“Bei Euch arbeiten doch nur Programmierer:innen, wieso sollte ich mich bewerben?” – leider haben wir das schon zu oft gehört. Auch oft gehört:
- “Ihr lebt doch am Flughafen”
- “Ich kann kein:e Consultant sein, ich möchte Zeit für meine Familie”
- “Mir fehlen 10 Jahre Erfahrung mit [beliebige Programmiersprache hier einsetzen], Ihr seid ja alle Expert:innen”
- “Ich komme nicht aus der IT, wieso sollte ich mich bei Euch bewerben?”
2021 haben wir uns Diversity-Ziele gesetzt. Die können wir nur erreichen, indem wir uns aus unserer Bubble herausbewegen. Viele Jahre dachten wir: Unsere Hiring-Strategie “wir haben keine” funktioniert, und die Leute, die zu uns passen, finden den Weg zu uns. Das hat aber unsere Bubble nur gefestigt.
Software-Entwicklung und Technologieberatung verlangen nach vielfältigen Skills und Rollen, da ist Programmierung nur eine Facette. Unterschiedliche Fähigkeiten, differenzierte Sichtweisen und Backgrounds sind essenziell, um Software für Menschen zu entwickeln. Wir stellen immer wieder in Gesprächen mit Interessent:innen fest, dass teilweise völlig falsche Wahrnehmungen von der Arbeit bei uns existieren. Wir müssen also darüber reden, wie es wirklich ist. Wer bei uns arbeitet. Wie man bei uns arbeitet. Nach mehreren Blogposts und Podcast-Folgen zur Arbeit als Consultant (auch mit Familie), einer Podcast-Folge mit einigen unserer Quereinsteiger:innen und schließlich einer eigenen Reihe Women in Tech in unserem Hauptkanal wollen wir nun mit den INNOQ Stories einen regelmäßigen, tiefer gehenden Einblick bieten. Denn wer könnte besser vom Weg zu uns, der Arbeit und der Vereinbarkeit mit dem Privatleben berichten als unsere Mitarbeiter:innen?
Bloß nicht “im Blog abladen”
Als wir uns Ende letzten Jahres mit der Idee beschäftigten, war schnell klar: Wir wollten keine Steckbriefe. Keine “Mitarbeiter:innen stellen sich im Blog vor”. Wir wollten Reportagen! Eine Reportage nimmt sich Zeit, schaut genau hin und beleuchtet auch die nicht so offensichtlichen Facetten. Sowohl mit Text als auch mit Bild. Doch was für Bilder? Eins war klar: keine gestellten Fotos von Menschen, die vor ihrem Bildschirm sitzen und Mate trinken. Keine Random Headshots. Fotos, die echten Einblick in einen Tag der Kolleg:innen ermöglichen – und das nicht nur bei der Arbeit. Dass so nun doch ein Foto einer Kolleg:in samt Mate entstand, freut uns natürlich trotzdem ;) Für die Fotografie verantwortlich zeichnet unser freier Fotograf Michael Krug. Beim Interview für die erste Story fiel uns zudem auf: Wir wollen eine gewisse Distanz. Würden wir selbst eine Reportage über unsere Kolleg:innen schreiben, auf Basis eines Interviews, das wir ebenfalls selbst geführt haben, so fehlte einfach die nötige Neutralität und eine gewisse Nüchternheit. Die ist uns bei allem, was wir tun, wichtig. Die Interviews als Tonspur dienen daher als Grundlage für unsere freie Texterin Christine Graf, die diese gesunde Distanz mitbringt. Viel zu tun für eine Handvoll Leute! Was darf gutes Employer Branding also kosten? Menschen authentisch darzustellen kostet Zeit und Geld. Nicht nur unser Marketing-Team investiert Zeit, auch die porträtierten Kolleg:innen nehmen sich für ihre Story mindestens einen Tag. Es kostet also, was es braucht.
“Echt jetzt”?
Doch so schnell lief das Ganze nicht an. Nach der Idee gab es bereits die ersten Bedenken. Im Marketing-Team fragten wir uns: Wer macht da wohl mit? Wie holen wir die Kolleg:innen ins Boot?
Ich dachte: das ist zu privat und kann auch schnell peinlich werden. Wir wollen keine Werbung mit heimeligen Fotostories oder gar persönlichen Schicksalen unserer Mitarbeiter:innen machen.
Stefan Tilkov
Überraschend für uns: Wir fanden sofort eine Kollegin, die Lust hatte, mitzumachen. Andere äußerten zumindest Vorbehalte, waren aber nicht abgeneigt:
Ich will erstmal sehen, wie das aussieht. Macht erstmal ein bis zwei Stories, dann reden wir nochmal.
