus als ich, also von daher kann ich das auch glauben. Macht ihr die Software selber?
Andreas Kadler Wir haben eine interne Entwicklungsabteilung, machen viele Teile der Software selber, insbesondere die Domäne rund um die Wertermittlung. Die machen wir natürlich selbst und bedienen uns aber auch bei Partnern, beispielsweise wenn es sich um Sprachen oder Technologien handelt, die wir nicht im Haus haben. Und haben ein Entwicklungsteam. Das ist ungefähr 30 Mann groß und da entwickeln wir in Java, in Delphi, in verschiedenen Sprachen, die es auch heute teilweise gar nicht mehr so angesagt auf dem Markt gibt. Insofern gibt es da wenig Alternative zum Selbermachen.
Stefan Paal Das triggert mich natürlich schon. Ich höre Delphi, und wenn ich höre, dass ihr schon so lange im Geschäft seid, das triggert nicht, dass da auch irgendwas ist mit Bestandssystemen.
Andreas Kadler Genau. Wir haben in den 90ern angefangen mit Software. Und die erste große Software war PROSA. Das ist quasi das Programmbüro der Sachverständigen lesen. Eine Software, wo quasi der Sachverständige sein komplettes Büro darüber abwickelt, und seine Bewertung vornimmt. Und die ist eben in Delphi entstanden, weil das damals so die Technologie war, die wir im Haus hatten, die wir gut verstanden haben. Und so ist das quasi dann begonnen worden. Die Software hat jetzt gute 30 Jahre auf den Rücken, tut noch immer genau das, was sie soll und ist auch so eigentlich die einzige auf dem Markt, die Atomkraftwerke mehrfach bewerten kann. Also für die Immobilienbewerter da draußen ist das das Schlachtross ihrer Tätigkeit. Und natürlich ist das dann irgendwann immer schwerer zu pflegen. Wir haben heute noch genau zwei Entwickler, die genau verstehen, was die Software tut und wie sie das tut, was sie da tut und die eben Hand anlegen können, wenn irgendwo was weiterentwickelt werden muss oder neue Features rein sollen, die auf neue rechtliche Rahmenbedingungen angepasst werden muss. Und insofern haben wir uns dann 2020/21 entschieden, die ins Web zu überführen. Wie das immer so ist, die Kunden wachsen natürlich auch irgendwann aus ihrer Software raus. Es gibt eine Verjüngung in dem sachverständigen Wesen da draußen. Und heute möchte nicht jeder auf einem Windows Desktop PC arbeiten mit einem 24 Zoll TFT Monitor, sondern die sind dann eben auch unterwegs auf einem iPad oder wollen mal mit dem Mac arbeiten oder (04:05) Studio ist ein ganz angesagtes Gerät bei den Kollegen. Das hat dann allerdings eine andere Bildschirmauflösung und Delphi ist nicht so richtig UI freundlich. Das skaliert dann nicht so richtig schön mit. Und insofern kam dann der Wunsch auf: Lass uns doch eine Web Software machen. Und da haben wir dann INNOQ auch um Unterstützung gebeten und haben das Projekt dann „PROSA Web“ genannt. Und so ist dann quasi eine Legacy Software, die wir seit 30 Jahren haben, modern interpretiert worden und ins Web übersetzt worden. Und daran arbeiten wir gerade ganz fleißig, jetzt in der vierten Beta Phase diesen Monat und geht dann Anfang nächsten Jahres quasi live an die Kunden. Ein spannendes Projekt.
Stefan Paal Das ist eine super Management Summary. Jetzt kann man schon aufhören, weil du hast schon in einem Bogen alles erzählt. Ich würde mal gerne noch mal zu den Begriff Bestandssystemen zurückkommen. Würdest du meinen, dass das ein Bestandssystem ist? 30 Jahre, macht es das Alter aus oder was macht für dich ein Bestandssystem aus?
Andreas Kadler Naja, das Bestandssystem ist relativ einfach zu fassen. Wenn ich eine Technologie habe, die eine gewisse Zeit auf dem Buckel hat, dann habe ich technische Schulden, dann habe ich quasi Teams, die sich verändert haben um diese Software herum. Manchmal sind die Leute, gerade bei 30 Jahre alter Software nicht mehr an Bord, die das mal irgendwann ersonnen und konzeptioniert haben, sodass man dann auch nicht mehr fragen kann: Wie war das mal damals, Datenzeile 7? Was hast du dir dabei gedacht? Das fällt dann irgendwann weg. Und insofern ist das natürlich klar eine Bestandssystem. Die tut zwar noch, was sie soll und die bietet für die meisten Kunden immer noch Nutzen, aber irgendwann muss man wieder ran. Software ist unglaublich stark Veränderungen unterworfen, gerade in unserem Bereich gibt es viele regulatorische Anforderungen, die dann wiederkehrend auf die Software einprasseln. Und wenn ich dann die Entwickler:innen nicht mehr an Bord habe, die das erdacht haben oder sich bestimmte Dinge nicht mehr in so eine Software hineinbringen lassen, dann wird das einfach irgendwann schwer, dann veraltet so eine Software auch. Dann ist der Schritt gekommen, die entweder zu modernisieren. Das muss man in unserem Umfeld auch behutsam machen, weil Banken, Versicherungen und Sachverständige sind sehr scheue Kunden. Da muss man sehr behutsam mit Veränderungen sein, gerade wenn man dann (06:05) Umbrüche macht. Insofern geht man entweder ganz behutsam an die Software heran und pflegt sie weiter und verändert sie eben nur so viel, wie man muss. Oder man macht eben den großen Wurf und baut einen Nachfolger. Das sind die beiden Optionen, die ich da habe.
Stefan Paal Kannst du nachvollziehen, wenn es Firmen gibt, wenn es Entscheider:innen gibt, die sagen: Ja, ich weiß, das ist ein Bestandssystem, ich weiß, es ist alt, ich weiß, die Technologien sind auch nicht mehr so hip, aber ich mache da immer noch mein Geschäft. Das ist immer noch eine wertvolle Software, die tut, was sie tun soll. Warum soll ich die jetzt modernisieren? Kannst du nachvollziehen, dass Firmen sagen, sie wollen da gar nicht ran?
