Es ist fast eine Frage der Philosophie einer Organisation: Liegt der Fokus auf dem optimal effizienten Ausführen der aktuellen Prozesse? Oder liegt der Fokus darauf, Prozesse schnell und flexibel ändern zu können, und sie erst dann unter diesen primären Bedingungen möglichst effizient zu gestalten?
Die Antwort ist nicht schwarz/weiss und hängt natürlich stark davon ab, in welchem Bereich eine Organisation tätig ist. Aber es kann mit einiger Sicherheit behauptet werden, dass es zunehmend wichtiger für Organisationen wird, sich neuen Anforderungen kontinuierlich und einfacher anpassen zu können.
Ein neues Buch beschäftigt sich mit genau dieser Frage und vertritt die These, dass für viele Organisationen der Wert offener Optionen erheblich ist und oftmals unterbewertet wird. Denn je mehr sich Organisationen daran orientieren, Optionen zu schaffen, desto einfacher können sie mit Optionen experimentieren, desto mehr Experimente können sie durchführen, und desto einfacher können sie sich ändernden Anforderungen kontinuierlich und effizient anpassen.
Die Vorteile sind also auf zwei Ebenen: Einerseits erleichtert der Fokus auf Optionen, sich neuen Anforderungen kontinuierlich und einfacher anpassen zu können. Andererseits erlaubt dieser neue Spielraum auch, umfassender und datengetriebener Experimente durchführen zu können, um so festzustellen, in welche Richtung sich die Organisation weiterentwickeln soll.
Unbundling the Enterprise: APIs, Optionality, and the Science of Happy Accidents
In “Unbundling the Enterprise” beschreiben die Autoren Stephen Fishman und Matt McLarty wie Organisationen ihre Strukturen, Prozesse und Geschäftsmodelle aufbrechen und neu gestalten können, um in einer zunehmend digitalen und vernetzten Welt wettbewerbsfähig zu bleiben. Mit einer klaren Analyse und praxisnahen Beispielen zeigen sie, wie Unternehmen die Vorteile von Plattformstrategien, APIs und modularen Architekturen nutzen können, um agiler, innovativer und kundenorientierter zu werden.
Wiederverwendbarkeit als Normalfall
Es geht gemäss Fishman und McLarty darum, “Optionalität” zu fördern, also eine Organisation, die sich bewusst viele Wege offenhält, um sich ändern zu können. Dieser “Option Value” ist nicht gratis, sollte aber der Normalfall werden, anstatt einzelne geschlossene Lösungen zu bauen die sich nur schwer anpassen oder Wiederverwenden lassen.
Decompose by default
Stephen Fishman
Stephen Fishman: "The book doesn’t say build APIs and decompose everything everywhere. It doesn’t say that. It says decompose by default. And what that really means is to shift the default in the funding conversation from, ‘You have to prove the value of that decontextualized approach…’ Versus, like, instead of that, ‘You have to prove the value of not doing it that way.’ Because, by definition, you’re killing the option value by not doing it. "
APIs erlauben einfache Wiederverwendbarkeit
Aber wie wird diese Optionalität umgesetzt? In Praxis digitaler Entwicklung werden dort am besten APIs eingesetzt. Diese können verwendet werden, um einzelne Komponenten einer Lösung besser zu entkoppeln, und um diese Komponenten wiederverwendbar zu machen. Diese Wiederverwendbarkeit kann sowohl intern erfolgen als auch durch Partner oder sogar durch APIs, die offen zugänglich gemacht werden.
APIs are decontextualized business capabilities
Matt McLarty
Matt McLarty: “What is it about APIs? They’re decontextualized business capabilities. And that was a lot of what we were focusing on, is how do you decontextualize things… It’s the fact that they can be decontextualized, and then recontextualized in different ways, that makes them so valuable.”
Interessant ist, dass sich diese Sichtweise auf verschiedene Aspekte in IT Architektur und Organisationsstrategie auswirkt. In der Architektur geht es darum, in lose gekoppelten Systemen zu denken, und diese konsequent auf die Wiederverwendbarkeit einzelner Komponenten auszurichten.
In der Organisationsstrategie geht es dann darum, diesen “Option Value” zu nutzen und dafür zu sorgen, dass die Organisation permanent auf der Suche bleibt, wo neue Werte geschaffen werden können.
Ohne diesen “Zweiklang” ist Optionalität weniger interessant. Wird eine lose gekoppelte Architektur geschaffen, aber diese wird nicht strategisch genutzt um neue Wertschöpfung zu schaffen, dann wird der “Option Value” nicht optimal realisiert. Wird strategisch nach neuen Optionen gesucht aber die IT Architektur ist nicht entsprechend gestaltet, dann wird das Umsetzen und experimentieren deutlich kostenintensiver als bei einer offenen Architektur.
Die Autoren im GOTO Book Club
Die Autoren sind im GOTO Book Club mit einem Gespräch zu ihrem Buch zu Gast. In der GOTO Book Club Episode 104 sprechen sie darüber, warum Optionalität eine interessante Variante für viele ist, und es gibt viele konkrete Beispiele zu Unternehmen und deren Umsetzung von Optionalität.
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