Seit vielen Jahren wird uns bereits prophezeit, dass der Durchbruch der IT nun auch zu Hause, dem „Smart Home“, bevorsteht. Die Analysten des Beratungshauses Delloitte beispielsweise sagen dem Smart Home Markt in Europa bis 2017 ein Volumen von über 4 Mrd. € und ein jährliches Wachstum von über 20% voraus. Aber was genau ist eigentlich ein Smart Home und was macht es gegenüber anderen Häusern intelligent? Häuser lassen sich dann als „smart“ bezeichnet, wenn ihre elektrischen Verbraucher wie Licht, Rolläden, Küchengeräte, Gartenbewässerung, Heizung, TV und HiFi systematisch vernetzt und automatisiert sind. Durch eine bloße „Elektrifizierung“ der Verbraucher allein wird ein Haus nicht intelligent. Der Weg von der reinen Elektrifizierung hin zu intelligenten Lösungen lässt sich gut am Gewerk „Rolläden“ veranschaulichen. Die meisten Leute wünschen sich heutzutage elektrisch fahrbare Rolläden. Eine manuelle Einzelsteuerung wird nur selten als komfortable Lösung empfunden, die Zusatzaustattung der Schalter mit Zeitschaltuhren liegt oft nah. Trotz der damit möglichen Automatisierung bleiben bei dieser Lösung jedoch viele Potentiale ungenutzt. So fehlt in der Regel die Möglichkeit einer zentralen Bedienung und Programmierung aller Rollläden, sowie die Möglichkeit, die eingestellte Automatik in bestimmten Situationen zu übersteuern - beispielsweise dann, wenn an einem lauen Sommerabend von der Terasse ein „rettender Hechtsprung“ erforderlich ist, um nicht von den automatisch fahrenden Rolläden ausgeschlossen zu werden. Auch eine intelligente Beschattungssteuerung aufgrund von Umgebungseinflüssen wie Helligkeit, Temperatur, Wind oder Regen ist schlicht nicht realisierbar. Gerade in diesem Anwendungsfall zeigt sich die Stärke der Vernetzung verschiedener Gewerke im intelligenten Heim. Integrierte Öffnungkontakte in den Fenstern und Türen können dann nicht nur für das Alarmierungssystem benutzt werden, sondern zugleich auch die Drosselung der Heizung oder Klimaanlage bei geöffnetem Fenster. Oder sie veranlassen eben die Sperrung der Rollladenautomatik für die Terrassentür. Bei all den großartigen Funktionen eines Smart Homes darf natürlich nicht verschwiegen werden, dass sie einer gewissen technischen Infrastruktur bedürfen. Hierbei können die Sensoren und die Aktoren über eigene Busleitungen (z.B. KNX [1]), über das vorhandene Stromnetz (z.B. digitalSTROM [2]) oder per Funk (z.B. EnOcean [3]) kommunizieren. Welche Lösung in einem konkreten Smart Home zum Einsatz kommt, hängt letztendlich stark von den individuellen Anforderungen und der baulichen Ausgangslage ab.
Erfolgsfaktoren für das Smart Home
Bei all den technischen Aspekten der Smart Homes, die diskutiert werden, erscheint das Ergebnis einer Studie des Beratungshauses Deloitte schon fast ein wenig überraschend. Die Analysten arbeiteten heraus, dass weniger technische Probleme für die schleppende Verbreitung der Smart Homes verantwortlich sind, sondern vielmehr die Art und Weise wie das Thema an den Kunden herangetragen wird. Es würden allzu häufig lediglich technische Details hervorgehoben und in erster Linie mit kostenorientierten Use Cases argumentiert. Statt dessen sollten Anbieter eher auf Anwendungsfall-orientierte Vermarktung, der Betonung des Verbaucher-Lifestyles, eine intelligenten Preisgestaltung, die Bündelung von Produkt und Installation, Transparenz über Verkaufkanäle und offene Plattformen setzen [4].