Andreas Kadler Gibt es natürlich auch. Und es ist auch oft eine gute Entscheidung, das so zu tun. Ich habe ja oft Cashflow Unternehmen, die im Grunde genommen ein oder zwei Softwareprodukte im Feld haben, die genau das tun. Die verdienen jedes Jahr Geld, die haben keine wahnsinnigen Modernisierungsdrücke, weil sich in dem Bereich vielleicht nicht viel verändert. ERP Systeme sind ein schönes Beispiel dafür. Die wurden irgendwann mal Ende der 90er entwickelt und dann habe ich vielleicht meine Mehrwertsteueränderung oder ich habe eine Währungsumstellung von DM auf Euro, aber ansonsten passiert in dem System relativ wenig. Es wird immer noch eingekauft, es wird immer noch verkauft, es werden Rechnungen geschrieben, es werden Einkaufsbestellungen verarbeitet. Den darunterliegenden Code muss ich vielleicht mal auf eine neue Windows Version anpassen. Aber ansonsten habe ich da eigentlich Legacy, die vernünftig Geld verdient. Und ich möchte jetzt nicht die Kollegen der ERP Software dissen, bitte nicht falsch verstehen, aber das ist ein relativ stabil laufender Bereich an Software, wo ich wenig dran müsste, wenn ich nicht wollte. Dann kommen natürlich irgendwann Innovationen, die vielleicht dem Kunden die Arbeit erleichtern können. Wie zum Beispiel AI, das ist auch in unserem Sektor eine spannende Innovation. Das könnte auch im ERP Umfeld eine spannende Innovation sein, weil ich im Grunde genommen repetitive Tätigkeiten loswerden kann. Gerade im Bereich Buchhaltung oder jetzt auch beim Immobilien-Sachverständigen habe ich wahnsinnig viele Tätigkeiten, die aus Auslesen von Informationen beruhen. Ich bekomme ein Dokument, muss herausfinden: Passt das zu meinem Fall? Sind die Informationen drauf, die ich brauche? Und ich nehme quasi dann 2, 3, 4 strukturierte Informationen aus dem Dokument und bearbeite die weiter. Und da zum Beispiel zu schauen: Wie kriege ich sowas in meine Software rein und gibt es einen Hebel? Kann ich da irgendwie Mehrwert für meine Kunden schaffen? Und kriege ich da auch ein Business Case gerechnet, der dann wiederum diese Investition, die ich in die Software eben bringe, auch wieder refinanziert? Das sind dann spannende Fälle. Aber ansonsten muss man beispielsweise an bestimmte Software wirklich nicht ran, dann kann die einfach laufen und bleibt so lange eine Cashcow, wie der Markt sie eben noch akzeptiert.
Stefan Paal Wir haben auch schon mal Kunden erlebt, die sagen: Wir trauen uns gar nicht, diese Legacy Software zu modernisieren, weil wir gar nicht mehr genau wissen, wie sie funktioniert. Habt ihr das bei euch im Unternehmen auch? Also solche schwarzen Löcher, die sagen: Ja, sie funktioniert noch. Ja, wir wissen auch, dass wir daran müssen. Aber nein, wir wollen das nicht, weil Schwarzes Loch.
Andreas Kadler Ja, da bin ich immer von der mutigen Fraktion. Am Ende muss man an so was immer ran, weil es wird nicht besser mit der Zeit. Und wenn ich das dann 20 Jahre lang vor sich hinfummeln lasse, dann habe ich vielleicht irgendwann was, was gar nicht mehr rettbar ist. Insofern kann ich jeden nur ermutigen, da ranzugehen, sich das einmal anzuschauen, gerne auch mit Unterstützung von Partnern, die Dokumentation anzusehen, den Code mal anzusehen und dann eben zu schauen: Was macht sie eigentlich? Welche Funktion und wofür war die mal gedacht? Und dann kann man so was eben rückwärts auch ganz gut auflösen. Und so ähnlich ist das bei uns eben mit PROSA auch. Das ist ein Dinosaurier in einer Umfänglichkeit, die kann im Prinzip wirklich alles. Wir werden das nicht in diese neue Software retten können, also diese gesamten Funktionalitäten, die da in 30 Jahren entstanden sind, jetzt irgendwie in ein oder zwei Jahren in eine Web Software zu gießen, ist völlig illusorisch. Das wissen auch alle Beteiligten und da muss man dann ein Stück weit Mut zur Lücke haben und sich auf die 80% konzentrieren, die eben mein Geschäft möglich machen und die es eben auch nötig hat. Und alles andere würde ich dann erst mal grob liegen lassen und dann über die Zeit wieder nachentwickeln. Das kommt im Grunde genommen bei PROSA auch vor, weil 30 Jahre in eine Web Software zu gießen, ist ein immenser Aufwand. Das bezahlt nachher auch wieder kein Kunde.
Stefan Paal Dass man versucht, 1:1 einfach die Funktionalität darüber zu retten. Ich kenne das.
Andreas Kadler Das ist ganz oft so bei Legacy Software. Die hatte einen Zweck, die wurde irgendwann mal erdacht und dann hat sich über 30 Jahre das Geschäft aber auch fortentwickelt. Und ich wette, bei jeder Legacy Software gibt es Funktionen, die werden einmal in zehn Jahre benutzt. Das ist die Frage: Muss man die jetzt umfangreich in eine neue Software retten oder modernisieren oder kann man die vielleicht auch einfach abschalten?
Stefan Paal Richtig. Ich hatte einen Kunden aus der Versicherungsbranche, die hatten auch so diese alten Terminal Anwendungen und da waren die Sachbearbeiter schon so trainiert, die mussten gar nicht mehr schauen. Wir hatten ihre Tastenkürzel und da ging es darum, die Software zu aktualisieren. Und dann sagte der Auftraggeber: Die Software muss sich aber so verhalten wie die Terminal Anwendung. Die Tastenkürzel und die Maske müssen genauso aussehen, weil die Sachbearbeiter kennen das.
Andreas Kadler Das wird in der Tat gerne genutzt. Ich habe, bevor ich quasi in die freie Wirtschaft gegangen bin, lange bei der Telekom gearbeitet, habe 15 Jahre Konzernerfahrung und die haben auch eine SAP Variante benutzt. Das war R2 zu der Zeit noch und da gab es zum Beispiel für den Tiefbau immer die Funktion mit Tastenkürzel, die haben so (11:26) Terminal Kommandos benutzt und dann hattest du MTB80 neue Transaktionen und das konnten die alle blind öffnen. Die konnte die Aufmaße blind eingeben und die (11:35) bearbeiten, blind bestellen. Das hat drei Minuten gedauert pro Auftrag. Und dann war immer die Frage: Wenn wir da jetzt eine GUI draufsetzen, da dauert das mindestens mal zehn Minuten, bis der mit der Maus hin und her geklickt hat. Ja, die Frage ist: Wo finde ich denn noch Mitarbeiter, die in zehn Jahren bereit sind, den ganzen Tag auf einen schwarzen Bildschirm zu schauen und mit MTB80 und irgendwie Tastenkürzel da Aufträge einzugeben. Da ist immer die Frage: Ist das nicht ein aussterbendes Feld? Und insofern muss man so ein bisschen schauen: Schaue ich in die Zukunft oder schaue ich eher in den Rückspiegel, was meine Anforderungen an die Software angeht? Und Tastenkürzel sind schön, die kann man aber auch in die Web Software einbauen oder die kann man auch in moderne GUIs einbauen, dann hindert die einen nicht daran, seine Software zu modernisieren.
Stefan Paal Du meinst Mausbedienung ist überbewertet, man kann auch mit Tastenkürzel einfacher arbeiten?
Andreas Kadler Man kann wunderbar auch mit Tastenkürzel arbeiten. Aber für den geneigten Einsteiger ist eine Maus einfach immer noch das erlebbarere Eingabegeräte auf jeden Fall.
Stefan Paal Ich will nochmal auf den Punkt zurückkommen, als du gesagt hast, dass diese Software jetzt schon 30 Jahre alt ist, dass man nicht mehr so viele Leute findet, die Delphi programmieren können. Das ist auch so ein Phänomen, dass manche Probleme sich einfach durch den biologischen Druck, sage ich mal, ergeben. Weil die Leute werden einfach nicht jünger, die gehen einfach irgendwann mal in Rente. Oder noch schlimmer, sie versterben natürlich auch irgendwann mal. Habt ihr noch andere Zwänge oder andere Treiber gehabt. Ich meine, dass irgendwann die Leute nicht mehr da sind. Die Software zu warten ist das Eine. Das andere sagtest du schon mal, dass die Kunden was Neues erwarten. Ist das auch für dich, für euch entscheidend?