Durch die Vorbehalte der GL waren unsere Cheesiness-Sensoren nur noch gespitzter, als sie es ohnehin schon waren. Und die erste Freiwillige hatten wir. Was hielt uns also noch ab?
Das erste Mal
Larysa ist mit uns ins kalte Wasser gesprungen. Sie wusste, abgesehen von unserem Pitch, auch nicht zu 100 %, was sie erwartet. Wie so ein Tag abläuft, mit einem Fotografen, der sie und ihre Familie begleitet. Doch das Vertrauen war da. Im Interview mit ihr wurde uns dann schnell klar, wie “empowernd” diese Reportagen werden können. Michael Krug begleitete Larysa fotografisch an einem Arbeitstag: Homeoffice, S-Bahn, kurze Stippvisite im INNOQ Büro Berlin, und schließlich Feierabend und Sport. Anfänglich hatten wir noch vor, mit dem Marketing-Team am Tag des Shootings ebenfalls dabei zu sein. Das verwarfen wir allerdings schnell wieder, weil es den Druck erhöht und einen noch stärkeren Bruch eines Arbeitstages bedeutet hätte. Wer will schon eine ganze Marketingtruppe bei sich zu Hause haben, während man dann noch fotografiert wird? Der Ansatz des “Embedded Reporters” war hier also zielführender.
Der erste Sanity-Check
Kurz darauf stand die erste Story in Text und Bild. Wir waren aufs Feedback gespannt. Hatten wir den Bogen überspannt, war das alles vielleicht ein Schritt zu weit, drangen wir als Firma zu sehr in die Privatsphäre ein? Einige Safety-Checks halfen uns schon während der Produktion, das Wichtigste zu beachten:
- Ist es für alle Beteiligten OK, wenn wir Familienmitglieder, insbesondere Kinder, auf den Fotos zeigen?
- Welche Räumlichkeiten dürfen wir zeigen, welche nicht?
- Erwähnen wir private Dinge wie Gesundheitliches nur dann, wenn es für alle Beteiligten wichtig und richtig ist? Ist es überhaupt relevant für die Story?
Ich habe viele Projekte von INNOQ textlich begleitet. Deshalb wusste ich schon ziemlich gut, wie die ticken. Aber dieser Blick hinter die Kulissen war anders: persönlicher, intimer, emotionaler.
Christine Graf
Gemeinsam mit der Geschäftsleitung waren wir beim ersten Entwurf sicher: Das geht zwar in die richtige Richtung, aber es liest sich noch deutlich zu werblich. Die dritte Person, aus deren Sicht die Reportage entsteht, muss also eine noch distanziertere, nüchternere Rolle einnehmen. Das, was Reporter:innen eben tun.
Iteration 2: Das ist gut. Das ist die richtige Art, so was zu machen. Und vor allem: das passt zu uns. Text und Bild waren da – dann also ab in den Blog damit, oder? Nein.
Hinter den Kulissen: Das Story-Layout
Ein neues Seitenlayout für die Stories war nötig. Und: Farbfotos! Hier geht es immerhin um Menschen, und wir setzen Fotos nicht nur illustrierend ein, sondern als Kernbestandteil der Story. Bild und Text sollten Platz zum Atmen bekommen, sodass auch zwei Fotos nebeneinander eine Situation aus verschiedenen Perspektiven beleuchten können. Anforderungen, die unser modularer Styleguide mit vielen wiederverwendbaren Komponenten bis dato nicht bedienen konnte. Die Versuchung lag trotzdem nahe, möglichst viel zu recyceln und den Aufwand gering zu halten. Manchmal ist „good enough“ dann aber eben doch nur „good enough“. Für unser Web-Team bedeutete das, ein neues Seitenlayout zu entwickeln und ein neues Grid zu implementieren – was wiederum Zeit und Arbeit bedeutete.
Diversity – da war doch was
Haben wir unsere Diversity-Ziele damit erreicht? Mitnichten. Sind wir ihnen ein Stück näher gekommen? Auch das können wir ad hoc nicht messen. Wir sind aber überzeugt davon, dass Transparenz schaffen, Einblicke geben, sich anderen “Bubbles” öffnen, wichtige Schritte in die richtige Richtung sind. Denn letztendlich ist unser Invest ins Employer Branding auch ein Invest in mehr Diversity bei INNOQ.
Zu den INNOQ Stories geht’s hier entlang.
Mitwirkende
- Stefanie Heinrich (Konzept, Interviews, Produktion)
- Sebastian Eberstaller (Design und Layout)
- Ute Mayer-Dohmen (Web-Produktion)
- Sonja Vilches (Web-Produktion)
- Michael Krug (Fotografie)
- Christine Graf (Text)
- Robert Glaser (Konzept)