Leuchten die erst genannten Argumente noch direkt ein, sollte insbesondere die Forderung nach offenen Plattformen von unterschiedlichen Seiten betrachtet werden. Der Endkunde beispielsweise wünscht sich die offene Plattform, um nicht an einen Anbieter gebunden zu sein (Vendor Lock-In Problem) und um möglicherweise selbst „Hand anzulegen“. Überdies findet sich für (quell)offene Plattformen eine Community, die neben dem eigentlichen Betreiber/Hersteller für ihre Adaption an neue Technologien und IoT-Gadgets sorgen.
Von Seiten der Hersteller hingegen überwiegt nach wie vor der Wunsch nach geschlossen Plattformen. Hier wird häufig mit der Angst vor der Kannibalisierung der eigenen Produktpalette und den möglicherweise erhöhten Support-Aufwänden argumentiert. Ganz unbegründet sind diese Ängste sicher nicht, wenn man die (aktuell noch) geringen Stückzahlen sieht, über die die ganze Wertschöpfungskette finanziert werden muss. Dennoch dürften am Ende die Vorteile der Integrierbarkeit mit anderen Systemen und die schnellere Anpassungsgeschwindigkeit aufgrund einer Community mögliche Probleme aufwiegen.
Ein weiteres Entscheidungskriterium sind sicher auch die Kosten eines Smart Homes. In der Vergangenheit schreckte der hohe Preis der notwendigen Komponenten oft von der Installation ab. Der sich in Anbetracht der vielversprechenden Marktprognosen verstärkende Wettbewerb hat inzwischen für eine größere Vielfalt und auch zu (leicht) sinkenden Preise geführt. Auch der „iPhone-Effekt“, also der Siegeszug der Smartphones und Tablets hat sich stark auf den Smart Home Bereich ausgewirkt. Wurden vor einigen Jahren noch dedizierte Wandtableaus zur visuell ansprechenden Bedienung (der sogenannten Visualisierung) des Smart Homes verbaut, werden heute dafür vorhandene Smartphones oder Tablets um die passende App erweitert und können fortan problemlos die Steuerung und Visualisierung übernehmen.
Vielerlei Protokolle
Weiterhin hat die Verbreitung dieser neuen Geräte dem Verbraucher eine ganz neue Gattung von Geräten beschert: Die „Smart-Devices“, die üblicherweise als Zubehör für das Smartphone oder Tablet angeboten werden und z.B. im Apple Store ihren eigenen Platz eingeräumt bekamen [5]. Genau solche Geräte sind es, die aus Verbrauchersicht den Begriff des „Internets der Dinge“ („Internet of Things“, kurz „IoT“) prägen. Gerne werden sie daher auch als IoT-Gadgets bezeichnet. Der Gedanke hinter dem Internet der Dinge ist es, dass alle Geräte eindeutig identifizierbar und vernetzt sind und sich somit beliebig viele Möglichkeiten der Nutzung ergeben. Auf den ersten Blick wird dies durch den Anschluss der Geräte an das Internet und der damit verbundenen Zuweisung einer IP-Adresse erreicht. Doch bei genauerem Hinsehen erkennt man ein gängiges Muster bei der Umsetzung: Geräte werden entweder direkt (per WLAN oder Ethernet-Anschluss) mit dem lokalen Router verbunden oder - üblicherweise, wenn es sich um mehrere ggf. sogar batteriebetriebene Geräte handelt - über ein mehr oder weniger proprietäres Protokoll lokal vernetzt und über ein IP-Gateway an den Router angeschlossen. Die Geräte bzw. Gateways bauen nun eine permanente Verbindung zu einem Server des Herstellers im Internet auf. Zu diesem schicken sie aktuelle Daten und Messwerte und warten auf von dort gesendete Befehle. Eine (üblicherweise kostenlos) angebotene Smartphone-App kommuniziert mit dem Server des Herstellers und kann die dort gesammelten Daten anzeigen und die Steuerung von Geräten übernehmen. Aus Herstellersicht handelt es sich bei diesen Produkten um sogenannte Machine-to-Machine (M2M) Lösungen: Es werden Geräte vernetzt, das Zusammenspiel wird getestet, alles ist zentral über einen Server im Internet verwaltet, bei welchem Nutzer einen Account haben und auf ihre Geräte zugreifen können. Das eigentliche Ziel des IoT, nämlich die direkte Kommunikation von Geräten verschiedener Hersteller untereinander, ist damit jedoch nicht erreicht.