Andreas Kadler Genau, du hast irgendwann auch Druck vom Markt. Der Trend geht Richtung Web Software und die Leute wollen mobil arbeiten. Die Software ist quasi bei uns auch auf Geräte gelockt, das heißt von deinem Desktop PC im Büro kannst nur dort arbeiten. Das schränkt dich natürlich auch in gewisser Weise ein. Man kann so eine Zweitlizenz für den Laptop vielleicht noch haben, aber das war dann quasi auch so die Mobilität der 90er und der 2000 Jahre. Und heute ist Arbeiten überall quasi Standard geworden. Insofern ist Web Software eigentlich die moderne Alternative dafür. Das erwartet der Kunde auch, das kennt er von allen Systemen. Und warum sollen wir ihm das nicht auch bieten? Und ein interessanter Aspekt ist auch die Teamzusammenstellung. Du hast bei Teams typischerweise immer einen Effekt, da kommen Leute hoch motiviert von der Uni, die haben dann ihre Ausbildung genossen, die haben dann irgendwie den heißesten Scheiß mitgebracht von der Uni und bauen quasi auf dem Stack dann irgendwie Software. Ratzfatz sind 30 Jahre rum und dann ist der heißeste Scheiß natürlich nicht mehr unbedingt der heißeste Scheiß. Dann hast du zum Beispiel mit Delphi mal gestartet vor 30 Jahren. Das war irgendwie hip und cool. Heute kriegst du kaum noch über Borland die Lizenz und den Service Pack verlängert, weil die jetzt sagen: Also, wenn es unbedingt sein muss für 4.000$ machen wir das nochmal, aber so richtig heiß drauf sind die auch nicht mehr. So, und dann hast du den zweiten Effekt. Du bekommst eine gewisse Routine dann in deiner Sicht auf die Dinge und in deiner Arbeitsweise. Und das gar nicht böse gemeint, aber du bekommst nicht immer dann Lösungen, die den modernsten Anspruch auf Architektur haben, die die schnellste und effizienteste Art der Lösungen sind für ein gewisses Problem. Und da kann sich auch keiner von frei machen, wenn man so ein gewisses Alter erreicht hat und eine gewisse Berufserfahrung erreicht hat, dann nimmt man natürlich lieber die Lösung, die man schon irgendwie im Gepäck hat, als vielleicht auf einer Konferenz oder einem neuen Fachvortrag oder irgendeinem Blogpost irgendwas zu schauen: Gibt es da vielleicht bessere Werkzeuge für? Und kann ich das vielleicht anders lösen, als ich es in der Vergangenheit getan habe? Diese Neugierde und dieses Immer-wieder-ausprobieren-wollen geht so ein bisschen verloren auf dem Weg. Und das ist in Teams, die lange zusammenarbeiten, die lange auf dem gleichen Produkt sind, irgendwann ganz normal, es schleicht sich ein, da ist auch gar kein böser Wille, sondern das ist einfach die menschliche Natur. Und insofern tut so ein Impuls von außen immer mal wieder gut, dass man sich so ein bisschen challenged und sagt: Sind wir noch auf dem richtigen Pfad unterwegs? Nutzen wir die richtige Technologie? Lösen wir das Problem effizient genug? Oder, wenn du jetzt so neue Dinge hast, wie zum Beispiel AI: Kriege ich das in meine Software überhaupt rein? Da würde man natürlich gut daran tun, jemand extern zu befragen als jetzt denjenigen, der vor 30 Jahren angefangen hat, die Software zu programmieren, diesen Auftrag mitzugeben. Der wird es vielleicht auch begeistert aufnehmen, weil er auf das Thema irgendwie Lust hat, aber er wird, glaube ich, nicht die effizienteste Strategie finden um das in sein Produkt einzubauen?
Stefan Paal Das kann ich sehr gut nachvollziehen. Ich kann mir auch vorstellen, den Punkt, den du angesprochen hast, dass es natürlich schwierig ist, jetzt gerade in Zeiten von Personalmangel, Fachkräftemangel Leute zu gewinnen, die jetzt Delphi programmieren sollen. Und wenn die dann vielleicht trotzdem kommen und dann auf einmal feststellen: Das ist gar nicht so hip. Und mein Kollege, der auch mit mir studiert hat, macht was ganz Neues, dann haben die natürlich vielleicht auch nicht so die Motivation, bei euch weiter zu bleiben. Ich glaube, gerade für Fachkräfte ist es schon wichtig, dass man auch mit der Zeit geht und die auch motiviert damit arbeiten, wenn es darum geht, diese Software weiterzuentwickeln.
Andreas Kadler Du musst den Leuten eine Perspektive bieten. Es kann auch keiner irgendwie 20 oder 30 Jahre jetzt ein Produkt mit einer Sprache irgendwie weiterentwickeln, sondern du willst dich gerade als Entwickler auch dich ausprobieren, ein paar neue Dinge kennenlernen, mal irgendwas austesten. Insofern versuchen wir schon, einen breiten Mix herzustellen und auch den Leuten eine Perspektive aufzuzeigen, dass sie mal ins Java Team wechseln können zum Beispiel oder mal in PAP Bearbeiten für zum Beispiel in der E-Commerce Umgebung und da ein bisschen Abwechslung dann auch passiert.
Stefan Paal Jetzt haben wir schon ein paar Gründe gehört, was bei euch die Modernisierung antreibt. Gibt es denn für euch auch, weil du sagst ja, ihr arbeitet in verschiedenen Branchen. Regulatorische, gesetzliche Vorgaben, die euch schon mal dazu motiviert haben, da was zu modernisieren. Gibt es da etwas?
Andreas Kadler Ja, wir haben bei der Regulatorik eher den umgekehrten Ansatz. Das ist so ein bisschen das Absurde. Die Regulatorik hätte am liebsten, dass alles so bleibt, wie es ist und nur den modernsten Anforderungen an die gesetzlichen Grundlagen entspricht. Da ist Modernisierung eher wirklich eine ganz grazile Angelegenheit. Weil man es in nur ganz kleine Dosen machen kann. Und wenn das mit Internet Explorer 6 funktioniert, dann ist das natürlich am besten, weil der ist in der Bank immer noch extrem common. Und insofern ist da aus regulatorischer Perspektive der Druck gar nicht so groß. Wenn du neue Gesetze hast, wie zum Beispiel eine Beleihungswertverordnung, die für Banken dann extrem relevant ist oder eine MaRisk, die eben andere Risikoumgänge von dir fordert, dann musst du immer schauen: Ist meine Software die ich habe damit entsprechend compliant oder muss ich da irgendwas nachbauen oder nachprogrammieren? Das ist gar nicht so aufwendig. Was eher spannend ist sind Themen wie jetzt zum Beispiel Klimarisiken oder ESG Themen, die eben auch auf Immobilien natürlich dann einzahlen sollen. Und da musst du dann eben Funktionalitäten erweitern, musst APIs anbinden, die dann eben zum Beispiel von den üblichen verdächtigen Playern, die solche Risikodaten eben haben, Rückversicherer sind das natürlich in der Regel, die dann erlauben, beispielsweise Klimarisiken für deine Objekte mit hinzuzunehmen. Weil Banken natürlich jetzt schauen müssen: Ich habe jetzt vielleicht strukturiertes Risiko, weil ich bestimmte Objekte in einer Region ganz stark drin habe. Habe ich da irgendwie große Risiken in meinen Büchern oder verteilt sich das relativ gleichmäßig? Da ist es dann eben wichtig, dass man schnell solche Dinge anbinden kann, integrieren kann und in seine Software aufnehmen kann.
Stefan Paal Guter Punkt.
Andreas Kadler Das ist eine Modularisierung am Ende, sodass ich quasi eine Legacy Software wirklich so modular halte, dass ich sowas ergänzen kann, ohne dass es mir im Grunde genommen die komplette Software dann verändert oder zerstört, wenn ich nicht das ergänzen muss.
Stefan Paal Das ist so ein guter Punkt mit der Zeit gehen, weil die Welt außenrum dreht sich weiter. Und wenn man solche Systeme hat, die man anbinden muss, möchte oder aus anderen Gründen irgendwie angebunden werden, dann muss man die Software auch dafür entsprechend vorbereiten können. Wenn man das nicht mehr kann, weil einfach die Bibliotheken dafür nicht mehr da sind und weil man vielleicht am Ende sogar selber irgendwas bauen muss, was man warten muss, wird es natürlich noch aufwendiger. Bei dem Internet Explorer so ein bisschen geschmunzelt, weil ich in einem Projekt war, da haben wir auch gesagt: Wir müssen bis Internet Explorer 6 runter und haben sich da Klimmzüge einfallen lassen wie die Web Oberfläche auf verschiedenen Browsern in verschiedenen Versionen. Da gibt es richtige Parks, wo man so ganze Tests fahren kann. Und dann ist jemand auf die schlaue Idee gekommen mal zu fragen im Fachbereich: Wie viel Kunden benutzen denn noch Internet Explorer 6 und 7 und was es da so gibt? Und dann kam raus: Es waren weniger als 5% und dann hat das Management entschieden: Weg, wir machen nur noch ab Internet Explorer 11 und haben gesagt: Dann müssen die Kunden einfach erst mal upgraden, weil wegen 5% Kunden so viel Aufwand zu haben, diese Plattform immer noch für diese alte Technologie aufzubereiten, das war denen einfach zu viel.
Andreas Kadler Das verstehe ich. Ansonsten man natürlich weiterhin auch technologische Zwänge irgendwann, weil dann gibt es im Grunde genommen irgendwann keinen Support mehr für seine Java Version, die man einsetzt. Oder ich habe irgendwie noch ein altes Oracle drin und so weiter. Da muss man dann irgendwann natürlich dran, weil da ist das Stichwort immer LTS, also Long Term Support und da muss ich dann immer wieder so Major Upgrades machen, damit ich meine Software nicht verliere. Und das wäre natürlich auch kritisch, wenn man da irgendwann aus diesem Upgrade Pfad rauskommt, weil die Sicherheitslücken kann man eigentlich strukturell kaum handeln, wenn man sich jetzt da irgendwie nicht an die Upgrade-Pfade und die Update-Zyklen hält, kommt man relativ schnell in die kritische Phase mit seiner Softwaresicherheit.
Stefan Paal Ein ganz wichtiger Punkt Sicherheit. Das wird oft übersehen. Warum brauche ich eine neue Version? Die bietet mir doch nichts Neues. Meine Software läuft doch noch. Aber irgendwelche Risiken, die da eingebaut sind, die würde man natürlich dann immer noch mitschleifen.
Andreas Kadler Ja, Zero-Day, das wird zunehmend mehr. Ich habe letzte Woche gelesen, dass die Zahl der IT Angriffe um das 18-fache gestiegen ist von 2022 auf 2023, das 18-fache. Und da kann sich kein Unternehmen so sicher wiegen, dass das ihm nicht passieren mag, weil es hat alle schon erwischt. Und je weiter man da quasi mal runterschaut, irgendwann ist man einfach statistisch gesehen dran. Und wenn man dann auf Basis einer veralteten Version von Java irgendwie erwischt wird, das wäre einfach peinlich.
Stefan Paal Die Aussage möchte ich unterstreichen. Man ist statistisch irgendwann mal dran. Das ist natürlich eine gute Aussage. Sehr gut. So, jetzt hast du vorhin schon mal in dem kurzen Überblick schon gesagt, wie ihr da vorgeht. Ihr macht das nicht alles selbst, diese Modernisierung, sondern ihr holt euch Unterstützung. Wie sieht die dann aus?
Andreas Kadler Wir bauen das immer sehr gerne in Projekten auf. Man kann natürlich nicht alles gleichzeitig und auf einen Schlag modernisieren, sondern man muss das sehr behutsam machen und eben auch schauen: Was macht Sinn? Was ist der Kunde bereit mitzugehen? Was honoriert er im Zweifel auch? Wo kann man neue Versionen zum Beispiel kreieren? Und dann baust du da quasi ein Projekt auf. Erst mal gucken wir uns quasi an: Was für Technologien haben wir dort? Welches Know-How haben wir intern eben noch vorhanden? Wie sieht quasi das Projekt Setup aus? Und wenn wir dann eben feststellen, es braucht eine neue Technologie, dann gehen wir eben in die Pitch-Phase, suchen uns entsprechende Unterstützung dafür und bauen dann ein Projekt mit einem Partner auf, der dann seine Technologie Expertise einbringt, uns dabei berät, wie die Architektur dafür aussehen kann, das challengen wir dann mit unserem internen Softwarearchitektur-Team und dann gehen wir quasi auf die Route und bauen so ein Projekt dann auf. Das kann ein kleines Modul sein, wie zum Beispiel ein Modul in unserer Software, das dann ESG. beinhaltet. Oder das kann eine komplett neue Software sein, wie PROSA Web. Das hängt immer so ein bisschen davon ab, worum es gerade geht, wie aufwendig das Thema ist und wie viel Support wir auch brauchen.
Stefan Paal Aber ihr legt Wert darauf, dass das Know-how und das, was da aufgebaut wird, auch von euren eigenen Leuten weiterbetrieben, weiterentwickelt, weiter wie auch immer gefahren werden kann?
Andreas Kadler Das ist immer so das Schöne auch an einem Sparring Partner, dass deine Leute, die auf der Software sitzen, auch schlauer werden über das Projekt. Die bekommen Eindrücke, die bekommen neue Technologien mit, die können ein bisschen Sparring machen mit Kollegen, die vielleicht ein bisschen mehr gesehen haben, weil sie an verschiedensten Projekten mitgearbeitet haben, weil sie dauerhaft auf Konferenzen sind und einen breiteren Blick auf bestimmte Technologien haben, als das, was ich eben schon angedeutet habe, für 30 Jahre auf eine Technologie zu setzen. Ich übertreibe jetzt gerade ein bisschen, weil dann ist natürlich der Blick nach links und rechts einfach nicht mehr ganz so groß. Und da tut ein externer Partner manchmal ganz gut, weil er natürlich in verschiedenen Umfeldern gearbeitet hat, in verschiedenen Industrien idealerweise und dann so ein bisschen Best Practice mitbringen kann für meine jeweilige Aufgabe. Und das quasi in so ein Team dann reinzuholen für eine begrenzte Zeit und die miteinander arbeiten zu lassen, das empowert auf beiden Seiten dann immer gegenseitig und das ist sehr angenehm zu sehen, weil man eben sehr schön den Uplift bei den eigenen Leuten sieht, aber auch den Fortschritt im Projekt.