Jonglieren mit Apps
Bedenkt man, dass die wenigsten Anbieter echte Smart Home Vollsortimenter sind und damit nicht alle gewünschten Möglichkeiten und Geräte abdecken können, führt das unweigerlich zu der Situation, dass man als Benutzer unzählige Apps installieren, konfigurieren, verstehen und vor allem benutzen muss. Genau genommen handelt es sich bei einem so ausgestatteten und zu bedienenden Haus nicht um ein Smart Home, denn die einzelnen Komponenten sind, abgesehen von der Transportschicht, weder vernetzt, noch können sie zu ganzheitlichen Automatisierungsaufgaben beitragen. Die einzige „automatisierende“ Komponente ist in diesem Fall der Benutzer. Er ruft eine App auf, liest dort die Innen- und Außentemperatur, sowie den Zustand der Klimaanlage ab, trifft daraufhin die Entscheidung „ich will kühlen“ und schaltet schließlich die Klimaanlage in bestimmten Räumen ein. Der Benutzer wird also zum Knoten- und Integrationspunkt all seiner ansonsten voneinander isolierten Einzelfunktionen. Aber nicht nur der Silocharakter dieser Lösungen stellt ein Problem für das Smart Home dar; auch die konzeptbedingte Abhhängigkeit vom Internet sowie der Verfügbarkeit der Cloudserver sind nicht generell akzeptabel. Folgende Aspekte verdeutlichen dies:
- Eine permanente Verfügbarkeit des Internets ist auch heute noch nicht garantiert - es gibt verschiedene Gründe für Ausfälle oder Nichtverfügbarkeit, z.B. einen missglückten Anbieterwechsel oder eine Ferienwohnung ohne DSL. Wer sein Licht oder die Rollläden automatisiert steuern lässt, wird es nicht hinnehmen wollen, dass dies ohne Internetverbindung nicht funktioniert - die Offlinefähigkeit ist also sehr relevant für ein Smart Home.
- Die Abhängigkeit von einer Vielzahl verschiedener Cloudserver mit jeweils eigenen Benutzerkonten mit (hoffentlich) unterschiedlichen Credentials ist für den Anwender unbequem. Hinzu kommt das Risiko, dass einer dieser Dienste z.B. aufgrund von Insolvenz verschwindet und das zugehörige Gerät vom einen auf den anderen Tag zu einem Stück hochwertigen Elektroschrotts wird. Der Kauf von Hardware sollte den Käufer nicht vom Schicksal des Herstellers abhängig machen, denn bei einem stark fragmentierten Markt wird es zwangsläufig mittelfristig zu Marktbereinigungen kommen und das eine oder andere Angebot von der Bildfläche verschwinden.
- Die Daten, die durch die Geräte anfallen (etwa als Messwerte oder Schaltbefehle) werden automatisch ins Internet geladen und dort auf den verschiedenen Cloudservern gespeichert. Was mit diesen Daten geschieht, bestimmt der jeweilige Anbieter. Bestenfalls kann der Kunde die Rohdaten von dort exportieren, aber wahrscheinlicher ist es, dass er nur hübsch aufbereitete Charts in der dazugehörigen App des Herstellers zu sehen bekommt. Der Nutzer verliert also die Hoheit über seine Daten an die Hersteller. Dies ist umso ärgerlicher, da gerade durch die Auswertung der Daten von den verschiedenen Geräten und Systemen eine Menge neuer Funktionen möglich wäre - statt dessen liegen die Daten verstreut bei verschiedenen Diensten und können so weder aggregiert noch genutzt werden.
- Allein die Tatsache, dass alle Daten ins Internet hochgeladen werden, muss jedem um Datenschutz bemühten Nutzer ein Dorn im Auge sein. Selbst wenn die jeweiligen Serverbetreiber vertrauenswürdig sind: Wer garantiert, dass die Daten nicht auf dem Weg bereits von Dritten abgegriffen werden oder es Kriminellen durch eine Lücke im Clouddienst gelingt, die Daten von dort zu stehlen?
- Jede einzelne Verbindung eines Geräts bzw. Gateways ins Internet bildet eine potentielle Sicherheitslücke. Gerade da es sich hier um schwachbrüstige Embedded-Hardware (zumeist ohne eigenes Display) handelt, ist es für die Hersteller aufwändig, Mechanismen für automatische Firmwareupdates zu implementieren. Somit ist das Stopfen bekannter Sicherheitslücken auf solchen Geräten leider eher die Ausnahme als die Regel. Im letzten Jahr gab es verschiedene Berichte zu Lücken in IP-Webcams, Heizungssystemen [6] und Smart Home Gateways [7]. Diese Art von Berichten werden mit zunehmender Verbreitung der Geräte zukünftig stark zunehmen. Sicherheitsexperten wie Bruce Schneier sehen dieses Problem als sehr große Herausforderung für das IoT [8].
Erstrebenswert für ein Smart Home ist also vielmehr ein „Intranet of Things“: Die Kommunikation sollte dann lokal geschehen, die Daten lokal vorgehalten werden und für den Zugriff von unterwegs sollte es einen einzigen, gut gesicherten Kanal geben. Hierfür benötigt man allerdings eine weitere Komponente, das Home-Gateway, welches die lokale Orchestrierung der Anfragen übernimmt, eine zentrale Datenablage ermöglicht und für den Zugriff über das Internet als lokaler Endpunkt dient. Darüber hinaus kann es noch viele weitere Aufgaben übernehmen: So sind nicht immer alle Geräte, die eingebunden werden sollen,IP-basiert. Man denke hier an serielle Anbindungen über RS-485, wie sie von Heizungssystemen oder Zutrittssystemen verwendet wird oder spezialisierte Funksysteme wie Z-Wave oder EnOcean. All solche Systeme lassen sich mit Hilfe passender USB-Dongles ebenfalls an ein Home-Gateway anschließen.
Auch wenn die Werbung einen glauben lassen mag, dass alles „wie von selbst“ funktioniert, ist jedes Smart Home eine sehr individuelle Installation. Der Großteil der Automatisierungslogiken kann daher nicht automatisch vom System deduziert werden, da verschiedene Nutzer unterschiedliche Anforderungen und Wünsche haben und viele Zusammenhänge sich erst durch die spezifische Installation ergeben. So „weiß“ das System schlicht nicht, was an einer schaltbaren Steckdose angeschlossen wurde und ob diese zum Energiesparen beim Verlassen des Hauses abgeschaltet werden darf. Solche Informationen an einer zentralen Stelle abzulegen, ist also unabdingbar.
Sicherheit von A-Z
Ein Home-Gateway ist also ein wichtiger Baustein, um eine lokal-autarke Smart Home Lösung zu realisieren und die Privatssphäre des Nutzers respektieren zu können. Neben den Gefahren, die im Internet lauern, sind für eine sichere Installation allerdings noch viele andere Dinge zu berücksichtigen - Security muss die gesamte Kommunikations-Kette betrachten. Es beginnt mit der Betrachtung des lokalen Netzes (LAN), dass prinzipiell als unsicher angesehen werden muss. Trojaner, Würmer etc. haben ein leichtes Spiel, nachdem sie einen lokalen Rechner in einem ungeschützten Netzwerk befallen haben. Jede lokale IP Kommunikation zwischen den Geräten bzw. Gateways muss also optimalerweise ebenfalls gesichert geschehen, d.h. unter Nutzung von Authentifizierungssverfahren und mit Verschlüsselung der Kommunikation. In der Praxis sieht man dies jedoch leider kaum: Lokale Kommunikation wird nur selten per TLS gesichert, wodurch ein Angreifer, der sich Zugriff auf das Intranet des Nutzers verschafft, prinzipiell die volle Kontrolle über Geräte übernehmen kann. Ebenfalls sehr spannend ist das letzte Glied in der Kette: die wirklichen Endgeräte. Abgesehen von den IoT-Gadgets, die eine WLAN-Anbindung mitbringen, sind solche Geräte meist über spezialisierte Non-IP-Protokolle angebunden. Das klassische kabelgebundene KNX-System arbeitet beispielsweise mit einem einfachen seriellen Protokoll ohne jegliche