Stefan Paal Ich musste eben ein bisschen schmunzeln, weil du dich schon ein bisschen entschuldigt hast. 30 Jahre Software. Ich hatte kürzlich einen Kunden, der hat sich auch fünfmal, zehnmal entschuldigt und sagte: Ja, unsere Software ist schon so alt, 30 Jahre. Das ist nicht schlimm. Wenn sie ihren Zweck noch erfüllt, ist alles gut. Also nur weil etwas älter geworden ist, nur weil es etwas Legacy ist, heißt es nicht, dass man es sofort austauschen muss oder dass man sich dafür entschuldigen muss. Ich weiß, dass du es nicht so gemeint hast, aber ich finde immer so, wenn Leute über ihre Software reden und sagen: Ja, wir haben noch Delphi oder wir haben noch irgendwie COBOL. Ja, mein Gott, wenn das Geschäft damit noch geht. Was mich interessieren würde, ich finde das super, wenn ihr sagt, ihr wollt das mit eigenen Leuten natürlich auch weiterbetreiben. Habt ihr denn jetzt im Rahmen dieser Modernisierung, die ihr jetzt gerade mit diesem PROSA Web angeht, auch Leute eingestellt? Oder habt ihr es mal mit den eigenen Leuten geguckt, ob ihr das stemmen könnt? Habt ihr Bedarf, Kapital aufzubauen?
Andreas Kadler Wir haben in dem Fall jetzt quasi die eben angesprochene Perspektive noch mal gezogen und haben quasi Leuten, die bis dato in Delphi gearbeitet haben und an dem Delphi Produkt gearbeitet haben, die Möglichkeit geboten, jetzt auch auf Ruby, in dem Fall arbeiten wir auf Ruby, quasi zu wechseln und in Ruby einzusteigen und mit den Kollegen hier gemeinsam zu arbeiten, bestimmte Themen im Projekt auch zu übernehmen und denen quasi wirklich eine längere Perspektive auch im Unternehmen wieder zu geben. Und einen technologischen Wechsel noch mal, so dass du quasi dann auf das nächste Level kommst, wenn ich das mal so sagen darf.
Stefan Paal Das finde ich auch, was oft auch ein bisschen in Hintergrund gestellt wird, ist, dass nicht nur Technologie modernisiert werden muss, sondern ich sage es jetzt mal flapsig: Auch Mitarbeiter müssen modernisiert werden. Und viele wollen auch, dass sie da auch weiterkommen. Und das ist das, was du sagst, dass sie eine Perspektive haben, mit neuen Technologien, mit neuen spannenden Themen zu arbeiten. Hast du erlebt, dass das schwierig mit den Leuten war, dass sie sich vielleicht auch ein bisschen dagegen gewehrt haben? Mensch, ich mag gar nichts Neues machen. Ist doch gut so, wie es ist. Wieso müssen wir was ändern?
Andreas Kadler Du hast bei der Legacy Modernisierung nicht nur die technische Seite. Das ist ein schöner Aspekt, den du gerade ansprichst, sondern du hast eigentlich auch ein Change Projekt im Hintergrund. Denn du hast ein Team, das war in den meisten Fällen auch sehr erfolgreich. Wenn Software 30 Jahre alt geworden ist, dann ist sie das nicht ohne Grund. Dann hat sie einen gewissen Erfolg auf dem Markt generiert und dann musst du erst mal diesen Erfolg und vor allem auch diese Historie ein bisschen brechen. Weil du musst den Leuten sagen: 30 Jahre Erfolg in der Vergangenheit sagen noch nicht, dass wir auch 30 Jahre Erfolg in der Zukunft haben. Und das ist erst mal hart zu verdauen, das Stück Arbeit, was da vor einem liegt und die Leute dann zu motivieren und zu sagen, jetzt gehen wir die Veränderung, das ist erst mal Schmerz und wir gehen in diese Veränderung, weil…Das muss man gut erklären, das muss man sehr gut begleiten, Da muss man sehr viel kommunizieren und da muss man auch sehr stark ein Stück vorangehen und an diese Transformation glauben und die ersten kleinen Erfolge und Umstellungserfolge generieren, damit dann eben das Team auch sieht: Das lohnt sich. Ich gehe mit auf diese Reise und ich investiere auch meine Zeit jetzt eben in so eine Transformation oder in eine Modernisierung. Das ist eigentlich der härtere Teil der Arbeit ehrlicherweise. Weil wenn man jetzt „nur“ auf die Technologie schaut, dann ist das alles relativ gut beherrschbar und liegt auch so offensichtlich auch auf dem Papier, was man da im Grunde genommen heben kann. Aber der Change Prozess dahinter ist der sehr viel aufwändigere.
Stefan Paal Das heißt, mit Menschen arbeiten ist das härtere Brot.
Andreas Kadler Das würde ich jetzt nicht sagen, aber es ist auf jeden Fall der anstrengendere Teil des Projektes, weil der natürlich ein bisschen unkalkulierbarer ist. Technologie kann natürlich auch mal ein paar Rückschläge haben, dass Dinge nicht so funktionieren, wie du es dir vorstellst. Aber du hast natürlich bei den Mitarbeitern unterschiedliche Motive, du hast unterschiedliche Erfahrungen. Vielleicht ist so etwas in der Vergangenheit mal schiefgelaufen. Da muss man jetzt erst mal wieder den Beweis antreten, dass das gut werden kann. Das sind so Dinge, die liegen einfach auch oft unter der Wasserlinie und da muss man dann sehr behutsam mit umgehen und eben auch schauen, dass man keinen unterwegs verliert. Und das ist bei Software ein bisschen anders, weil da steht alles im Code im Zweifel und das kriegt man irgendwie gelöst. Das kann man logisch erklären und das ist relativ rational.
Stefan Paal Okay. Jetzt hast du vorhin schon gesagt, dass ihr da schrittweise vorgeht. Und dann habe ich vorhin auch gehört, dass ihr die Software an einen bestimmten Rechner bindet, dass es da so ein Log gibt. Ist das auch mit der neuen Software so? Und wie geht ihr damit um?
Andreas Kadler Es ist bei der Software nicht so. Bei Laptop natürlich der große Vorteil, dass man es eben ortsgebunden und auch plattformungebunden benutzen kann. Die ist quasi an eine User Lizenz gebunden. Ich kann mich mal dort mit meinem User einloggen und dann habe ich quasi dort meine kompletten Dinge wie: Aktuelle Bewertungen, meine Historie komplett auf der Hand. Und die historische Software ist quasi deshalb rechnergebunden, weil wir das quasi als Lizenzierungsverfahren so hinterlegt haben, dass du quasi eine Erstplatz Lizenz und eine Zweitplatz Lizenz bekommen kannst. Und die ist dann quasi typischerweise auf Desktop, PC und noch mal auf Windows Laptop aufgespielt. So ist quasi die Historie. Und das ist einfach so gewachsen, weil bestimmte Leute dann in ihrem Sachverständigen Büro auch mehrere Arbeitsplätze brauchen. Da konntest du quasi jeden Arbeitsplatz lizenzieren. Das ist klassisch, wie es eigentlich jeder früher gemacht hat, dass du pro ein Stück PC, eine Lizenz gebraucht hast.
Stefan Paal Wenn ihr jetzt die Software modernisiert, wird die schon freigeschaltet? Also macht ihr die komplett fertig bevor ihr die neuen Kunden vorstellt Oder wird da schon quasi eine Zwischenversion in Produktion genommen?
Andreas Kadler Wir haben jetzt in der Web Software quasi gerade die
- Beta im aktuellen Stadium draußen. Die ist jetzt am Montag gerade live gegangen. Und das heißt, wir haben jetzt quasi drei Runden mit Kunden schon gemacht. Die erste war noch komplett ohne Ausgabe. Da haben wir einfach nur sehen wollen, wie es denn so das User Feedback auf die UI? Ist das verständlich? Haben wir die Funktionen gut abgebildet, weil natürlich Web Software und Desktop Software eine unterschiedliche Tiefe haben. Ich habe jetzt zum Beispiel bei der Desktop Software kann ich 16 Tiefen meiner Menüs abbilden und da habe ich da noch einen Assistenten und da geht dann noch ein Module Window auf und da geht dann noch ein Assistent auf, der mir erklärt, was da gerade passiert. Das ist natürlich in der Web Software unmöglich und es würde auch keiner wollen ehrlicherweise. Das heißt, ich muss erst mal Kunden, die das Alte gewohnt sind, vorsichtig an das Neue heranführen. Da haben wir sehr früh mit einer Beta begonnen und das so ein bisschen als Lackmustest auch verstanden, ob sie unseren Weg dort mitgehen, ob sie das verstehen, wie wir das aufbauen, ob sie die Struktur gut finden. Dann sind wir quasi weitergegangen über den Schritt der Ausgabe. Das heißt, dann konnte ich das erste Mal wirklich auch ein Gutachten drucken und sehe im Grunde genommen: Was ist denn eigentlich jetzt mein Produkt, was ich aus dieser Software herausbekommen kann? Und haben dann eben immer weiter Funktionen ergänzt. Typischerweise kommst du von hohen wirtschaftlichen Immobilien, die sind ein bisschen „leichter“, dann kommen irgendwann mehr Gebäudetypen auf dem Grundstück, dann kommt vielleicht noch Nebengebäude, Garage und so weiter und so fort. Und das wurde dann Stück für Stück ergänzt, um die Komplexität langsam hochzufahren. Und das haben wir dann immer wieder getestet mit Kunden. Der Kundenkreis wurde auch immer größer, der auf diese Software herauf durfte. Und dann geht es jetzt quasi nach dem Abschluss der Beta 4 wirklich in den ersten Live Gang und dann können die Kunden das auch kaufen.
Stefan Paal Aber ihr macht das dann vorbildlich. Während der Entwicklung werden jetzt quasi schon Kunden eingebunden, dass sie schon direkt Feedback geben und dass ihr dann iterativ daran arbeiten könnt. Das ist ja super.
Andreas Kadler Ich glaube, es ist unglaublich vermessen, als Entwickler zu glauben, dass man genau weiß, was der Kunde will. Und da kann man ganz böse gegen den Baum fahren. Und insofern macht es aus meiner Erfahrung Sinn, so früh wie möglich einfach mal so ein Reality Check zu machen und zu schauen: Bin ich eigentlich auf dem richtigen Weg und baue ich etwas, was der Kunde nachher auch benutzen möchte?
Stefan Paal Da hast du vollkommen recht. Aber es gibt immer noch viele, die sagen: Das muss so sein. Und wir machen das jetzt und der Kunde muss das dann akzeptieren. Worauf ich hinaus will ist, ich hatte jetzt kürzlich auch einen Kunden, der sagt: Die Software ist jetzt beim Kunden im Betrieb. So, und jetzt entwickeln wir die weiter und ich kann das doch nicht am Live System machen. Macht ihr das, wenn das jetzt in Betrieb genommen wird, habt ihr Releases oder wie macht ihr das, wenn ihr dann neue Software Features einbaut, bei Software die bereits in Produktion ist?
Andreas Kadler Dann haben wir dann Releases. Und wir haben auch Banksysteme, wie gesagt, die für große Bankinstitute unterwegs sind, da haben wir dann typischerweise drei Releases pro Jahr. Drei Major Releases, wo bestimmte Funktionen ergänzt werden oder auch mal Fehler gefixt werden, wenn sich dann eingeschlichen haben sollte. Und so ist das eben bei der großen Software auch. Da wird es ein bisschen mehr werden, weil wir eben nicht so stark in einem Umfeld sind, wo Veränderung immer durch viele Gremien muss, sondern da kannst du als Einzelkunde auch flexibler beliefert werden. Und wenn wir dann neue Funktionen schicken, da gibt es ein Release und dann hast du quasi mit dem Update die neuen Funktionalitäten.
Stefan Paal Das ist genau der Punkt.
Andreas Kadler Bei der Desktop Software gibt es natürlich auch einen Haken. Der bekommst du quasi dann ein Update, du musst ein Stück Software herunterladen, auf deiner lokalen Maschine installieren, wieder neustarten und dann hast du quasi die Software in Benutzung. Das ist bei Web Software natürlich deutlich einfacher, weil ich die Distribution quasi in der Hand halte als Anbieter.
Stefan Paal Genau, das Deployment wird dann viel einfacher, weil das genau der Punkt ist, den der Kunde da angesprochen hat, der sagt: Die Leute sind gewöhnt, dass bestimmte Features so sind, wie sie sind, und wir können die nicht einfach neu ausrollen. Dann passiert genau das, was du sagst, in einer Umgebung, wo ein bisschen mehr Regulatorik ist, wo vielleicht ein bisschen mehr Vorgaben herrschen, da wird man vielleicht nur drei oder weniger Releases im Jahr machen. Und bei einer eCommerce Plattform, wo man sagt, da will man einfach sehr schnell neue Features rausholen, da wird es nicht direkt Releases geben, sondern dann wird es sofort ausgerollt, wenn es gebraucht wird.
Andreas Kadler Und auch da haben wir typischerweise ein Staging Cycle, das heißt quasi eine Development Umgebung, eine Staging Umgebung und dann eine Live Umgebung. Und du deployest quasi immer dann von Dev zu Stage zu Live. Und aus Staging wird noch mal ausgiebig getestet. Typischerweise auch damit den Betatest dann noch mal, ob alle Funktionen wie gewohnt funktionieren und dann gehen die quasi an einem bestimmten Tag live. Und das ist im eCommerce auch. Da wird typischerweise der Dienstag gerne genommen, weil das nicht so der stärkste Tag ist und dann ist Dienstagabend quasi Go Live und dann werden die neuen Funktionen ausgerollt.
Stefan Paal Ganz spannend ist, ich hatte einen Kunden über mehrere Jahre. Da waren am Anfang auch so ein bisschen die Vorbehalte: Wir können doch nicht einfach ein Feature ausrollen. Und irgendwann mal sagte der Programmierer: Ja, doch, wir tun das jetzt. Und danach waren die alle heilfroh. Jeder PO konnte ein Feature, was fertig wurde, sofort am nächsten Tag live nehmen und es funktioniert. Man denkt nicht, dass es funktioniert, aber es funktioniert. Wenn der Prozess und so weiter alles richtig aufgesetzt ist, dann kann man ohne Releases arbeiten, dann kann man direkt, wenn die Features fertig sind, raushauen.