Sicherheitsfeatures. Jeder physikalische Zugriff auf das Buskabel durch Angreifer muss daher vermieden werden - d.h. insbesondere, dass das Kabel nicht nach außen geführt werden sollte, um z.B. eine Wetterstation oder einen Bewegungsmelder anzuschließen. Statt dessen sollte für den Außenbereich ein entkoppelter (gefilterter) eigener Bus aufgebaut werden. Bei Funksystemen wird es naturgemäß noch schwieriger, da sich Funkwellen nicht im Haus einsperren lassen. Ohne Vorkehrungen auf Protokollebene kann hier ein Angreifer beliebig mitlesen und auch selbst Befehle senden. Die meisten Protokolle sehen daher entsprechende Maßnahmen vor: Es wird mit Challenge-Response-Mechanismen, Rolling Codes und individuellen Schlüsseln gearbeitet. Leider sind diese Sicherheitsfeatures üblicherweise nur optional zu implementierende Bestandteile der Spezifikation. Das führt dazu, dass sie von den wenigsten Geräten auf dem Markt implement werden, so z.B. bei den beliebten Systemen Z-Wave und EnOcean. Interessanterweise scheint dies die Verbraucher (noch) wenig zu interessieren; kaum jemand nutzt in der Praxis wirklich sichere Funkkommunikation. Es bedarf wohl erst spektakulärer Hacks bevor hier ein Umdenken stattfindet. Neben der Sicherheit vor Angriffen muss auch die Ausfallsicherheit der einzelnen Systemkomponenten betrachtet werden. Ein klarer Nachteil eines Home-Gateways ist, dass es einen Single Point of Failure (SPOF) darstellt. Aus diesem Grund ist es im Smart Home sinnvoll verschiedene Subsysteme zu nutzen, die ihre Grundfunktionalitäten autark bereitstellen. Fällt das Home-Gateway als Integrationspunkt aus, so sind in diesem Fall nur übergreifende Funktionalitäten betroffen, einfache Schalter-Licht-Funktionen z.B. aber weiterhin verfügbar. Viele Systeme bieten außerdem die Möglichkeit, einfache Verschaltungen direkt in die Geräte zu programmieren, so dass diese aufeinander reagieren können ohne dass weitere, zentrale Komponenten beteiligt sind.
Open Source als Zukunftssicherung
Ein Home-Gateway als Integrationspunkt ist also im wörtlichsten Sinn eine zentrale Komponente. Um bei diesem unabhängig von einem einzelnen Anbieter und dessen Strategie zu sein und um eine langfristige Verfügbarkeit und Erweiterbarkeit sicherzustellen ist eine Open Source Lösung eine sinnvolle Wahl. In den letzten Jahren hat sich openHAB (open Home Automation Bus) [9] als eine solche quelloffene Integrationsplattform etabliert. openHAB verfolgt das Ziel eine möglichst universelle Integration aller für Smart Homes relevanten Technologien und Geräte zu bieten und dabei plattform- und herstellerunabhängig zu sein. Da openHAB auf Java und OSGi aufbaut und so lediglich eine Java Virtual Machine (JVM) zur Ausführung benötigt, ist es sowohl auf Kleinstrechnern wie dem Raspberry Pi als auch auf manchen NAS-Servern oder normalen PCs oder Macs nutzbar. Die Anbindung der unterschiedlichen Bus-Systeme, IoT-Geräte und Protokolle erfolgt mit Hilfe von Bindings. Diese Bindings dienen als Adapter zwischen dem openHAB Event-Bus und der tatsächlichen Hardware. Sie können die internen Events an die externe Hardware weiterleiten oder andersherum externe Events in ein internes Datenformat wandeln und dann dem Event-Bus zur Verfügung stellen. Mit Hilfe dieses Datenformats gelingt es dann sehr leicht, ansprechende und einheitliche Oberflächen über alle Technologien und Geräte hinweg anzubieten. Aus dem gleichen Grund werden auch technologieübergreifende Automatisierungsregeln möglich. Ein Schaltbefehl welcher beispielsweise auf dem KNX-Bus ausgelöst wurde, kann eine Farb-LED-Lampe einer anderen Technologie schalten. Umgekehrt kann die über das Internet bestimmte Außentemperatur auf den KNB-Bus weitergeleitet werden.