Andreas Kadler Wir haben zum Beispiel auch im Bereich ABM, das ist automatisierte Wertermittlung, Automated Valuation Model heißt das dahinterliegende Produkt und da haben wir auch unter-wöchentlich einfach mal Updates. Da wird ein neues Modell upgedated, immer am ersten Dienstag des Monats. Es kriegt kein Kunde mit. Das dauert genau zwei Sekunden, dann ist das Modell live. Dann hast du einfach die neuesten Monatsdaten drin. Dann haben wir irgendwie Updates, zum Beispiel in unserer Map Oberfläche. Da kannst du dir quasi Immobilienwerte auf Karten anzeigen lassen und siehst: Wie verläuft die Preisgrenze in meiner jeweiligen Ortschaft? Sind meine Nachbarn teurer oder günstiger als ich von Immobilienwert? Ein ganz nettes Tool und dann nehmen wir auch die Veränderung sofort live. Das ist ein (35:12) Produkt. Und wenn du einen Browser Reload hast, dann hast du automatisch die neueste Version. Warum soll man da jetzt ewig warten mit dem Feature?
Stefan Paal Was mich jetzt noch interessieren würde ist, ihr habt jetzt zwei Versionen, ihr habt einmal das Bestandssystem und das neue. Kriegt jetzt der gleiche Kunde beide Systeme oder wie macht er die Auswahl? Betragt ihr die beide gleichzeitig? Ist das möglich, dass beide Systeme gleichzeitig mit euren Daten arbeiten?
Andreas Kadler Das ist eine extrem gute Frage. Ja, es wird beide gleichzeitig geben. Du hast einmal klassisch die Kunden, die auf dem PROSA Desktop unterwegs sind. Das ist unser Legacy Produkt und unser typischer PROSA Kunde ist schon in den frühen 60er. Die hören nicht auf durch Pensionsantritt, sondern in der Regel kündigen die Erben die Lizenz bei uns. Das ist so ein bisschen der Prozess des PROSA Kunden. Jetzt können wir die natürlich alle nicht mit der Brechstange auf eine Web Software transformieren und versuchen, sie zu verändern. Und wir werden quasi beide Plattformen anbieten und es wird quasi. Den PROSA Desktop gibt es in drei Versionen. Und in der höchsten Version, die Premium Version, wird es dann quasi die Möglichkeit geben, eine vergünstigte Lizenz zu bekommen für das neue Produkt und dann kannst du quasi reinschnuppern, kannst dir das neue Produkt anschauen und vor allem von der neuen Ausgabe profitieren. Denn das Wichtigste für einen Sachverständigen ist das Gutachten, was nachher rauskommt. Die ganzen Eingaben und der Weg dahin, ist zwar schön und es kann auch gerne gut aussehen, das kann sich gut anfühlen. Aber das Wichtigste ist natürlich: Was kommt nachher als Gutachten raus? Und daran ist im Grunde genommen der komplette Prozess ausgerichtet. Dass ich wirklich ein tolles, umfangreiches, gut aussehendes Gutachten produziere. Dafür zahlt am Ende mein Kunde auch sein entsprechendes Honorar. Und diese Ausgabe Engine von PROSA Web ist wirklich einzigartig. Das darf ich jetzt an der Stelle einfach mal so sagen. Und da wollen wir sie einfach mal hinführen und hinbringen und ihnen das ein bisschen schmackhaft machen, wie das quasi ausschaut und wie man das formatieren kann und wie wenig Nacharbeit man dann damit hat. Und da ist da quasi die Strategie, die Desktop Kunden so Stück für Stück an die Web Software heranzuführen und sie dann nicht mit der Brechstange die Umstellung forcieren, sondern es gibt beide Welten parallel. Wir werden das auch parallel weiter pflegen. Und PROSA Desktop bekommt nach wie vor seine vier Updates im Jahr, wo regulatorische Änderungen drin sind, wo alle kleinen Feature Updates drin sind, die entsprechend Bibliotheken upgedatet werden, sodass sie auch weiterhin gut funktioniert. Aber der Weg für die Zukunft und alle „nachwachsenden“ Sachverständigen geht natürlich in Richtung Web Software, weil 80&-90% meines Tagesgeschäfts kann ich damit einfach deutlich effizienter machen.
Stefan Paal Das heißt, ihr müsst für eine gewisse Zeit zwei Systeme warten, was natürlich auch ein höherer Aufwand ist.
Andreas Kadler Wir haben einen großen Luxus. Wir haben im Grunde genommen die Marktdaten. Weil das ist bei uns so ein bisschen das Gold, was wir quasi im Keller haben. Das sind die Marktdaten. Wir wissen im Grunde genommen über 40 Jahre hinweg: Was kostet ein Quadratmeter Land irgendwo in Deutschland und was kostet irgendwie ein Quadratmeter umgebauter Raum? Was ist eine Eigentumswohnung typischerweise wert? Oder ein Einfamilienhaus? Und das haben wir als Daten quasi roh im Keller liegen. Und diese Daten liegen natürlich in einem Marktdaten Service, so heißt er so schön. Und der geht im Grunde genommen in alle Produkte ein. Das heißt, die Bankbewertung, die ein Bankmitarbeiter am Schalter vornimmt für einen Kunden, der gerade eine Baufinanzierung machen möchte, basiert auf den gleichen Daten wie das, was quasi im PROSA Desktop eingeht, ebenso wie das, was im PROSA Web liegt. Das heißt, der Core der Bewertungsdienstleistung liegt bei uns quasi überall in gleicher Form in den Produkten, den muss man nur einmal pflegen. Das ist ein sehr großer Luxus, den wir da haben.
Stefan Paal Jetzt hast du vorhin das spannende Thema KI angesprochen. Ist das für dich ein Thema, wenn man über Modernisierung nachdenkt, dass man sagt, man muss mit diesen Technologien auch irgendwie jetzt was machen, weil alle Welt erwartet das im Kunden Support, den Innen Support, vielleicht auch irgendwie in der Planung von irgendwelchen Wegeflächen. Ist das ein Treiber für dich?
Andreas Kadler Ich finde KI anders als Blockchain, weil Blockchain ist mit das Anwendungsfeld immer noch nicht so richtig offensichtlich, was man damit anfangen kann, außer Bitcoin ist eigentlich die Killer Applikation, halte ich eigentlich für wirklich den Durchbruch. Steve Jobs hatte mal gesagt: Der Computer ist quasi ein Fahrrad für das Gehirn. Und jetzt wäre eigentlich AI das E-Bike fürs Gehirn, wenn man die Analogie mal fortsetzen will. Denn ich glaube nicht, dass es das Arbeiten und die Tätigkeiten aller Leute jetzt quasi abnehmen oder wegnehmen wird. Ich glaube, es wird eher auf den Co-Piloten Modus hinauslaufen. Die Tätigkeiten, die wirklich wiederkehrend stumpf immer wieder in meinem Arbeitsleben auftauchen, dass ich die quasi automatisieren kann oder eben besser vorbereiten kann, als ich das heute kann. Ich habe eben schon so ein bisschen über das Einlesen von Unterlagen gesprochen oder das Analysieren von bestimmten Informationen, die ich typischerweise unstrukturiert bekomme. Und da setzen wir zum Beispiel AI heute schon ein und haben da die ersten Tests, Grundbücher zum Beispiel auszulesen, sodass ich automatisch weiß, ohne dass ich das jetzt wirklich im Detail gelesen muss: Sind da Lasten drauf? Was steht da im Grundbuch drin? Was für Eintragungen habe ich da? Und kann das dann 1:1 in meine Bewertung übernehmen. Und wir haben auch experimentiert mit zum Beispiel dem Erstellen von Kontexten. Da haben wir auch gute Erfahrungen gemacht. Allerdings verschmutzen KIs typischerweise ein bisschen. Du hattest mal von Halluzinieren gesprochen, als wir zuletzt mal darüber sprachen. Das finde ich ein sehr schönen Begriff. Und dann hat man im Grunde genommen ein bisschen das Problem, dass sie sich Texte aus den Fingern saugt, die keinerlei Rückschluss mehr zu dem Original, was ich an Input gegeben hatte, herstellen lassen. Und daran sind wir so ein bisschen, verzweifelt will ich nicht sagen, aber dann haben wir so ein bisschen zum Anlass genommen, das Thema zurückzustellen, wie man quasi Texte generieren kann auf Basis von KI. Das wird in der späteren Version irgendwann kommen. Im Moment sind wir quasi auf dem Pfad unterwegs, dass wir das Produkt dazu nutzen, um eben strukturierte Informationen zu gewinnen. Und diese ganzen mühsamen Einzeltätigkeiten, das Abtippen von irgendwelchen Informationen eben für den Gutachter und den Bankmitarbeiter zu minimieren. Und in der späteren Version wollen wir uns eben auf das Thema Texte noch mal konzentrieren, weil als Gutachter schreibe ich unglaublich viele lange Prosatexte zu entsprechenden Schäden am Objekt. Oder: Wie ist denn die Lage? Und das kann natürlich eine KI zumindest gut vorformulieren.