Derzeit unterstützt openHAB bereits mehr als 50 verschiedene Technologien, die neben stark verbreiteten Technologien wie KNX, Z-Wave, EnOcean, Insteon, HomeMatic, digitalSTROM, HTTP, MQTT, Philips Hue, SONOS auch exotischere Kandidaten wie Novelan bzw. Nibe Lüftungsysteme umfassen. Deren Anbindung wurde in erster Linie von der aktiven und schnell wachsenden Community implementiert für deren Arbeit das openHAB Projekt kürzlich von Oracle in San Francisco mit dem Duke’s Choice Award ausgezeichnet wurde.
Standardisierung im Smart-Home-Bereich
Standardisierungsbestrebungen für das Smart Home gibt es schon seit mindestens 15 Jahren. Die im März 1999 gegründete OSGi Alliance (damals stand OSGi noch für „Open Services Gateway Initiative“) hatte sich dies von Anfang an als Ziel gesetzt. Als Plattform für Embedded-Gateways hatte die OSGi-Spezifikation jedoch lange Zeit nur mäßigen Erfolg. Erst nachdem OSGi eine gewisse Popularität im Enterprise-Bereich erlangt hat (kaum ein moderner Java-Applikationsserver kommt heute ohne OSGi aus), scheint die Zeit für die Embedded-Welt reif zu sein. Auch openHAB und Eclipse SmartHome [10] setzen auf dieses Framework. Allerdings bietet ein OSGi Framework erst mal nur eine modulare und flexible Laufzeitumgebung. Spezielle Services für das Smart Home fehlen dabei - diese werden von der OSGi Residential Expert Group erarbeitet. Der Fokus liegt dabei auf einem abstrahierten Weg für Gerätezugriffe („Device Abstraction Layer“). Weitere Standardisierungsinitiativen sind die ebenfalls auf OSGi setzende Home Gateway Initiative [11] und die eher aus dem M2M-Bereich stammenden Vereinigungen OneM2M [12] und ETSI M2M [13], welche mehr auf Daten und Schnittstellen ausgerichtet sind. Bei allen Bemühungen um Standards muss man feststellen, dass der Unterschied zwischen einer Standardisierungsorganisation und einem Industriekonsortium, welches eine gewisse Technologie in den Markt drücken möchte, oft ein sehr kleiner ist. So gibt es weit mehr „Alliances“ als notwendig wären, wenn alle Beteiligten an wirklicher Interoperabilität interessiert wären. Dies sieht man insbesondere daran, dass sich um fast jedes (vormals proprietäre) Funk-Protokoll eine Allianz gegründet hat, die diesem den Anstrich eines allseits akzeptierten Standards geben und die Anzahl der Adopter wachsen lassen soll. Im Ergebnis wird wie so oft der Markt entscheiden - es werden sich De-Fakto-Standards bilden, die langfristig zu einer Konsolidierung des Marktes führen werden.
Interesse der Forschung
Das große Potential, welches im Thema Smart Home steckt, erklärt auch das starke Engagement der Forschungseinrichtungen in diesem Bereich. Hier erstrecken sich die Interessensgebiete von der Entwicklung intelligenter und vor allem effizienter Protokolle auf allen Schichten, über Themen zur Energieeffizient, Künstliche Intelligenz, die Optimierung der Bedienungsmöglichkeiten bis hin zur Entwicklung neuer Geschäftsfelder im Dienstleistungsbereich. Eine besondere Ausprägung des Smart Homes ist, getrieben durch den fortschreitenden demografischen Wandel, der Forschungsbereich Ambient Assisted Living (AAL). Ziel dieses Bereichs ist es, bedürftigen Menschen so lange wie möglich ein selbstbestimmtes Leben in ihren eigenen vier Wänden zu ermöglichen. Intelligente Haustechnik ist bei AAL allgegenwärtig, tritt für den Bewohner aber dezent in den Hintergrund. Die Technik hilft z.B. beim Verlassen des Hauses unnötige Stromverbraucher abzuschalten oder sie entdeckt ungewöhnliche Situationen, z.B. wenn der Bewohner gestürzt ist oder sich nachts nicht im Bett befindet und kann einen automatischen Service-Ruf auslösen.
Die Zukunft von openHAB
Die große Popularität von openHAB bei technisch-versierten Endanwendern als auch in der Lehre und Forschung haben es notwendig gemacht, über die weitere Evolution dieser Software nachzudenken. Um langfristig eine verlässliche Plattform zu sein, auf welche z.B. Forschungsprojekte setzen können, die eine Produktisierung planen, musste ein rechtlich sicherer Rahmen gefunden werden, der unabhängig ist und so auch verschiedene Beteiligte zur Zusammenarbeit einlädt. Bei der Eclipse Foundation hat sich in den letzten Monaten eine große Zahl von neuen M2M/IoT-Projekten zusammen gefunden [14]. Da openHAB einige Eclipse Projekte nutzt, lag es daher nahe, für openHAB ein Eclipse Proposal zu starten. Aus diesem ist mittlerweile das Eclipse SmartHome Projekt [10] hervorgegangen.
Eclipse als Heimat
Eclipse SmartHome ist als flexibles Framework gedacht, welches einfache und einheitliche Schnittstellen und Services definiert, um darauf basierend Home-Gateways realisieren zu können. Der Fokus liegt dabei auf der Abstraktion des Datenhandlings und nicht auf Protokoll- und Gerätedetails. In Eclipse SmartHome finden sich daher nur openHABs’ Kernkomponenten, die sich u.a. der Datenpersistenz, deklarativen UIs u.ä. widmen und nicht seine Bindings. openHAB wird weiterhin als Open Source Lösung auf Basis von Eclipse SmartHome bestehen bleiben.
Hierzu sind unter anderem eine Reihe spezieller Sensoren, wie Belegungssensoren und Fussböden nötig, die in an ein Home Gateway angeschlossen werden. Die Gateways sorgen dann im weiteren Prozessverlauf für die Aktivierung der festgelegten Szenarien. Verständlicherweise wird aufgrund knapper Budgets insbesondere auch in Forschungsprojekte gerne auf freie und erprobte Open Source Lösungen wie openHAB gesetzt. Auf diese Weise erhalten Studenten die Möglichkeit, sich im Rahmen ihrer (Projekt-)Arbeiten auf die wirklich relevaten Themen zu konzentrieren, statt wertvolle Zeit mit der Implementierung nötiger Basisdienste zu vergeuden.
Fazit
Die Tendenz zu immer mehr vernetzten Geräten im Haushalt wird weiterhin sehr stark sein, wie die CES 2014 in Las Vegas eindrücklich zeigte [15]. Ob die Nutzer die damit einhergehende Datensammelwut der Hersteller stillschweigend akzeptieren oder in Zeiten des NSA-Skandals andere Lösungen, die die Privatssphäre respektieren, bevorzugen, wird die Zeit zeigen. Offensichtlich ist aber, dass Smart Homes nicht mehr nur ein Thema für Luxusliebhaber, Enthusiasten oder Heimwerker sind, sondern mit Lösungen für Sicherheit, Komfort oder Energieeinsparung mittlerweile die breite Masse adressiert wird. Das Beispiel AAL zeigt zudem, dass die Technologien nicht nur für Early Adopter taugen, sondern auch die Lebensqualität gerade älterer Menschen erhöhen und zu größerer Selbstständigkeit im Alter führen kann.
Referenzen
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http://www.deloitte.com/view/de_DE/de/branchen/technology-media-telecommunications/7697b5ff6df82410VgnVCM3000003456f70aRCRD ↩
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http://www.heise.de/security/meldung/Vaillant-Heizungen-mit-Sicherheits-Leck-1840919.html ↩
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http://www.heise.de/security/meldung/Licht-an-Whirlpool-aus-Smart-Home-Hacking-1927124.html ↩
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http://www.wired.com/opinion/2014/01/theres-no-good-way-to-patch-the-internet-of-things-and-thats-a-huge-problem/ ↩
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http://www.etsi.org/technologies-clusters/technologies/m2m ↩
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http://www.heise.de/developer/meldung/M2M-Initiative-bei-Eclipse-macht-Fortschritte-1927098.html ↩
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http://www.heise.de/newsticker/meldung/CES-Fazit-Alles-sammelt-Daten-2081879.html ↩