Stefan Paal Würdest du auch sagen, dass wenn ihr jetzt weiterhin Delphi nutzen würdet, wenn ihr jetzt nicht diesen Schritt gegangen wärt, dass das schwieriger wäre, AI, wie du es nennst, einzubauen? Oder denkst du noch: Naja, da wird es auch Mittel und Wege geben.
Andreas Kadler Wir haben bestimmte Funktionen quasi über Web Interfaces dann an Delphi angebunden. Das ist auch nicht ganz elegant ehrlicherweise und man verliert eigentlich den User immer ein Stück weit, weil es öffnet sich ein Browserfenster, da öffnet sich die nächste Funktionalität und dann springe ich quasi wieder zurück. Das ist technisch nicht so richtig elegant, vom UX Aspekt nicht so richtig elegant, würde aber funktionieren. Ich glaube aber, dass der Weg eigentlich in der Cloud viel eleganter ist. Und ich habe vor allem die Dokumente dann auch alle an einem Ort und kann die Vorteile komplett genießen. Und wenn man ehrlich ist, führt eigentlich an der Cloud und der Weiterentwicklung in diese Richtung nicht wirklich ein Weg vorbei. Und das ortsunabhängige Arbeiten, was jetzt über Corona viele lieben gelernt haben, ist eben ein ganz klarer Gamechanger. Das führt finde ich noch viel stärker zu Web Software und Cloud als Daten Performance Dienstleistung dahinter.
Stefan Paal Aber die Kombinatorik zwischen Regularien und Cloud und DSGVO und irgendwelchen anderen Datenschutzvorgaben, wie geht ihr damit um? Ist das für euch ein Thema?
Andreas Kadler Ja, wir müssen auf zwei Aspekten so ein bisschen immer rumdenken. Wir haben einmal die Sparte die Real Estate, die ich verantworte. Da dürfen wir relativ frei arbeiten, weil wir eben nicht reguliert sind, diesen ganzen IKS Anforderungen und den BaFin Regularien nicht so stark unterliegen. Da können wir eben sehr agil arbeiten. Wir haben Asher zum Beispiel im Einsatz, wir haben AWS im Einsatz und können da verschiedene Technologien verwenden. Auf der anderen Seite haben wir eben unsere Finance Sparte und da haben wir alles auf eigenen Blechen, Hochsicherheits-Trend weil das ist einfach in der Bankenlandschaft noch sehr stark restriktiv eingeschränkt, was du verwenden darfst und was nicht. Ich persönlich glaube, das wird sich irgendwann auflösen müssen, weil wir haben es als Europäer komplett versäumt, Hyperscaler in Europa anzusiedeln und es gibt wenig Alternativen. Ich habe jetzt quasi zwei Pole, zwischen denen ich wählen kann. Ich habe einmal irgendwie den asiatischen Pol oder ich habe den amerikanischen Pol und kann mich dann entscheiden, welchem Hyperscaler ich meine Daten anvertrauen möchte. Es gibt wenig gute Alternativen zu AWS und Azure aus unserer Sicht. Insofern haben wir da Applikationen wie zum Beispiel das AVM auch in Azure gehostet.
Stefan Paal Kommen wir langsam zum Schluss. So ein bisschen Ausblick. Ihr habt jetzt diese Modernisierung angefangen, diesen PROSA Web. Da hätte ich so zwei Fragen. Würdest du es noch einmal tun?
Andreas Kadler Unbedingt. Und ich wäre sogar ein bisschen mutiger und würde den Schritt früher gehen. Das würde ich auf jeden Fall noch mal machen. Weil wir die Kunden dahin mitnehmen und ihnen ehrlicherweise ein Stück weit auch folgen müssen. Und weil wir die Software so viel besser machen konnten als das, was Desktop Software hergibt.
Stefan Paal Okay, und die anderen Systeme, die ihr habt, stehen dann auch quasi schon auf der Roadmap, dass sie auch modernisiert werden? Oder sind die erst zehn Jahre alt?
Andreas Kadler Ja, wir haben Software, die ist jetzt in der Tat erst sieben Jahre alt. Das ist unsere große Bankenlösung. Die ist noch recht frisch aus Software Maßstäben für den Sektor. Da gehen wir eher in die Modularisierung und in die eben angesprochenen Themen wie zum Beispiel ESG Module einzubinden oder weitere APIs anzuschließen. Die wird eben modularer und feingliedriger, sodass sie bestimmten Aspekten dann besser entspricht. Und bei den großen Software sind wir dann eigentlich ganz gut durch. PROSA Web ist jetzt die erste große Aufgabe und da sehen wir jetzt dann im Q1, wie es der Markt annimmt, da bin ich sehr gespannt drauf. War auf jeden Fall eine sehr spannende Reise bis hierhin und ich würde es auf jeden Fall wieder tun.
Stefan Paal Super! Andreas, wir sind jetzt glaube ich, auch mit der Zeit so langsam am Ende. Hast du noch ein Nachricht, eine Botschaft. Was sollten Entscheider tun, wenn sie über Modernisierung nachdenken?
Andreas Kadler Ich würde mir auf jeden Fall die Zeit nehmen, tiefer anzugucken in die Software. Ich würde mich nicht scheuen davor, sie anzuschauen. Und Modernisierung lohnt eigentlich immer aus den eben schon angesprochenen Gründen. Ich muss technisch immer up to date bleiben, damit ich da nicht aus den LTS rauslaufe. Ich muss schauen, dass meine Kunden nicht irgendwann abspringen und auf das nächste bessere Produkt springen. Und ich muss natürlich die Wartbarkeit und die Pflegbarkeit mit dem internen Team immer im Auge behalten. Insofern führt aus meiner Sicht nicht wirklich ein Weg dran vorbei, irgendwann mal an die Software zu gehen.
Stefan Paal Okay, Andreas, bedanke ich mich für deine Zeit, auch für die ganzen vielen Einblicke in eure Modernisierungsstrategie. Ich bedanke mich auch bei den Zuhörern für das Aushalten. Wir haben jetzt eine Dreiviertelstunde gesprochen. Die ist tatsächlich schneller vergangen, als ich gedacht hatte. Vielen Dank, Andreas.
Andreas Kadler Danke, Stefan. Danke für die Einladung.